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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Joseph Vogl ist einer der ungewöhnlichen Intellektuellen unserer Zeit.
Er ist Professor für Neuere deutsche Literatur, Literatur- und Kulturwissenschaft / Medien an der Humboldt-Universität zu Berlin und Permanent Visiting Professor an der Princeton University.
Einem breiteren Publikum ist er aber nicht durch Bücher über große Dichter bekannt, sondern er stellt zum Beispiel die Fiktionen des Finanzkapitals dar und damit das neueste Stadium des Kapitalismus.
Gerade erschien sein neues Buch Kapital und Ressentiments und dazu gab er mehrere Interviews. Eins zum Hören für den Deutschlandfunk, eins zum Lesen in der FAZ wählte ich auch.
Vogl sagt über die sogenannten sozialen Medien, dass sie das Geschäftsmodell „Bewirtschaftung von Ressentiments“ betreiben:
Es kann ein sozial produktives, ein politisch demokratisches soziales Netzwerk nicht unter der Bedingung seiner radikalen Vermarktung geben.
Joseph Vogl hofft, widerlegt zu werden, aber er befürchtet in seinem "pessimistischen Realismus" in naher Zukunft eine Verhärtung von Nationalismen und das Erstarken von Autokratien.
Wo aber bleibt die Kunst, Herr Literaturprofessor, scheinen die beiden Feuilletonredakteure Julia Encke und Harald Staun sich zu fragen, deshalb gibt es gegen Ende diese Passage:
Im Bereich der Meinungsmärkte hat man es eben nicht mehr mit dem Rationalen zu tun oder mit Wissen, mit Wahrheit, wie auch immer man das nennt, sondern mit einem Bereich der Fiktion. Was ist dann die Aufgabe von Literatur und Kunst in Opposition zu den Märkten? Was kann Literatur noch bewirken, wenn der Markt längst für die Fiktion zuständig ist?
VOGL: Schwierige Frage. Die Literatur ist ja nicht einfach für die Produktion und die Distribution von Fiktionen zuständig. Sie setzt sich vielmehr der Logik des Fiktiven, mit der Dichte von Einbildungen und Fantasien, mit der Haltbarkeit von vermeintlichen Gewissheiten, aber auch mit der Glaubwürdigkeit von Wirklichkeiten auseinander. Dabei geht es nicht zuletzt um die Beobachtung und Reflexion von jenen Fiktionen, die sich im Gewebe von Gesellschaften anlagern und so etwas wie kulturelle Nahrungsmittel sind, mit belebenden oder toxischen Wirkungen.
Quelle: Joseph Vogl befragt von Simone Miller bzw. von Julia Encke/Harald Staun Bild: imago images / Ch... www.deutschlandfunkkultur.de
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