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Volk und Wirtschaft

Wird die Wirtschaft grün?

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteSonntag, 23.05.2021

Wird die Wirtschaft wirklich grün? Eine Reihe von Unternehmen wirbt jedenfalls damit, sich dem Klimaschutz und einer nachhaltigen Produktion verpflichtet zu sehen. Aber ist das glaubwürdig oder nur eine Marketingstrategie, ein Green-Washing, wie Kritiker vermuten? Denn wenn Unternehmen nachhaltig arbeiten wollen, dann müssen sie auch ihre Unternehmensziele entsprechend erweitern, also nicht mehr primär oder allein auf Gewinnmaximierung setzen.

Über diese Fragen spricht Petra Pinzler in einem ZEIT-Interview mit der Ökonomin Katrin Muff. Muff ist keineswegs blauäugig. Selbstverständlich weiß sie um das Problem des Green-Washing. Dennoch ist sie optimistisch, dass sich die Wirtschaft tatsächlich in Richtung Nachhaltigkeit ändert. Die jüngeren Mitarbeitenden und die jüngere Kundschaft schaffen aus Sicht von Muff zunehmend ein gesellschaftliches Umfeld, dass Unternehmen zu einem Umsteuern drängt und motiviert:

Wir sind im Moment tatsächlich in der glücklichen Lage, dass Unternehmen von allen Seiten Druck bekommen. Und für ein solches Umdenken bringen jüngere, weiblichere und insgesamt diverse Chefetagen und Aufsichtsräte den nötigen frischen Wind und Weitblick.

Muff hält diese Veränderungsprozesse nicht für ein Ergebnis der so genannten unsichtbaren Hand des Marktes, sondern für das Ergebnis sehr viel komplexerer gesellschaftlicher Änderungsprozesse:

Die Wirtschaft ist ein Teil der Gesellschaft und die wiederum ein Teil des Planeten. Wenn wir den ruinieren, dann funktioniert weder die Gesellschaft noch die Wirtschaft. Also müssen Unternehmen ihre Wirkung auf die Umwelt und die Gesellschaft mit im Blick haben.

Für Muff gibt es zwei Schlüsselmomente in diesem Veränderungsprozess. Der eine sind die Vorstände von Unternehmen. Je diverser sie besetzt sind, umso offener sind sie – nach Einschätzung Muffs – für ein nachhaltiges Wirtschaften. Der zweite Schlüsselmoment liegt im Bereich der Politik:

Ja, das wäre sicherlich hilfreich. Regierungen müssen sich schon fragen, was gut für ihre Gesellschaft und die Umwelt ist. Und dann müssen sie das auch in verbindlichen Regeln festschreiben. Der New Green Deal der EU setzt ein hervorragendes Zeichen: Er will einen schonenderen Umgang mit der Umwelt für die Wirtschaft verbindlich machen. Diese signalisieren der zögerlichen Wirtschaft: Euer Sandkasten wird gerade verschoben. Und unterschätzen Sie dann die Unternehmer nicht. Die sind sehr innovativ, wenn es darum geht, ihr Spielzeug dann auch zu verschieben.

Schaut man sich den aufkommenden Wahlkampf in der Bundesrepublik an und die Mehrzahl der politischen Wortführerinnen, dann bleibt nach der Lektüre dieses Interviews der Endruck zurück, dass – bei aller gebotenen Vorsicht im Blick auf verkündete Nachhaltigkeitsstrategien von Unternehmen – die Politik den Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft auf sehr langsamen Füßen hinterherhinkt – und es nicht einmal merkt.

Wird die Wirtschaft grün?

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