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Veraltete Technik und eine schwerfällige Bürokratie haben Deutschland verkehrstechnisch ins Hintertreffen geraten lassen. Stefan Wallmann, Deutschlandchef von Ramboll, einem großen Ingenieurs- und Planungsberatungsunternehmen, sieht als Ursache ein Politikversagen.
Die Politik hat das Zeitfenster verstreichen lassen, um das Angebot dem Bedarf anzupassen. Die Urbanisierung wie wir sie gerade in den Innenstädten erleben, ist im Wesentlichen so eingetroffen wie man sie bereits Ende der 90er Jahre prognostiziert hat. Der heutige Bedarf war absehbar.
Deutschland habe, was die Verkehrsinfrastruktur angehe, massiv den Anschluss an andere Länder verloren. Viele Brücken seien marode, der Schienenverkehr am Limit und in den Ballungsgebieten droht der Verkehrskollaps.
Ein wesentlicher Grund: Deutsche Politik habe viel zu sehr auf die Förderung des Privatwagens gesetzt, so Ramboll. Das führe dazu, dass die Menschen ihre Mobilität fast nur noch mit dem eigenen Wagen organisierten, weil der öffentliche Verkehr mit Bus, Bahn und S-Bahn zunehmend ausgedünnt oder den Bedürfnissen nicht mehr angepasst wurde.
Anders viele der skandinavischen Länder.
Sie wollen den Menschen den Umstieg leicht machen. Die Regierungen fördern den Umweltverbund, die E-Mobilität mit Fahrrad und Auto, bauen massiv ihr Radwegenetz aus und sind mit der Digitalisierung viel weiter als wir.
In Finnlands Hauptstadt Helsinki wurde mit „Whim“ die zurzeit modernste Mobilitäts-App der Welt entwickelt. Whim heißt so viel wie „nach Lust und Laune“ und vereint das gesamte Mobilitätangebot der Stadt - Busse und Bahnen, Fähren, Mietwagen alles bis hin zu Taxis und Leihräder. Über die App lassen sich verschiedene Abos buchen, man kann aber auch einzelne Fahrten darüber abrechnen.
Die Politik unterstützt diese Entwicklung. Mit dem neuen Transportgesetz haben sie dieses umfassende Angebot überhaupt erst möglich gemacht. Seit es 2018 eingeführt wurde, sind alle Verkehrsunternehmen dazu verpflichtet, ihre Daten offenzulegen. Sie stellen ihre Fahrpläne, die Echtzeitdaten und ihre API-Schnittstellen zur Verfügung, damit tatsächlich alle Angebote in einer App gebündelt werden können.
Die Entscheidung der Bundesregierung im Rahmen des Klimapakets die Mehrwertsteuer für Bahnpreise zu senken, hält Ramboll für keinen zielführenden Ansatz, weil die deutsche Bahn ohnehin schon am Anschlag sei. Er plädiert dafür, bundesweit schnell einen einheitlichen moderner digitalen Signalstandard zu etablieren.
Mit der Einführung der digitalen Schiene wird das Sicherungssystem von der Strecke in den Zug verlegt. Momentan ist das gesamte Schienennetz in Abschnitte aufgeteilt. Aus Sicherheitsgründen darf sich immer nur ein Zug in diesem Bereich aufhalten. Signalbarken geben dem Zug per Funk die Erlaubnis zur Einfahrt. Mit dem europäischen Zugsicherungssystem „European Train Control System“ (ETCS) wird diese Technik in den Zug verlagert. Zug und Stellwerk kommunizieren direkt miteinander und verhindern, dass Züge miteinander kollidieren. Wenn man die entsprechend ausgestatteten Züge dafür hat, kann man sie in kürzeren Abständen zum vorausfahrenden Zug takten und ihre Zahl um rund 20 Prozent in einem Streckenabschnitt erhöhen.
Quelle: Andrea Reidl/RiffReporter Bild: Oliver Schlunz riffreporter.de
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ETCS bringt nicht pauschal 20% mehr Kapazität auf die Schiene. Gerade in Knoten und Ballungszentren kann auch damit nicht viel mehr rausgeholt werden.