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Kurator'in für: Europa Fundstücke Volk und Wirtschaft
Jahrgang 1953, geboren in Bünde/Westfalen. Nach dem Studium der evangelischen Theologie in Bielefeld und Marburg/Lahn ab 1989 Leiter des Industrie- und Sozialpfarramtes des Kirchenkreises Herne. Von 2007 bis 2009 Referent für Sozialethik an der Evangelischen Stadtakademie Bochum. Von 2009 bis 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments (DIE LINKE). Mein persönliches Highlight im EP: Ich war Berichterstatter für die Zahlungskontenrichtlinie, die jedem legal in der EU lebenden Menschen das Recht auf ein Bankkonto garantiert. Seit 2014 freiberuflich tätig. Publizist. Diverse Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Publikationen, seit Dezember 2016 Herausgeber des Europa.blog und seit Juni 2020 auch Herausgeber des "Ruhrpott Podcast".
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Kirchliche Missbrauchsskandale gibt es nicht nur in der Bundesrepublik. Auch Belgien ist davon betroffen, wie auch noch weitere Länder. Allerdings gibt es beachtliche Unterschiede in der Aufarbeitung der Missbrauchsskandale in Deutschland und in Belgien. Daher will ich hier auch ein paar Artikel von Flanderninfo und auch von De Morgen hinweisen.
Eine breitere öffentliche Debatte über Missbrauchsfälle in den Kirchen in Belgien – dort geht es um die katholische Kirche, da Belgien traditionell ein katholisches Land ist – begann in 2010.
Hier ein paar Links von dem öffentlich-rechtlichen flämischen Nachrichtenportal VRT News dazu:
Im September 2023 kam das Thema dann erneut in die öffentliche Debatte, und zwar in Form der mehrteiligen Dokumentation "Godvergeten" ("Gottvergessen") über die kirchlichen Missbrauchsfälle aus Sicht der Opfer im flämischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen VRT. VRT News berichtete darüber im September 2023 unter dem Titel "Eine VRT-Doku-Reihe zu sexuellem Missbrauch in der Kirche sorgt vor allem in Flandern für Wirbel".
Diese TV-Dokumentation führte zu einem weiteren parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der kürzlich nach rund einer halbjährigen Arbeitszeit 137 Empfehlungen zur Aufarbeitung und zur zukünftigen Vermeidung sexuellen Missbrauchs innerhalb und außerhalb der Kirchen veröffentlicht hat. Am 2. Mai 2024 berichtete Flanderinfo darüber. Auf diesen Artikel des VRT News verweist diese Leseempfehlung.
Am 7. Mai 2024 berichtete VRT News: „Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Missbrauch in der Kirche meldet der Justiz weitere Fälle“. Hintergrund dieser weiteren Anzeigen war, dass im Rahmen der Arbeit des Untersuchungsausschusses weitere bisher unbekannte Fälle ans Licht gekommen waren.
Einen Tag später, am 8. Mai, berichtete die flämische Tageszeitung „De Morgen“ über einen weiteren skandalösen Vorfall im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen. Auf der Vorschlagsliste für den neu zu bildenden so genannten Priesterrat für den belgischen Erzbischof Luc Terlinden – einem innerkirchlichen Beratungsgremium des Erzbischofs – stehen laut diesem Artikel zwei Priester, die in Missbrauchsskandale verwickelt sind.
Der belgische Priester Rik Devillé, der Gründer der Arbeitsgruppe „Menschenrechte in der Kirche“ ist, hatte dies nach Information von „De Morgen“ entdeckt und öffentlich gemacht und fordert nun angesichts dieser Ungeheuerlichkeit nicht nur die Streichung dieser beiden Priester von der Vorschlagsliste, sondern auch den Rücktritt des Erzbischofs. Immerhin gestand der Pressesprecher des Erzbischofs in einer ersten Reaktion ein, dass hier ein gravierender und möglicherweise auch struktureller Fehler passiert sei, der in jedem Fall behoben werden müsse.
Wie gesagt, sind Missbrauchsfälle in Kirchen mittlerweile in mehreren Ländern öffentlich geworden. Interessant ist aus meiner Sicht die unterschiedliche Reaktion in den beiden Nachbarstaaten Belgien und Deutschland auf diese Missbrauchsfälle. Während in Deutschland Politik und Justiz bis heute die Aufarbeitung den Tätern und ihren Kollaborateuren überlässt, zeigt vor allem die Politik in Belgien, wie es anders gehen kann und eigentlich auch muss. Dieser Unterschied verweist nicht nur auf demokratische Defizite und ein ausbaufähiges Demokratieverständnis in der bundesrepublikanischen Gesellschaft, sondern das Wegschauen von Politik und Justiz schadet letztlich auch den Kirchen.
Man wünscht sich, dass die Politikerinnen und Politiker auch in Deutschland endlich begreifen, dass – in Linie mit dem internationalen Menschenrechtskodex, der europäischen Menschenrechtscharta, der Europäischen Sozialcharta und dem Recht der Europäischen Union – in einer Demokratie der erste Schutz den Menschen gilt und nicht irgendwelchen menschengemachten Institutionen, denen es an Achtung vor den Menschenrechten und einer demokratischen Rechtsordnung immer noch mangelt, wie den Kirchen in Deutschland zumindest in manchen Punkten (dazu gehört u.a. auch das aus dem Nazi-Arbeitsrecht abgeleitete kirchliche Sonderarbeitsrecht). Denn die Selbstverantwortung und die Selbstaufklärung in den deutschen Kirchen ist erwartungsgemäß krachend gescheitert.
Quelle: Martina Luxen www.vrt.be
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