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Kurator'in für: Pop und Kultur Fundstücke Medien und Gesellschaft
Freier Journalist in Hamburg. Liebste Arbeit: Interviews führen; übelste Arbeit: Interviews abtippen.
Flohwalzer-Virtuose. Erste selbstgekaufte Kassette: Roxette - "Tourism". Krautrock, afrikanischer Blues und Souljazz waren da noch fern. Schätzt "Handgemachte Musik", und hört natürlich trotzdem HipHop, Dub und Ambient.
Die Geschichte von Lonnie Holley ist so unglaublich, dass sie am Ende vielleicht doch stimmt. Zumindest in einem poetischen Paralleluniversum. Als siebtes von 27 Kindern im Jahr 1950 geboren, wurde der Junge aus Birmingham, Alabama angeblich im Alter von vier Jahren in einem Bordell an einen Schmuggler verkauft – für einen Liter Whiskey. Er arbeitete früh in verschiedensten Jobs, sammelte Müll, pflückte Baumwolle, hob Gräber aus.
Als nach dem Tod seiner Nichten kein Geld für Grabsteine vorhanden war, stellte Holley diese selbst aus einer Art Sandstein her. Es war der Beginn einer Künstlerkarriere, die seine Werke bis ins Weiße Haus trug. Singen/sprechsingen tut er erst seit zehn Jahren, auf dem demnächst erscheinenden Album hat er dabei Unterstützung von Justin Vernon aka Bon Iver oder von der Spoken-Word-Aktivistin Moor Mother, die auf dem westafrikanisch-hypnotischen "I am Part of the Wonder" gastiert.
Der schönste Song von "Oh Me Oh My" ist der Titelsong, unten gepiqt. Da sind kaum mehr als ein paar hingetupfte Klaviertöne, dazu singt Holley über seine Grandma. Das erinnert natürlich an Bill Withers, aber Holleys typisches Jazz-Ambient-Blues-Funk-Gemisch ist sehr viel reduzierter. Großartig ist aber vor allem, was Gast Michael Stipe hier macht: der REM-Sänger bekommt genau drei Wörter. Er wiederholt sie immer wieder mantraartig im Hintergrund, wie ein "Lament" auf einer Beerdigung in den Südstaaten. Lange nicht mehr etwas so Beruhigendes gehört.
Zweiter Tipp: Das überraschende, traurige neue Interview mit Keith Jarrett habe ich zum Anlass genommen, ein oft übersehenes Solo-Album auszugraben. "Creation" ist ungewöhnlich, auch im Werk des Über-Pianisten Jarrett, weil er hier mit Mitschnitten verschiedener Live-Auftritte ein fiktives neues Konzert geschaffen hat. Darauf: Keine Bach-Fugen, keine donnernden 20-Minuten-Improvisationen, kein entspanntes Standards-Duett. Einfach schlichte Melodien, die Kritiker mit klassischen Etüden verglichen haben. Kein gemütliches Teatime-Album, aber ein tiefes, nachdenkliches.
Bonus-Tipp, wo wir schon beim Klavier sind: Brad Mehldaus Beatles-Interpretationen kann man immer wieder hören, auch zum Tee.
Quelle: Lonnie Holley Bild: Lonnie Holley www.youtube.com
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In diesem Video kommt auch endlich Lonnie selbst vor:
https://www.youtube.co...
Spotify Playlist habe ich nicht - aber eine von Deezer:
https://www.deezer.com...
Hallo Jan,
eine Spotify-Playlist wäre super!
Danke,
Michael
Der Bonus Tipp ist ja *unglaublich* toll! Vielen Dank für diese großartigen Empfehlungen. Wo findest du diese Dinge?