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Kurator'in für: Fundstücke Medien und Gesellschaft
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Im Juni beschrieb Christian Drosten das Prinzip "False Balance" in einem Interview mit der Schweizer Republik:
Okay, hier ist eine Mehrheitsmeinung, die wird von hundert Wissenschaftlern vertreten. Aber dann gibt es da noch diese zwei Wissenschaftler, die eine gegenteilige These vertreten. In der medialen Präsentation aber stellt man dann einen von diesen hundert gegen einen von diesen zweien. Und dann sieht das so aus, als wäre das 50:50, ein Meinungskonflikt.
Dieses Problem zeigt sich nicht nur bei der Berichterstattung über die Corona-Pandemie, sondern bei etlichen wissenschaftlichen Themen. Fast alle Forscherïnnen sind sich einig, dass der Mensch massiv zur globalen Erhitzung beigetragen hat und die Klimakrise eine existenzielle Bedrohung darstellt. Trotzdem kommen in Medien immer wieder Leugner oder Skeptikerinnen zu Wort. Das ist nicht per se verwerflich, spiegelt aber nicht den wissenschaftlichen Konsens wider.
Doch es wäre zu einfach, nur die Zahl der Forschenden zu zählen, die eine bestimmte Auffassung vertreten, und diese Meinung dann zur Wahrheit zu erklären. In der Demokratie setzt sich die Mehrheitsmeinung durch, in der Wissenschaft gelten andere Anforderungen, schreibt Servan Grüninger:
Für einen Konsens ist entscheidend, dass er sich auf belegbare empirische Aussagen und überzeugende theoretische Argumente stützen kann. Dazu müssen verschiedene Forschende hinsichtlich einer bestimmten Frage mit gegenseitig erkennbaren und nachvollziehbaren theoretischen Annahmen und Forschungsmethoden zum gleichen Ergebnis kommen. Aus diesem Grund ist es vernünftig, wissenschaftlichen Konsenspositionen in politischen Debatten höheres Vertrauen entgegenzubringen als spekulativen Einzelmeinungen. Aus dem gleichen Grund – eben weil die Anforderungen daran so hoch sind – ist wissenschaftlicher Konsens aber seltener als viele meinen.
Oder anders ausgedrückt:
Eine wissenschaftliche Position ist nicht deshalb überzeugend, weil sie von einer Mehrheit von Wissenschaftler*innen vertreten wird. Es ist gerade umgekehrt: Eine Mehrheit von Wissenschaftler*innen vertritt eine bestimmte Position, weil sie wissenschaftlich überzeugend ist. Das ist ein entscheidender Unterschied, wenn es darum geht, den wissenschaftlichen Kenntnisstand medial ausgewogen abzubilden.
Das stellt hohe Anforderungen an den Wissenschaftsjournalismus. Wer über ein Thema berichtet, darf sich nicht auf Quantität verlassen, sondern muss qualitative Kriterien anlegen. Das setzt voraus, dass Journalistïnnen erkennen können, welche Meinungen wissenschaftlich fundiert und abgesichert sind.
Grüninger erklärt das Problem gut verständlich, mit vielen Links und praktischen Beispielen – und gibt am Ende noch vier Ratschläge, wie Wissenschaftsjournalismus besser werden kann.
Quelle: Servan Grüninger medienwoche.ch
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danke! so wahr. Aber eine Gesellschaft die zb die Anforderungen an ein sachbuchähnliches PolitikerBuch nicht kennt und mit dem Skandal um Steuerhinterziehung in Milliarden Höhe gleichsetzt oder gar überbewertet, eine Gesellschaft die vor Jahren schon die falschen oder fehlenden Zitate in der Doktorarbeit eines schneidigen Ministers für doch nicht so schlimm hält, die Hufeisen für logisch und Wissenschaft für eine sache der Meinung hält. ..
Schreibt sich immer so leicht: false balancing. Ist auch ein sehr populärer und pauschaler Vorwurf aus der Wissenschaft, aber in welchen Medien wird denn nun eine falsche Gewichtung beim Thema Klimawandel vorgenommen? In der taz? Der FAZ? In der SZ? Auf Spektrum.de? Im DLF? In der ARD? Hier bei Piqd? Oder wo?