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Kurator'in für: Technologie und Gesellschaft Medien und Gesellschaft Klima und Wandel
Irgendwas mit Medien seit 1996, Typograph, Grafiker, Blogger. Ask me anything.
Die Künstlertruppe um Philipp Ruch, das Zentrum für politische Schönheit, hat eine Website veröffentlicht, auf der ein gefälschter Kanzler Olaf Scholz einen Verbotsantrag der rechtsextremen Partei AFD fordert. Garniert wird die Fälschung mit mutmaßlich KI-generierten Stimmen von Bernd Höcke, Alice Weidel und Alexander Gauland, die Definitionen von Ausgrenzung, Demokratiefeindlichkeit oder Holocaust verlesen, sowie rund 2500 Beweisen, in denen verfassungsfeindliche und extremistische Aussagen von AFD-Politiker in O-Tönen dokumentiert sind.
Ich bin nicht zu 100 % sicher, ob es sich bei dem Video, in dem Olaf Scholz den (leider) fiktiven Verbotsantrag ankündigt, um einen tatsächlichen Deepfake handelt, oder "nur" um cleveres Video-Editing, mir erscheinen einige der Lippenbewegungen asynchron zum gesprochenen Inhalt, was allerdings auch das Resultat von noch nicht ausgereifter AI-Technologie sein könnte. Auch die gefälschten Stimm-Aufnahmen könnten durch gutes Sound-Editing erstellt worden sein, doch dafür erscheinen mir die gesprochenen Sätze zu kohärent in der Betonung.
Doch damit natürlich nicht genug: Die gefälschte Verbotsankündigung ist nur der Auftakt für die Installation eines Gefängnisbaus für AFD-Politiker vor dem Bundeskanzleramt: Ein Ausstellungsraum, in dem Fotomontagen und/oder mutmaßlich KI-generierte Bilder von AFD-Mitgliedern hinter Gitterstäben gezeigt werden.
Aus der Pressemitteilung des ZPS:
Ausgewählte Mitglieder der AfD wurden heute morgen im Bundestag in Gewahrsam genommen und in die provisorische Justizvollzugsanstalt „Robert Lehr“ vor dem Bundeskanzleramt verbracht. Der 16 x 5 m hohe Sicherheitsbau wurde auf dem Vorplatz des Bundeskanzleramtes in Berlin errichtet. Die Öffentlichkeit ist herzlich eingeladen, sich vor Ort von den Gefährdern der Demokratie ein Bild zu machen.
Die Aktion dürfte, wie so viele des ZPS, für Gesprächsstoff sorgen und ich bin gespannt, welcher der gefälschten Politiker sich wann und in welchem Kontext echauffiert: Die SPD fordert eine Kennzeichnungspflicht für KI-generierte Medieninhalte, während die AFD als erste "politische Kraft" synthetische Bilder für ihre rechtsextreme Propaganda einsetzte. Es könnte durchaus interessant werden, wenn Nazis im Bundestag über eine gefälschte Verbotsankündigung debattieren wollen, die mit echten rechtsextremen Zitaten garniert ist.
Die Kunstaktion wirft Fragen zu Karl Poppers Toleranz-Paradoxon auf, nach dem Toleranz intolerant gegenüber Intoleranz sein muss, um eine tolerante Gesellschaft zu ermöglichen. Der Gefängnisbau symbolisiert genau diese Intoleranz, während die Fälschung als illegitimes und leicht zu produzierendes Mittel in Zeiten Künstlicher Intelligenz und der digitalen Editierungs-Logik dem ganzen eine unangenehme und beunruhigende Note verleiht: Wie leicht kann Propaganda mit echten Fakten vermengt werden und zu politischen und/oder totalitären Zwecken ge- und missbraucht werden?
Mal wieder eine Kunstaktion des ZPS mit jeder Menge versteckter Ebenen und doppelten Böden, die eine Menge Fragen stellt und unbeantwortet lässt. An meinen Favoriten – Höckes Holocaust-Mahnmal – reicht sie zwar nicht ganz heran, aber auch hier finde ich das Spiel aus politischen Realitäten und monumentaler Provokation sehr gelungen.
Quelle: Zentrum für politische Schönheit Bild: Zentrum für polit... afd-verbot.de
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Der Autor, Journalist und Jurist Heribert Prantl in seiner SZ-Kolumne über eine Möglichkeit zu verhindern, dass Höcke mit der AfD, wie er sagt, an die "Hebel der Macht" gelangt:
"Im Grundgesetz gibt es ein Instrument, um genau das zu verhindern: ... Es steht in dem ziemlich unbekannten ... Artikel 18 , der von der sogenannten Grundrechtsverwirkung handelt ... Die Grundrechtsverwirkung ist die Sanktion des Grundgesetzes für Grundrechtsmissbrauch: Wer bestimmte Freiheitsgrundrechte zum Kampf gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung missbraucht, verliert damit das Recht, sich auf diese Grundrechte zu berufen; er verliert das Recht auf politische Aktivität.
Dieses Instrument des wehrhaften Staates nach Artikel 18 ist eigentlich viel einfacher zu handhaben als ein Parteiverbot nach Artikel 21 Absatz 2; zu prüfen ist ja hier nicht die kämpferische Verfassungsfeindlichkeit einer ganzen Partei, sondern ... eines einzelnen besonders extremen Mitglieds. Umso mehr verwundert es, dass es ein politisches Aktionsverbot auf Basis des Artikels 18 noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben hat."
https://www.sueddeutsc...
Ergänzend sei diese Einschätzung zu einem AfD-Verbot des bekannten politischen Kommentators Albrecht von Lucke empfohlen:
https://www.sueddeutsc...