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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
Wir haben ja in diesem Kanal einen Hang zur Zeitgeschichte und tatsächlich findet man nicht so leicht Beiträge zum Mittelalter oder zum Altertum. Schon aus diesem Grund bin ich glücklich, dieses Gespräch mit dem Althistoriker Mischa Meier entdeckt zu haben. Und dabei geht es sogar um ein Thema, das seit einiger Zeit immer wieder herangezogen wird, um – meist polemisch – vor den Folgen der aktuellen Flüchtlingskrise zu warnen.
Anlass für dieses Gespräch sind jedoch weniger die derzeitigen Fluchtbewegungen im Nahen Osten, sondern sein viel gelobtes Buch über die Völkerwanderung – es geht also um jene Zeit zwischen dem 3. und 8. Jahrhundert, als ganze Völker gen Westen zogen und dadurch das Weströmische Reich zum Einsturz gebracht haben.
Äh, stopp! Auch wenn wir es alle so in der Schule gelernt haben, ist die letzte Formulierung vollständig überholt. Denn wie komplex der Niedergang des Römischen Reiches vor sich ging, wird in der Forschung immer deutlicher. Jedenfalls – und Mischa Meier stellt dies im Interview mehrmals heraus – gibt es dafür nicht den einen einzigen Grund. Schon gar nicht lässt sich das Ende des Reichs auf einen sehr allmählichen Prozess zurückführen, für den erst viel später der Begriff der "Völkerwanderung" gefunden wurde.
Quelle: Interview mit Mischa Meier bedrohteordnungen.podigee.io
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Also ich verstehe das Buch nicht so, das Völkerwanderung etwas per se Positives sind und "es" davon eine neue braucht. Das das der einzige Grund für den Untergang war habe ich seriös so auch nicht gehört. Es sind komplexe Prozesse, die Ordnungen hervorbringen und wieder destabilisieren, nicht einzelne Entwicklungsstränge. Es ist nicht hier Ursache und da Wirkung - sondern immer Wechselwirkungen. Über diese Komplexität müßte man reden und dabei auch diese oft kriegerischen und blutigen Wanderungsprozesse "einordnen". Diese Transformationsprozesse waren nicht friedlich, sowenig wie unsere Zeit global gesehen eine mit Frieden gesegnete ist. Zumindest außerhalb von Europa nicht. Und der Glaube «Gott, hilf den Römern!» (Deus adiuta Romanis) hat damals nicht funktioniert und wird es heute auch nicht. Diese Komplexität findet man bei Maier sehr wohl. Und wie er auch im Vorwort schreibt:
"Ich habe mich bewusst darum bemüht, dieses Buch frei zu halten von übereilten Analogien und Vergleichen zwischen Phänomenen, die sich unter fundamental unterschiedlichen Rahmenbedingungen vollzogen haben und sich auch in ihren Konsequenzen nur unter erheblichem methodisch-theoretischen Aufwand aufeinander beziehen lassen – jedenfalls dann, wenn daraus ein analytischer Gewinn gezogen werden soll. Das vorliegende Buch behandelt eine Phase der spätantiken und frühmittelalterlichen Geschichte, die von Zeitgenossen kaum als kohärenter Geschehniszusammenhang wahrgenommen wurde, sondern ihre spezifische Signatur erst in neuzeitlichen Diskursen gewonnen hat und insbesondere seit dem 19. Jahrhundert mit scharfen Konturen hervortritt. Diese moderne Schablone habe ich dadurch aufzuweichen versucht, dass ich Betrachtungszeitraum und geographischen Fokus erweitert und das Geschehen, das gemeinhin als ‹Völkerwanderung› bezeichnet wird, in den Transformationsprozess zwischen Antike und Mittelalter eingeordnet habe."
Also ordnen wir unsere Zeit in unsere Transformationsgeschehen ein. Nur worin bestehen die?
Super Tipp, danke dafür. Die Podcast-Seite ist aber extrem gut versteckt, habe sie hier endlich gefunden: https://bedrohteordnun...
Dort lassen sich auch die anderen Folgen einfach anhören, ohne, dass man extra zu Spotify muss.