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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
Vor einiger Zeit ging es hier um die Frage, wie groß einst der Rückhalt für Hitler war, wie vehement der Widerstand und wie viele Deutsche die Diktatur einfach nur hinnahmen. Daran musste ich denken, als ich nun auf einen ausgesprochen hörenswerten Vortrag des Historikers Götz Aly stieß, den er vor fünf Jahren vor der Stiftung Demokratie Saarland gehalten hat: "Europa gegen die Juden: 1880 bis 1945". Das wunderbare an Aly ist, dass er die Dinge mal von einer anderen Seite betrachten kann.
Ich möchte den Vortrag schon deshalb empfehlen, weil Aly weniger die Repressionen des NS-Systems in den Vordergrund stellt als all die verführerischen Angebote, die vielen unbekannt sein dürften. Tatsächlich geht es in der Erinnerungskultur ja meist eher und aus guten Gründen um die Unterdrückungen und Verfolgungen. Allerdings bleibt damit rätselhaft, warum so viele Millionen einem Fanatiker folgten, was Aly ganz gut erklären kann.
Und vor einem ähnlichen Rätsel stehen wir ja heute: Warum nur folgen so viele Russen so unkritsch Putin? Klar, wer aufmuckt, wird umgebracht oder eingesperrt. Beim Hören von Alys Beitrag dachte ich aber auch an die vielen Tausende in der Ukraine geraubten Kinder: Sie wurden verschleppt und zur Adoption freigegeben, ehe sie nun bei Familien gelandet sein dürften, die sich schon lange Kinder wünschen. So zynisch es ist, aber diese Eltern werden Putin dankbar und damit auch loyal gegenüber sein.
Wie geschrieben: Der oben verlinkte Beitrag ist sehenswert, gepiqd habe ich hier trotzdem einen anderen Beitrag mit Aly: Vor anderthalb Jahren interviewte Tilo Jung den 75-jährigen Historiker und Journalisten. Es geht um seine Herkunft, seine Forschungen zur NS-Diktatur, um rote Linien in Debatten (provozieren kann man ihn mit Sprüchen wie "decolonize Auschwitz"), ferner geht es um seine harsche Kritik am eigenen Milieu, der 68er-Bewegung. Bei all dem kann man ihm wunderbar zuhören.
Quelle: Tilo Jung Bild: Tilo Jung jung-naiv.podigee.io
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danke für's piqn, dirk. götz aly ist immer wieder - und dies seit gefühlt ewigen zeiten - so angenehm widerborstig.
Danke, in der Tat, Götz Aly ist immer für eine interessante Perspektive gut …..