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Zeit und Geschichte

Leichen im Eis – der kalte Tod am Djatlow-Pass

Hauke Friederichs
Journalist und Autor
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Hauke FriederichsSonntag, 07.02.2021

Minus 30 Grad Celsius, ein entlegener Gipfel als Ziel, zwei Wochen im Eis: Von Anfang an war klar, dass die Expedition zum Berg Gora Otorten im Norden des Uralgebirges eine gefährliche Mission für die zehn Wissenschaftler und Studenten sein würde. Sie brachen vor 62 Jahren, am 27. Januar 1959, zu diesem Abenteuer auf, das in einer Katastrophe enden sollte.

Alle Teilnehmer waren erfahrene Skifahrer. Einer der Teilnehmer brach nach einem Tag die Expedition ab. Er war der einzige Überlebende der Mission. Die anderen Mitglieder kehrten nicht mehr zurück. Ein Rettungstrupp stieß auf ihre Leichen.

"Seither rätseln Behörden und Wissenschaftler, was diesen neun Menschen zugestoßen ist", schreibt Nadja Podbregar für damals.de. "Jetzt könnten Forscher den mysteriösen Fall des Unglücks vom Djatlow-Pass gelöst haben. Demnach war ein fatales Zusammentreffen von natürlichen und menschengemachten Ursachen schuld."

Am Hang des Cholat Sjachl, dem "Berg des Todes", etwa 20 Kilometer vom Ziel der Expedition entfernt, stießen Retter auf das schwer beschädigte Zelt der Expedition und Ausrüstungsgegenstände der Gruppe. Dann bargen sie die Leichen der neun Forscher. Zwei trugen nur Unterwäsche, trotz der Minusgrade. Andere Teilnehmer wiesen schwere Frakturen am Schädel und im Brustbereich auf.

Sowjetische Behörden untersuchten das Unglück. Nach drei Monaten endeten die Ermittlungen. Im Abschlussbericht hieß es, dass eine "massive Naturgewalt" zum Tod der Expeditionsteilnehmer geführt habe.

"Doch um was es sich dabei handelte und was am Djatlow-Pass im Einzelnen geschehen war, konnten sie damals nicht rekonstruieren", schreibt Podbregar. "Bis heute gibt es unzählige Mythen und Hypothesen zur Todesursache der neun Menschen – die Spanne der Legenden reicht von mörderischen Yetis bis hin zu militärischen Geheimexperimenten."

Die Schweizer Geoingenieure Johan Gaume von der Polytechnischen Hochschule Lausanne (EPFL) und Alexander Puzrin von der ETH Zürich haben nun den Fall rekonstruiert. Sie recherchierten dafür in russischen Archiven, befragten Fachleute und erarbeiteten ein analytisch-numerisches Modell.

Damit zeigen Gaume und Puzrin, dass die Ursache der Katastrophe wohl eine Schneebrettlawine war. Dabei bleibt die obere Schneedecke fast heil und rast als Ganzes zu Tal. Dieser Lawinentyp kann sich auch bei geringer Hangneigung lösen.

„Anhand von Computersimulationen zeigen wir, dass eine Schneebrettlawine ähnliche Verletzungen wie die hervorrufen kann, die an einigen der Toten gefunden wurden“, zitiert damals.de den Wissenschaftler Gaume.

Ausgelöst wurde die Schneebrettlawine wahrscheinlich durch eine Grube, die die Expeditionsmitglieder in die Schneedecke des Hangs gruben, um ihr Zelt besser gegen den Wind zu schützen.

"Hätten sie den Hang nicht angeschnitten, wäre nichts passiert", sagt Puzrin. "Das war der Initialauslöser, hätte allein aber nicht ausgereicht." Dazu kam außerdem ein Fallwind, der den Hang hinabstürzte "Wahrscheinlich verfrachteten diese katabatischen Winde den Schnee, der sich langsam aufhäufte", erklärt der Forscher.

Die Katastrophe löste demnach ein Zusammentreffen von menschengemachten und natürlichen Ursachen aus. Gaume und Puzrin räumen aber ein, dass ihre Hypothese nicht bewiesen ist. Was genau in der tödlichen Nacht im Ural geschah, bleibt auch nach mehr als 60 Jahren ein Rätsel.

Leichen im Eis – der kalte Tod am Djatlow-Pass

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