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Jochen Schmidt zählte 1999 zu den Mitbegründern der Berliner Lesebühne "Chaussee der Enthusiasten", bei der er bis 2017 wöchentlich auftrat und neue Texte las. Er veröffentlichte Erzählungen ("Triumphgemüse", "Seine großen Erfolge", "Meine wichtigsten Körperfunktionen", "Weltall. Erde. Mensch", "Der Wächter von Pankow"), Romane ("Müller haut uns raus", "Schneckenmühle", "Zuckersand"), Reiseliteratur ("Gebrauchsanweisung für die Bretagne", "Gebrauchsanweisung für Rumänien", "Gebrauchsanweisung für Ostdeutschland"), eine "Gebrauchsanweisung fürs Laufen" und "Schmidt liest Proust", das Tagebuch eines Lektürejahrs. Mit der Künstlerin Line Hoven arbeitete er für "Dudenbrooks", "Schmythologie" und "Paargespräche" zusammen. Gemeinsam mit David Wagner schrieb er die deutsch-deutsche Kindheitserkundung "Drüben und drüben". Zuletzt erschien der Roman "Ein Auftrag für Otto Kwant".
Über die irische Kinderbuchautorin Elizabeth Shaw, die die meiste Zeit ihres Lebens in der DDR verbracht hat und deshalb (obwohl ihre Bücher heute bei Beltz&Gelberg nachgedruckt werden) leider immer noch nur in Ostdeutschland ein Klassiker ist, habe ich hier schon geschrieben. Für mich haben Elizabeth Shaws Illustrationen allerhöchsten Rang, sie war eine große, bodenständige Künstlerin, deren Bilder mir schon als Kind gefallen haben, weil sie voller liebevoller Details sind und weil sie Freundlichkeit ausstrahlen, eine Eigenschaft, die Brecht sehr spät und wohl kaum mit Erfolg von sich gefordert hat. In einem Land wie der DDR war man schon dankbar, wenn Kinderbüchern nichts von der offiziellen Ideologie anhaftete. Sich von solchen Dingen fernzuhalten konnte Opportunismus sein, aber auch eine Form von Widerstand. "Bella Belchaud und ihre Papageien", "Als Robert verschwand", "Das Bärenhaus", "Ping, Pang, Poch!", "Schaumköpfe" und vor allem das rührende und weise "Die Schildkröte hat Geburtstag" sind Bücher, die mich beim Vorlesen nach einem langen, anstrengenden Tag als Vater über vieles hinwegtrösten. Weder die Zeichnungen, noch die Geschichten haben für mich Staub angesetzt, was selten ist bei Kinderbüchern, die seltsamerweise schneller altern als andere Bücher. "Das kleine schwarze Schaf" ist Mitte der 80er Jahre erschienen. Es erzählt eine Fabel, deren Botschaft nicht nur Kinder betrifft, sondern die ganze Gesellschaft: in der Vielfalt keine Bedrohung zu sehen, sondern eine Bereicherung. Ein Schäfer lebt mit seinem Hund und seiner Schafherde in einer irisch anmutenden, kargen Landschaft, mit tiefhängenden Wolken und Seen. Nur ein Schaf aus der Herde ist schwarz und es stört den Hund des Schäfers, weil es unter den weißen Schafen natürlich immer auffällt, wenn es stolpert, in die falsche Richtung läuft oder seine Befehle nicht befolgt ("Es hatte gerade über etwas nachgedacht"). Den Schäfer stört das Schaf nicht, "Polo jedoch liebte Ordnung und Disziplin in der Herde." Er rät dem Schäfer, das schwarze Schaf zu verkaufen. Nach einem Schneesturm sind die Schafe morgens in der weißen Schneelandschaft nicht mehr zu finden, wäre da nicht das schwarze Schaf, das man weit sehen kann. "Ich habe immer gesagt, du bist ein praktisches kleines Schaf", sagt der Schäfer. Nach der Schur kann er mit der schwarzen Wolle schöne Muster in die Pullover und Schals stricken, die er auf dem Markt verkauft. Von dem Geld, das er dafür bekommt, kauft er noch mehr schwarze Schafe, am Ende ist die ganze Herde schwarz, weiß und gescheckt, jedes Schaf sieht anders aus und dadurch ist die Herde "hübsch einheitlich". Man kann sich vorstellen, warum Elizabeth Shaw es wichtig fand, so ein Buch Mitte der 80er in der DDR zu veröffentlichen, in der es nur offiziell keinen Rassismus gab, während auf Demonstrationen gerne skandiert wurde: "Hoch die internationale Solidarität". Die Qualität des Buchs macht aber nicht nur seine menschliche Botschaft aus, sondern sie liegt vor allem in den Bildern, aus denen wahrscheinlich auch ein wenig Heimweh nach Irland spricht. Besonders gefällt mir das Bild, auf dem man den Schäfer nachts in seiner Hütte sieht, als draußen der Schneesturm tobt: "Er machte ein behagliches Feuer, um seine Sachen zu trocknen, und nahm einen Schluck oder zwei aus der Flasche." Später liegt er mit einem Flicken-Plaid zugedeckt in seiner Koje, die Wände aus Holz, ein Gemälde mit einem Schaf über dem Bett, die Kappe mit der Blume an einem Nagel an der Wand, der Schäferstock auch, die Lesebrille liegt auf dem Buch neben der Kerze und der übereifrige Hund schläft auf seinem Läufer. Man sollte es auch manchmal behaglich haben im Leben. Elizabeth Shaw ist 1992 leider viel zu früh gestorben, es kommt mir inzwischen seltsam vor, daß ich so lange ihr Zeitgenosse gewesen sein soll. Es ist schade, daß ich erst so spät wieder begonnen habe, Kinderbücher zu lesen und daß ihr nicht mehr sagen kann, wie wichtig mir ihre Bücher immer sein werden.
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