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Volk und Wirtschaft

Institutionen so gestalten, dass Moral möglich wird

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlDienstag, 13.10.2020

Für den Philosophen und Wirtschaftsethiker Karl Homann ist es Ziel der Ethik, dem Menschen ein möglichst gutes Leben zu ermöglichen, wozu auch eine möglichst große Wohlfahrt gehört. So steht es jedenfalls im Wikipedia-Beitrag zu seinen Ansichten. Der Artikel in der NZZ polemisiert mit Homann gegen die zunehmende Gleichsetzung von Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung mit immer mehr Umverteilung. Er beginnt mit einer Metapher - der Legende vom heiligen Martin:

Der Soldat Martin, der im vierten Jahrhundert gelebt hat, soll, hoch zu Ross, einem nackten Bettler am Stadttor von Amiens die Hälfte seines Mantels überlassen haben, den er mit dem Schwert teilte. Der Wirtschaftsethiker Karl Homann wirft mit einem Augenzwinkern ein, dass dann vermutlich beide gefroren hätten, weil der Mangel nur gleich verteilt worden sei. Die kapitalistische Lösung wäre eine andere gewesen, ... : Martin hätte eine Mantelfabrik gebaut, in der der Bettler eine Anstellung gefunden hätte. Mit Caritas alleine, so Homanns Analogie, lassen sich gesellschaftliche Probleme nicht lösen – hier helfen nur Märkte und Wettbewerb.

Aber natürlich in einem regelbasierten institutionellen Rahmen:

Der methodische Ökonomismus beruht auf dem Quasi-Axiom, dass Menschen moralische Normen und Idealen dann und nur dann systematisch und auf Dauer Folge leisten, wenn sie davon – zwar nicht in jedem Einzelfall, aber über die Sequenz von Einzelfällen nach Regeln – individuelle Vorteile erwarten (können). (Siehe Wikipedia-Link)

Also nicht Postulieren und Moralisieren, sondern moralisches Verhalten anreizen. Homann widerspricht damit u.a. Milton Friedman, der in den 1960ern postulierte, die soziale Verantwortung der Firmen bestehe einzig darin Gewinne zu steigern - sich dabei allerdings an die geltenden Gesetze zu halten. Ersteres wird seitdem allzu oft wiederholt. Für Homann geht es darum, die Gesellschaft mit preiswerten, guten und innovativen Produkten oder Dienstleistungen zu beliefern. Dabei allerdings auch notwendige Gewinne realisieren zu können. Unternehmerische Freiheit hat daher für ihn nur eine instrumentelle Legitimation, sozusagen als Auftragnehmer der Konsumenten. Allerdings bewegen sich Unternehmer immer in komplexen Dilemmastrukturen. Und hier setzt dann die Wirtschaftsethik an. Schließlich lässt sich menschliches Verhalten nicht allein durch Regeln und Gesetze determinieren. 

Homann und sein Kollege Josef Wieland entwickelten zunächst für die Bayerische Baubranche ein Ethik-Management. Dabei 

verloren die Firmen zwar gewisse Aufträge – weil Schmieren tabu war –, ergatterten aber andere, weil sie sich als integre Geschäftspartner präsentieren konnten. Firmen wie der Flughafenbetreiber Fraport oder die Deutsche Bahn verlangen mittlerweile, dass Bewerber ein Ethik-Management haben, um überhaupt zu Ausschreibungen zugelassen zu werden. Die Unternehmensethik operiert somit immer unter einer wichtigen Prämisse: Moralisches Verhalten muss sich für die Firma auszahlen.

Wobei für Homann dieses "Auszahlen", dieser Vorteil, nicht nur den monetären Nutzen der klassischen ökonomischen Theorien umfasst
sondern auch das Erreichen anderer, wertorientierter Ziele im Bereich der Ästhetik oder auch der Ethik beinhalten kann. Es ist das Vorteilsstreben, das die Funktionsfähigkeit des Marktes gewährleistet. Normen werden vom Einzelnen nur dann befolgt, wenn er daraus einen Vorteil zieht. Vorteile in diesem Sinn kann auch die Vermeidung von Sanktionen sein.

Was dann allerdings zu der Frage berechtigt, ob es eine extra Unternehmensethik braucht und ob nicht eigentlich die Strafbewährung, das Sanktionieren von unerwünschten Verhaltensweisen, doch ausreicht.

Institutionen so gestalten, dass Moral möglich wird

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Kommentare 4
  1. Uwe Protsch
    Uwe Protsch · vor 4 Jahren

    Die Behauptung: "wenn Unternehmer wie Mark Zuckerberg oder Bill Gates eine Million mehr verdienen, nehmen sie anderen nichts weg." würde nur dann stimmen, wenn die Geldmenge unendlich wäre. Darüber, ob es gerechtfertigt ist, dass Bill Gates sagenhaft reich ist, kann man unendlich lange diskutieren. Tatsächlich konnte er zum Milliardär werden, weil er ein Quasi-Monopol für Betriebssysteme geschaffen hatte und von einem fragwürdigen Steuerrecht profitierte. Ersteres hat mit freier Marktwirtschaft wenig zu tun; Letzteres könnte man ändern, ohne dass die Unternehmer "moralischer" werden müssten.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      Beim Einkommen ist das natürlich so nicht richtig. Deswegen sollte man diese auch besteuern.

      Beim Vermögen, welches nicht direkt (Bar)Geld darstellt, ist es etwas anderes. Er gilt als so reich, weil sein Unternehmen und damit seine Aktienanteile so hoch bewertet werden. Es ist also ein Erwartungswert, falls er seine Aktien verkauft. Dieser Erwartungswert kann sich aber schnell ändern. Schon wenn wir uns entschließen würden Microsoft zu meiden. Nicht er hat das Fast-Monopol "geschaffen", die Anwender haben kräftig mitgespielt. Was durchaus einer Marktwirtschaft entspricht. Der Wert würde sich auch senken, wenn man Vermögen bis in die Größenordnung der Einkünfte daraus besteuert. Betriebsvermögen, besteuert in höhe der Einkommen daraus, wollte dann keiner mehr haben. Es wäre sowieso quasi Staatseigentum.

    2. Uwe Protsch
      Uwe Protsch · vor 4 Jahren

      @Thomas Wahl Ich bezweifle, dass die starke Marktposition von Microsoft dadurch entstand, dass "die Anwender" "kräftig mitgespielt" haben. War es nicht eher so, dass der damalige Quasi-Monopolist IBM sich für MS-DOS entschieden hatte?

      Aber unabhängig davon spielt es sowieso überhaupt keine Rolle, wie ein Monopol zustande kommt. Ein Monopol ist per se nicht mit einer freien Marktwirtschaft vereinbar, weil es dann keinen Wettbewerb mehr gibt. Eben deshalb haben wir ja ein Kartellamt und entsprechende Gesetze.

      Was das Steuerrecht angeht, hast Du mich falsch verstanden. Ich meinte das unternehmerfreundliche Einkommens-Steuerrecht der USA bzw. einiger Bundesstaaten und die daraus resultierenden Gestaltungsmöglichkeiten. Von der Besteuerung des Betriebsvermögens habe ich nichts geschrieben, aber es ist ohnehin fraglich, ob geistiges Eigentum bzw. Patente oder Lizenzeinnahmen im eigentlichen Sinne als Betriebsvermögen gelten. Und warum sollte niemand mehr Betriebsvermögen haben wollen, solange er die Steuern darauf ohne Not bezahlen kann?

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      @Uwe Protsch Ja, im Falle Microsoft hat die staatliche Kontrolle wohl versagt. Das sollte man aber nicht Gates in die Schuhe schieben. IBM hat sicher geholfen. Es gab allerdings immer Alternativen zu MS. Die Kunden mußten also mitspielen.

      Was das Betriebsvermögen angeht - Unternehmen zahlen ja Steuern auf Einkommen etc.. Warum sollen sie dann noch Steuern auf das schwer zu schätzende/bestimmende Betriebsvermögen zahlen. Mehr als den gut zu bestimmenden Gewinn kann man ihnen eh nicht nehmen.

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