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Volk und Wirtschaft

Hört der große Stiftungs-Schwindel endlich auf?

Michael Hirsch
Philosoph und Politikwissenschaftler, freier Autor und Dozent
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Michael HirschDienstag, 02.02.2021

Der Kommentar beleuchtet vor dem Hintergrund schleppender Versuche einer Reform des Stiftungsrechts in Deutschland eine generelle Frage: die hochinteressante Frage der riesigen Grauzone von Stiftungen mit ihren enormen Vermögensbeständen.

Seit über zwei Jahrzehnten steigt die Zahl der Stiftungen und die Höhe ihrer Vermögen rasant an. Seitdem hat der Finanz-Kapitalismus einen, wie es in dem Artikel heißt, "Gemeinwohl-Kapitalismus" provoziert:

Geld suchte Anlegemöglichkeiten. War das die Refeudalisierung des Gemeinwesens? Die stärkere Förderung der Stiftungen gehörte zum Programm der Agenda 2010; zugleich wurde der Spitzensteuersatz gesenkt; der Staat verzichtete also darauf, sich Geld für den Sozialstaat zu holen, weil man sich den angeblich nicht mehr leisten konnte. Senkung der Steuern als Quasi-Schenkung für Reiche – auf dass die dann Schenkungen an Stiftungen machen?

Der Kommentar stellt genau die richtige Frage: die nach der schleichenden Re-Feudalisierung des Gemeinwesens und des Gemeinwohls als Folge von explodierenden Vermögensunterschieden in der Gesellschaft. Die eine Frage in diesem Zusammenhang ist die nach der Rechtsform. Hier schlägt der Autor vor, sie den Vereinen gleichzustellen. Die andere Frage ist die nach dem Status und nach der Herkunft der Vermögen sowie die nach ihrer Versteuerung:

In den Jahren von 2015 bis 2024 werden in Deutschland insgesamt 3067 Milliarden Euro vererbt, Geld, das vor allem aus großen Vermögen kommt. Welche gesetzlichen Angebote gibt es, einen Teil davon gemeinnützig zu nutzen?

Vielleicht wäre hier eine große Erbschaftssteuerreform, die der historisch beispiellosen Umverteilung des Vermögens von unten nach oben ein Ende setzt, eine noch wichtigere Antwort.

Und schließlich ist noch die generelle Frage zu stellen: Woher nehmen eigentlich die vielen Stiftungsfreunde die Gewissheit, dass es für die Gesellschaft und das Gemeinwohl besser ist, wenn Stiftungen für das Gemeinwohl sorgen, als wenn dies die öffentliche Hand tut? Die letzten Jahrzehnte zeigen eher das Gegenteil: Nirgendwo wurde der Nachweis erbracht, dass privates Stiftungskapital wirksamer Gemeinwohlaufgaben erfüllt als die öffentliche Hand. Vielmehr ist hier einfach ein Schattenstaat entstanden, undurchsichtig und mit einem riesigen Stab an Bürokraten, Vermittlern, Dienstleistern und Beratern, die es an Undurchsichtigkeit und Unkontrollierbarkeit locker mit den notorisch bürokratischen Staatsapparaten aufnehmen können. 

Deutschland braucht dringend eine Debatte darüber, wie es mit den großen Vermögen umgehen will. Es ist Zeit, den historischen Prozess der finanziellen Ausblutung der Staatskassen und der Refeudalisierung des Gemeinwesens umzukehren.

Hört der große Stiftungs-Schwindel endlich auf?

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