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Zeit und Geschichte

Multiperspektivität ist auch im Museum kein Gnadenakt

Moritz Hoffmann
Freier Historiker. Zeitgeschichte, Digitale Public History. Verantwortlich für @digitalpast und @9Nov38.
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Moritz HoffmannSamstag, 13.08.2016

Als Historiker wird einem von Beginn des Studiums an eingebläut, keine persönlichen Erfahrungen einzustreuen – weil das unprofessionell wirkt und weil Anekdoten kein Mittel der Empirie sind. Hier sind wir aber zum Glück bei Piqd und nicht im Proseminar. Also kann ich erzählen, wie meine konservative, ihr gesamtes erwachsenes Leben als Hausfrau tätige Großmutter einmal im Planungsausschuss eines Pflegeheims saß. Dort war sie in den 1960er Jahren die erste Frau in einer solchen Tätigkeit und genau am richtigen Platz: Die ehrwürdigen Herren der Runde, allesamt hochdekoriert und angesehen, hatten nämlich wenig Ahnung vom Alltag. So waren sie einstimmig dafür, in den Fluren des Heims dicken weißen Teppichboden zu verlegen, bis meine Großmutter ihnen erklärte, dass der a) kaum zu reinigen sei und b) den greisen BewohnerInnen des Heims die Mobilität sehr erschweren würde.

Diese Anekdote, um sie wieder in den Gesamtrahmen zu bringen, zeigt, dass Diversität in der Evaluation und Planung eben kein Gnadenakt der weißen Männer ist, sondern wichtige Perspektivwechsel ermöglicht. Egal wie klug wir sind, wir sind alle immer klug aus unserer Weltwahrnehmung heraus. Die Lebenserfahrung anderer können wir nicht durch unsere Bildung, unsere gelesenen Bücher und erlangten Zeugnisse wettmachen.

Das hat, um auf den heutigen Piq zu kommen, auch das Historische Museum Frankfurt erkannt und lädt nun Geflüchtete ein, seine Sammlung aus ihrem Blickwinkel kritisch zu begutachten. Und die finden Dinge, die den hochqualifizierten MuseumskuratorInnen nicht aufgefallen sind. Ein lobenswertes Projekt, das hoffentlich Schule macht.

Multiperspektivität ist auch im Museum kein Gnadenakt

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