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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
Bertha von Suttner ist die Ikone der Friedensbewegung. Früher als die allermeisten ihrer Zeitgenossen wendete sie sich ganz grundsätzlich gegen jede Form kriegerischer Auseinandersetzung. Entsetzt beobachtete sie, wie an der Wende zum 20. Jahrhundert ein neues Wettrüsten in Europa begann. Dagegen schrieb sie ihr Buch "Die Waffen nieder!", das 1889 erschien und zu einem Welterfolg wurde. Zu einem heftig kritisierten allerdings, woran Peter-Matthias Gaede kürzlich in einem ausführlichen Porträt für Geo erinnerte (hier kostenpflichtig auf Blendle):
Der Friedensgedanke der Bertha von Suttner, ereifern sich Männer, führe zu blutleerer Dekadenz und zum Absterben von Lebensenergien. Der Dichter Felix Dahn, Verfasser des berühmten historischen Romans „Ein Kampf um Rom“, textet: „Die Waffen hoch! Das Schwert ist Mannes eigen. Wo Männer fechten, hat das Weib zu schweigen.“ Und auch der werdende Jungstar der Literatenszene, Rainer Maria Rilke, echauffiert sich: „Herein bricht eine neue feige Zeit. Erbärmlich murmeln sie: ‚die Waffen nieder‘.“
Bertha von Suttner war ihrer Zeit weit voraus, erhielt 1905 höchst verdient den Friedensnobelpreis, aber während ich den Artikel las, habe ich mich gefragt, ob sie noch unserer Zeit voraus wäre. Hätte sie das Manifest von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht unterschrieben? Die Frage lässt sich nicht beantworten, ist vielleicht gar unsinnig, aber an folgender Stelle im Porträt stellte ich sie mir doch:
Im Jahr 1901 wird erstmals ein Friedensnobelpreis durch das damit beauftragte norwegische Parlament verliehen. Er geht an Frédéric Passy, einen französischen Pazifisten, und an den Gründer des Roten Kreuzes, Henry Dunant, der an Bertha von Suttner schreibt: „Dieser Preis, gnädige Frau, ist Ihr Werk.“
Umgekehrt ist sie weniger freundlich, nennt Dunant und sein Rotes Kreuz „Kriegserleichterer“ statt Kriegsverhinderer, weil sie dem Krieg nur einige von dessen schlimmsten Spitzen abbrechen.
Bertha von Suttner war radikal und rigoros, aber ein Mensch ihrer Zeit. Würde von Suttner noch leben, sie wäre nicht nur sehr, sehr alt, sondern hätte, weil ja kein Mensch einfach stehen bleibt, wohl auch ihre Auffassungen über Krieg und Frieden, Selbstverteidigung und Verantwortung zum Schutz (Responsibility to Protect) weiterentwickelt. In welche Richtung, lässt sich natürlich nicht sagen, weshalb man sie aber auch nicht in Haftung für eigene Positionen nehmen sollte.
Quelle: Heinz Winter, Ingeborg Breuer Bild: © picture allianc... www.deutschlandfunkkultur.de
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interessante männliche Reaktionen damals: Verweichlichung wurde also gefürchtet. Theweleits Männerphantasien lassen grüßen. Wer neben mir hat auch den halbnackten Putin auf dem Pferd assoziiert? :-)
Wer mal einen Blick in den Roman werfen möchte, hier ist es möglich:
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