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Zeit und Geschichte

Wie wird künftig an das kurze 20. Jahrhundert mit seinen langen Wirkungen erinnert?

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergSonntag, 15.03.2020

Die letzten Zeitzeugen der NS-Gewaltherrschaft sterben.

Als der Kölner Bildhauer Gunter Demnig im Jahr 1992 sein Projekt Stolpersteine begann, um die Erinnerung an NS-Opfer wach zu halten, fanden das viele löblich, einigen war es egal, manche leisteten Widerstand.

Als am 29. Dezember 2019 Gunter Demnig in Memmingen mittlerweile den 75.000 Stolperstein verlegte, hatte sich diese Weise der Erinnerungen nicht nur allmählich durchgesetzt, da sich ganze Hausgemeinschaften mit den ermordeten Vorbewohnern auseinandersetzen, sondern es hatte durch das Erstarken von Rechtsextremisten in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, eine brennende Aktualität gewonnen.

In Berlin gibt es mittlerweile 8.182 Steine, auf denen die Namen und Lebensdaten von ermordeten Juden, Sinti und Roma, Opfern der „Euthanasie“-Morde, Homosexuellen, politisch und religiös Verfolgten und sogenannten „Asozialen“ eingraviert sind und die in Gehsteigen vor den letzten frei gewählten Wohnungen der Betroffenen angebracht sind.

Nun stellt der Berliner Tagesspiegel auf einer interaktiven Karte alle Orte des Gedenkens an NS-Opfer, darunter auch die an ermordete Widerstandskämpfer und weitere dezentrale Erinnerungsorte für die Hauptstadt zusammen.

Gut wäre es, wenn diese Karte in Zusammenarbeit mit anderen Medien für das ganze Land erweitert würde – ein Google Maps der Erinnerungen.

Das Modell der Stolpersteine machte Schule – in Russland zum Beispiel. Hier erinnert die Stiftung LETZTE ADRESSE an die Opfer der stalinistischen Verfolgungen, die mittlerweile, hier ein piq von Kollegen Dirk Liesemer, auch hierzulande tätig ist.

Beide Opfergruppen findet man in fast allen Teilen Osteuropas. Manchmal wurden aus Opfern Täter oder es entstanden tragische Verbindungen, die die Bruchlinien des 20. Jahrhunderts zeigen, die teilweise unterirdisch weiterwirken bis heute.

Gut wäre es, wenn beide Gruppen, die manchmal durchaus widersprüchlich ineinander übergehen, nicht gegeneinander ausgespielt würden, sondern daraus etwas Gemeinsames, Verbindendes entsteht.

Allein schon die interaktive Karte, die "nur" die NS-Opfer in Berlin sichtbar macht, wirkt schon jetzt, also vor der Fertigstellung, eindrucksvoll. 

Wie wird künftig an das kurze 20. Jahrhundert mit seinen langen Wirkungen erinnert?

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