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Kurator'in für: Europa Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953
Studium der Elektrotechnik und Elektronik
Forschung / Lehre auf dem Gebiet der Wissenschafts- und Innovationstheorie
Entwicklung von Forschungsprogrammen im IKT-Sektor für verschiedene Bundesministerien und Begleitung der Programme und Projekte - darunter Smart Energy, Elektromobilität, netzbasiertes Lernen, Industrie 4.0
Nun im Un-Ruhestand
Ich habe die Diskussion über die Energiewende satt. Dabei wird der Bezug zur Realität und zur Wirtschaftsgeschichte vergessen. Wenn man sich die Geschichte von Energiewenden anschaut, dann dauern diese über ein Jahrhundert. Eine Wende in 25 Jahren oder weniger ist unwahrscheinlich.Es geht ihm offensichtlich um eine realistische Einschätzung für einen globalen Prozess hin zu neuen energetischen Strukturen. Er sieht einen fundamentalen Unterschied zwischen früheren Energiewenden und der heutigen.
Früher haben sich die Energieformen ergänzt. Kohle wurde in den 1960er Jahren von Erdöl als dominante Energieform abgelöst. Kohle ist aber nicht verschwunden. Im vergangenen Jahr wurde gar dreimal so viel Kohle verbraucht wie damals.Heute versuchen wir mit aller Gewalt, in sehr kurzer Zeit von einem gemischten, evolutionär gewachsenen System zu einem vorhergedachten anderen zu kommen. Und übersehen dabei die notwendigen enormen Mengen an Metallen (und andere Ressourcen) sowie den gewaltigen Energiebedarf. Aber auch die komplizierten, miteinander verflochtenen sozialen, ökonomischen und demographischen Prozesse. So werden zwar die erneuerbaren Energien weiter wachsen.
Aber es treten auch Probleme der realen Welt auf: schwierige Lieferketten, höhere Zinsen, Inflation. Vor zwei Jahren hatte es noch optimistische Ziele für Offshore-Windanlagen in den USA gegeben. Das hat sich gewandelt, manche Projekte wurden abgesagt. Politische Investitionsprogramme wie die «Inflation Reduction Act» in den USA beschleunigen sicher das Tempo. Das ist die Angebotsseite. Für die Nachfrageseite müssen wir auf die Demografie schauen. Im Jahr 2050 könnten 2 Milliarden mehr Menschen auf der Erde leben. Die Nachfrage kommt deshalb vor allem aus den Entwicklungs- und Schwellenländern. Diese müssen wachsen. Dafür braucht es Energie. Wenn sie dies nicht tun, verschlimmert sich u. a. die Flüchtlingskrise in Europa.
Ein Vorwurf von Yergin ist der Glaube an die einfachen, eindimensionalen Grafiken z.B. beim Wachstum der EE, in denen man vergangene Steigerungsraten durch einfache Annahmen linear in die Zukunft verlängert. In der Realität haben wir es aber mit einer multidimensionalen Energiewende zu tun. Die Prozesse laufen in den unterschiedlichen Regionen mit unterschiedlichem Tempo, werden durch technologische Innovationen und Durchbrüche verändert und durch politische bzw. ökonomische Ereignisse unterbrochen oder beschleunigt.
So hat der Krieg in der Ukraine der Welt klar gemacht, dass trotz der Dekarbonisierung die Versorgungssicherheit mit Kohle, Gas oder Öl wichtig bleibt, dass es um langfristige existentielle Prozesse geht. Deutschland reagiert mit einer improvisierten Kraftwerksstrategie aus Gaskraftwerken - nachdem man gerade die letzten Kernkraftwerke abgeschaltet hat. Das ist das Problem bei dieser Art der beschleunigten Energiewende Energiewende. Die realen Zielkonflikte treten in einem beschleunigten Wandelprozess in schneller Folge und oft unvorhergesehen auf.
Was zudem anders als bei anderen Energiewenden ist: Diese wird von der Politik angetrieben und nicht so sehr von Technologie und Wirtschaft. Ausserdem soll es nicht nur irgendeine Energiewende sein, vielmehr soll sie laut dem Ergebnis des Klimagipfels auch noch gerecht und angemessen ein. Aber was für die Niederlande mit 17 Millionen Einwohnern funktioniert, muss nicht unbedingt für Indonesien mit 280 Millionen funktionieren.
Das wird begleitet durch dramatische Verschiebungen in der Geopolitik. Die Suche nach den notwendigen Rohstoffen verschärft den Wettbewerbs zwischen den Grossmächten USA und China sowie dem Rest der Welt.
Es geht darum, die Lieferketten von China weg zu verlagern. Dies wird aber schwierig, denn es geht nicht nur um den Abbau, sondern auch um Chinas Vorherrschaft bei der Verarbeitung von Metallen und Mineralien. Was hinzukommt: Von der Entdeckung bis zur Förderung vergehen im Bergbau bis zu 20 Jahre. Die Herausforderungen in der Lieferkette werden unterschätzt. Es gibt eine grosse Kluft zwischen der politischen Rhetorik und dem, was tatsächlich am globalen Markt passiert.
Die USA sind in der Zeit zum grössten Exporteur von Flüssigerdgas, zum grössten Erdölförderer der Welt geworden. Man könnte Amerika als einen heimlichen Petrostaat sehen. Allerdings mit Firmen wie Microsoft, Amazon oder JP Morgan sind die USA noch viel mächtiger.
Aber es gibt etwas, was fast nicht anerkannt wird: Die USA sind der grösste Energieproduzent, was ich vor 15 Jahren nicht erwartet hätte.
Gerade erscheint ein Buch des Soziologen Jens Beckert, Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung. In einem Interview, ebenfalls in der NZZ, nimmt er Stellung zur Problematik des Klimawandels und der Klimapolitik, fordert ein realistisches Herangehen:
Ich will nicht apokalyptisch sein. Lieber spreche ich von einem nachdenklichen Realismus. Ich möchte auf die Ernsthaftigkeit der Situation hinweisen – und auf die Notwendigkeit, sofort zu handeln. Denn unsere Optionen sind mittlerweile sehr beschränkt, um das Problem überhaupt noch in den Griff zu bekommen. Wir müssen uns auf eine Temperaturerhöhung von 2,5 bis 3 Grad bis zum Ende dieses Jahrhunderts einstellen.
Das heißt für mich, die Welt muß handeln, aber richtig und realistisch. Dabei ist ein Agieren gegen Mehrheiten zum scheitern verurteilt. Das Reden vom Untergang der Welt, von schnellen Systemwechseln und dem Schrumpfen der Wirtschaft führen zusätzlich ins Chaos. Dazu Beckert:
Für mich sind das Träumereien. Es gibt zwar gute Gründe, weshalb es weniger Wachstum und weniger Konsum brauchte. Aber wenn man politisch darüber nachdenkt, gibt es keine Mehrheiten, um das durchzusetzen. Eine realistische Klimapolitik darf sich deshalb nicht solchen Träumereien hingeben, die zu nichts führen. Sie muss vielmehr schauen, was möglich ist, und sich darauf fokussieren.
Also Anpassung an den Wandel und stetige Reduktion von Klimagasen ….
Quelle: Gerald Hosp www.nzz.ch
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Es wäre natürlich hilfreich bei der Hundertjahrerechnung, wenn die Energiekonzerne nicht bereits seit 60 Jahren gegen grüne Technologien lobbyiert hätten: https://www.piqd.de/kl...