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Studium der Philosophie, Politikwissenschaft und Geschichte in Freiburg und Paris, Promotion in Frankfurt am Main. Er lehrt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Siegen und lebt als freier Autor und Dozent in München. Radiobeiträge für Bayerischer Rundfunk, Deutschlandfunk und Südwestrundfunk, Artikel unter anderem für Blätter für deutsche und internationale Politik, Der Freitag, Jungle World, Telepolis.
Jüngste Buchveröffentlichungen: Richtig falsch. Es gibt ein richtiges Leben im falschen (2019); Kulturarbeit. Progressive Desillusionierung und professionelle Amateure (2022)
Der in "Sidecar", dem Blog der bedeutendsten linken englischen Debattenzeitschrift "New Left Review" erschienene Beitrag stellt die historischen Dimensionen von Joe Bidens Wirtschafts-, Steuer-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik heraus. Es geht um nichts weniger, als eine Revolution rückwärts von der 1979 unter Jimmy Carter eingeleiteten neoliberalen Revolution im Verhältnis von Staat, Kapital und Arbeitsmarkt. Diese Revolution begann damals so:
In 1979, when Jimmy Carter appointed Paul Volcker chair of the Federal Reserve, the mandate was clear. Tackle inflation, whatever the cost. And so he did. In late 1980, interest rates reached a record high of 20%, and inflation fell from a peak of 11.6% to 3.7% in 1983. For the capitalist class, this came with an economic and political bonanza. The rate hikes triggered a severe recession, precipitating a wave of restructuring and lay-offs that helped to crush the trade unions, demoralize the left and discipline the global south. The result was a ‘revenge of the rentiers’, and a well-documented surge in inequalities.
Die neoliberale Revolution war eine Zeitenwende in den wirtschaftspolitischen Machtverhältnissen. Insofern macht es Sinn, die von der Biden-Administration eingeleiteten Maßnahmen als Umkehrung einer Revolution zu verstehen und die Geschichte rückwärts zu betrachten:
Volcker’s ‘1979 coup’, as Gérard Duménil and Dominique Lévy called it in Capital Resurgent (2004), came in a period when declining systemic dynamism in the advanced-capitalist world – brought on by intensifying competition, with successful Japanese and German catch-ups – was met by rising labour militancy and mass social movements, producing a general crisis of governability. Meanwhile radical forces in the former colonial countries called for a New International Economic Order, based on economic sovereignty and the regulation of multinationals. The 1979 coup was arguably the most consequential factor in turning the tide against these insurgent forces.
Der Artikel stellt die Frage, ob Bidens Pläne tatsächlich einen solchen revolutionären Umbruch einleiten könnten:
Stabilize prices, crush labour, discipline the south. This was the basic logic of the 1979 coup. For four decades, financial returns were systematically prioritized over labour standards, employment, ecological conditions and development prospects. Now, in 2021, there are signs that this era is finally coming to an end. Yet to what extent, and by what means?
Lustigerweise geht das konservative "Wall Street Journal" besonders weit in diese für die wirtschaftspolitische Rechte pessimistische, für die Linke optimistische Variante:
The most exaggerated expression of ‘left optimism’ to date comes from the Wall Street Journal. America’s leading conservative newspaper tells us that ‘Joe Biden may be the most anti-business President since FDR’. His Administration is implementing ‘a Bernie Sanders–Elizabeth Warren agenda that would vastly expand government control over business and the economy.’ The WSJ is not particularly perturbed by Biden’s spending spree; but it is incensed about the planned rise in corporate and wealth taxes, as well as the attempt to bolster union organizing with the Pro Act, ‘the most far-reaching labour legislation since the 1930s.’
Der Beitrag erläutert dann en détail, wie weit Bidens Pläne tatsächlich gehen und wie realistisch ihre Umsetzung ist. Dabei geht es zum einen um die Problematik von Inflation und Preisstabilität. Um die Frage danach, wie und in welcher Konstellation von (verschuldeter) Öffentlicher Hand und (chronisch überschüssigem) privatem Kapital in Zukunft die gigantischen staatlichen Infrastruktur-Aufgaben nicht nur im Bereich der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitspolitik, sondern auch in dem der öffentlichen Verkehrs- und Vesorgungsinfrastrukturen finanziert werden. Der Investitionsstau mag in den USA höher sein als zum Beispiel in Deutschland. Doch auch hierzulande haben die über Jahrzehnte vernachlässigten Investitionen in öffentliche Infrastrukturen unvorstellbare Ausmaße. Und man wundert sich, warum von den fortschrittlichen politischen Parteien in diesem Land hier nicht ähnlich beherzte Pläne vorgeschlagen werden wie von den US-Demokraten.
Quelle: Cedric Durand / Sidecar / New Left Review Bild: New Left Review EN newleftreview.org
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Die Frage am Ende macht nachdenklich... Vielleicht sind wir mittlerweile einfach nicht mehr in der Lage Dinge neu zu denken.