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Volk und Wirtschaft

80 Jahre Neoliberalismus – eine Richtigstellung

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlFreitag, 24.08.2018

Vor 80 Jahren trafen sich 26 Männer (Frauen waren nicht beteiligt), Akademiker und Intellektuelle – darunter Raymond Aron, Friedrich A. von Hayek, Ludwig von Mises, Michael Polanyi und Wilhelm Röpke. Dieses Treffen gilt heute als die Geburt des Neoliberalismus.

Was wirft man diesem nicht alles vor: Demokratiefeindlichkeit, die Abschaffung des Staates zu propagieren und Knechte des Kapitals zu sein. Nichts davon stimmt mit den Zielstellungen und Theorien überein. Den Teilnehmern war die Dramatik der Lage 1938 sehr wohl bewusst, die sehr viele differenzierte Antworten verlangte. In der Einleitung zu den veröffentlichten Diskussionen wurde diese Ziele so formuliert:

Es war ein Treffen aufrichtiger, guter, freier Männer, überzeugt davon, dass die beste Chance der westlichen Zivilisation darin bestand, zu einem wohlverstandenen Liberalismus zurückzufinden, dem einzigen Weg, für einen verbesserten Lebensstandard der Massen zu sorgen, für Frieden zwischen den Völkern, für die Freiheit der Gedanken und die Ehre des menschlichen Geistes.

Sie sahen sehr klar, das Linke, wie Rechte daran arbeiteten der Demokratie den Garaus zu machen. Weder ein ungezügelter Kapitalismus, noch ein Kapitalismus unter totalitärer politischer Herrschaft und schon gar nicht ein ungezügelter Kapitalismus stand auf ihrer Agenda

Das moralische Drama unserer Zeit ist die Blindheit der Linken, die von einer Kombination aus politischer Demokratie und ökonomischer Planwirtschaft träumen, ohne zu verstehen, dass Planwirtschaft einen totalitären Staat bedingt. Das moralische Drama unserer Zeit ist die Blindheit der Rechten, die vor lauter Bewunderung totalitärer Regierungen keuchen und zugleich die Vorteile einer kapitalistischen Wirtschaft einfordern, ohne zu verstehen, dass ein totalitärer Staat private Vermögen auffrisst und alle Formen wirtschaftlichen Handelns einebnet und bürokratisiert.

Die letzten Sätze könnte man sehr ähnlich heute wieder formulieren.

80 Jahre Neoliberalismus – eine Richtigstellung

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Kommentare 11
  1. Christoph Weigel
    Christoph Weigel · vor 6 Jahren

    sorry, daß ich hier über kollateralschäden nörgele. im teaser heißt es:
    "Sie sahen sehr klar, das Linke, wie rechte daran arbeiteten der Demokratie den Garaus zu machen."
    die vermaledeiten kommas machen es dem satz so schwer, veständlich rüberzukommen! spiel es mal durch:
    1. "Sie sahen sehr klar, wie Rechte daran arbeiteten, der Demokratie den Garaus zu machen."
    beiseite gelegt:"das Linke,"; "Rechte" als nomen, da du gross/kleinschrift pflegst (ich nicht); ein komma nach "...daran arbeiteten" weil im folgenden beschrieben wird, woran sie arbeiteten.
    2. "Sie sahen sehr klar, wie Linke und Rechte daran arbeiteten, der Demokratie den Garaus zu machen."
    dir "Linken" sind jetzt wieder mit drin; die entscheidung für "das" oder "dass" vertagt.
    3. "Sie sahen sehr klar, daß Linke wie Rechte daran arbeiteten, der Demokratie den Garaus zu machen."
    voilá.
    und jetzt – endlich! – inhaltlich: haben die bewußten herren nicht eher im blick gehabt, daß linke wie rechte ihrer so geschätzte "marktkonformen demokratie" den garaus machen könnten? es ging ihnen doch eher um ihren heiligen "markt" als um demokratie (siehe chile), so mein wissensstand...

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 6 Jahren

      Danke für den Hinweis.
      Was Chile betrifft, war das einige Jahrzehnte später und sicher kein Ruhmesblatt. Wobei das Land wirtschaftlich heute verglichen mit dem Rest Südamerikas gut da steht. Ich glaube man versteht das Agieren damals nur aus der Zeit heraus, der Kalte Krieg auf dem Höhepunkt. Wieviele westliche Linke sind zu Mao, Stalin oder Castro gefahren? Es raschelte ja gerade das Verhältnis der 68er zum Prager Frühling durch den Blätterwald. Wollen wir ihnen deshalb heute absprechen Demokraten zu sein und nur ihre „heilige“ Revolution im Kopf zu haben?

  2. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 6 Jahren

    Widerspruch!

    Lassen wir den erlauchten Friedrich August von Hayek selbst zu Wort kommen. Das erste Land, wo diese Herren, ihre Ideen verwirklichen konnten, war kein Musterland der Demokratie, sondern:

    Chile nach dem Militärputsch am 11. September 1973. Der Diktator lud den Lehrer seiner Wirtschaftsführer ein und Hayek kam. Anschließend ließ er verlautbaren, ich zitiere im englischen Original:

    „I have not been able to find a single person even in much maligned Chile who did not agree that personal freedom was much greater under Pinochet than under Allende.“

    Nach einem Treffen mit Augusto Pinochet nannte er diesen einen „honorable general“ und seine Regierungsmitglieder als “educated, reasonable and insightful men”.

    War er schlecht oder falsch informiert? Nein, er tat dies nachdem ihm Amnesty International eine umfangreiche Dokumentation über Folter, Mord und Konzentrationslager zugesandt hatten.

    Ein Einzelfall? Keineswegs. Ähnliche Vorgänge in anderen Weltgegenden könnte man von anderen dieser Herren nennen. Von Wilhelm Röpke zum Beispiel.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 6 Jahren

      Ich will das Agieren im Fall Chiles nicht verteidigen. Aber was sagt das letztendlich über die ganze Geschichte dieser Bewegung aus? Helmut Schmidt wurde mal zu seinem Verhältnis zu Mao befragt:

      „di Lorenzo: Auch deshalb habe ich eben von schweren Verbrechen gesprochen – der Große Sprung kostete zig Millionen Menschen das Leben .

      Schmidt: Das Letztere stimmt; man muss dazu aber sagen, dass es Hungertote waren.

      di Lorenzo: Gestorben an der politischen Umsetzung einer wahnwitzigen Idee!

      Schmidt: Mao hat die Toten nicht gewollt. Alle die vielen Millionen Hungertoten waren die unvorhergesehene Folge des Großen Sprungs, ......“ https://www.zeit.de/20...

      Es waren natürlich nicht nur Hungertote. Aber entwertet diese Fehleinschätzung das Lebenswerk von Schmidt, macht ihn gar zum Diktatorenfreund? Ich denke, man sollte Menschen immer in ihrer Zeit und mit ihren Erfahrungen sehen und dann urteilen.

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 6 Jahren

      @Thomas Wahl Beim Großen Sprung wurden keine Ideen von Helmut Schmidt umgesetzt, er war nicht nur nicht beim Großen Sprung beteiligt, damals war er nicht einmal in China.

      Anders Friedrich August von Hayek: In Chile wurden seine Ideen erstmals (!) vollständig umgesetzt. Er reiste vier Jahre nach dem Putsch, 1977, dorthin und fand die Umsetzung gelungen.
      Bis zu seinem Tod, 1992, korrigierte er seine Position nicht.
      Der chilenische Diktator musste 1990 abtreten.
      https://de.wikipedia.o...

      Wie wichtig die chilenischen Erfahrungen für die Ausbreitung der neoliberalen Ideen waren, kann man hier nachlesen:
      https://www.suhrkamp.d...

      Kurzum ich stelle Hayek und seine Ideen in seine Zeit!

      Zum Abschluss ein Zitat von damals. Nehmen wir, damit wir uns nicht nur auf Hayek einschießen, Wilhelm Röpke:

      "Dieses Deutschland ist von ungezählten Millionen überflutet worden, die zu schnell und zu zahlreich kamen, um kulturell assimiliert zu werden. Deutschland ist das Opfer einer Barbareninvasion geworden, die aus dem eigenen Schoße der Nation hervorgegangen ist."

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 6 Jahren

      @Achim Engelberg Nun, der Putsch von Pinochet war m.E. auch keine Idee von Hayek, wohl aber die Wirtschaftsreformen. Wir wissen natürlich nicht, wohin Allendes Wirtschaftspolitik langfristig geführt hätte. Aber letztendlich steht Chile heute in Südamerika nach vielen Wirren wirtschaftlich vergleichsweise gut da.

      Ich weiß nicht, wann und in welchem Kontext dieses Zitat von Röpke getätigt wurde und was es beweisen soll. Gibt es nicht in jeder Bewegung Wirrköpfe?

      Sicher war Schmidt zum Großen Sprung nicht in China. Aber er tätigt eine klassische linke Fehleinschätzung, die man ihm gern verzeiht. Und nicht nur ihm. Schmidt zeigt sehr viel Verständnis für Mao (und dessen Nachfolgern) und den Versuchen ihre wirren Ideen durchzusetzen. Nur den Neoliberalen kann man natürlich nicht nachsehen, dass sie ihre Ideen für eine ihrer Meinung nach bessere Welt ausprobieren? Zugegeben mit einem falschen „Partner“, der fast so brutal war wie Mao etc.. Vielleicht waren die Ideen auch ähnlich falsch, vereinfachend und ideologisch. Das muß man kritisch diskutieren - aber man sollte die Akteure nicht alle grundsätzlich verteufeln. Dazu war das 20.Jh. zu blutig, zu widersprüchlich auf allen Seiten.

    4. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 6 Jahren

      @Thomas Wahl Wilhelm Röpke wird in dem von Dir empfohlenden Artikel positiv herausgehoben. Das Zitat erklärt für ihn den Nazismus. Er verwendete es auch in seinem Buch DIE DEUTSCHE FRAGE (1945). Es ist hervorgehoben kursiv gedruckt. Also durchaus repräsentiv.

      Ich verteufle keine Akteure, aber ich kann in diese Lobeshymne nicht einstimmen, die offensichtlich keine einzige Schattenseite beleuchtet.

      Seit 2000 regieren Parteien in Chile, bis auf die Jahre zwischen 2011-13, die die "Reformen" der Diktaturjahre korrigier(t)en. Ein besonderes Verdienst gebührt hier dem Sozialisten Ricardo Lagos.

      Der heutige Stand Chiles ist also stärker von solchen Akteuren geprägt.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 6 Jahren

      @Achim Engelberg Danke für die Information zum Röpke-Zitat. Der Kritik, dass zu wenig zu den Schattenseiten gesagt wird, kann ich zustimmen. Auch wenn das in anderen Blättern reichlich kompensiert wird.

    6. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 6 Jahren

      @Thomas Wahl Einverstanden grüßt Achim

  3. Georg Wallwitz
    Georg Wallwitz · vor 6 Jahren

    Neoliberalismus ist zu einem Kampfbegriff geworden, der eigentlich keinerlei Bedeutung mehr hat. Ich misstraue daher auch jedem, der ihn benutzt.
    Im Economist findet sich in dieser Woche auch ein hübscher Artikel über die geistigen Grundlagen der österreichischen Schule, die ebenso gerne verteufelt wird. Leute wie Hayek in erster Linie daran interessiert, die totalitären Ideologien zu bekämpfen. Schade, dass das heute kaum noch jemand zu wissen scheint, wenn der Neoliberalismus verachtend mit der Karikatur eines Brutalo-Kapitalismus gleichgesetzt wird.
    https://www.economist....

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 6 Jahren

      Danke für den Hinweis auf den Artikel im Economist. In der Tat beleuchtet das noch mal die Prägung der Akteure in ihrer Zeit.

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