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Kurator'in für: Pop und Kultur Fundstücke Medien und Gesellschaft
Freier Journalist in Hamburg. Liebste Arbeit: Interviews führen; übelste Arbeit: Interviews abtippen.
Flohwalzer-Virtuose. Erste selbstgekaufte Kassette: Roxette - "Tourism". Krautrock, afrikanischer Blues und Souljazz waren da noch fern. Schätzt "Handgemachte Musik", und hört natürlich trotzdem HipHop, Dub und Ambient.
Was für ein Typ! Was für ein Musiker! Tony Allen schätzte Interviews nicht besonders, er war währenddessen meist bekifft oder übellaunig. Vor gerade einmal zwei Monaten erlebte ich Letzteres bei einem Telefonat. Allen sprach nur das Nötigste über seine neue Platte, aber dann fielen Sätze, deren Lässigkeit ihm bewusst gewesen sein muss: "I don't practice. My mind is where I practice.«
Gute Trommler gibt es viele. Allen aber überschritt die Grenze von der Meisterschaft zur Magie. Sein atemberaubendes Zischeln, Trippeln und Ruckeln verflüssigte den Beat.
So schreibt es Jonathan Fischer in seinem Nachruf auf den am 30. April verstorbenen Nigerianer, der mit Afrobeat-Halbgott Fela Kuti bekannt wurde. Die taz analysiert den Stil des Mannes, der sich so viel von afroamerikanischen Jazzdrummern wie Art Blakey abschaute und doch einen völlig eigenständigen Stil erschuf, leise vor sich hin brodelnde Energie erzeugend, und dabei "über Minuten die Spannung am Kochen" halten.
Schöner noch beschreibt es Fischer:
Lässig ließ er seine Stöcke tanzen. Lächelte in sich gekehrt wie ein Zen-Meister. Und jonglierte die Polyrhythmen wie ein halbes Dutzend Gummibälle, die die unterschiedlichen Sounds in Endlosschleifen zusammenschnürten.
Allen, der die letzten 30 Jahre seines Lebens in Paris lebte, arbeitete gerne mit Leuten, deren Musik nicht wie seine eigene klang, mit Damon Albarn (Allens breites Grinsen nach 30 Sekunden!) oder Techno-DJ Jeff Mills, mit dem er vor zwei Jahren eine geniale Crossover-EP veröffentlichte.
Der Spiegel spricht von einem "sublimen Tanzbefehl" in Allens Musik, von einem "entspannten Spiel, immer auf dem Sprung". Tobi Müller sieht den Drummer als Beweis für die Hybridität des Pop des letzten Jahrhunderts:
Man kann schon von Wurzeln reden - Jazz, Yoruba, Funk, Disco - aber am Schluss steht kein klarer Stammbaum. Es ist, als wären Allens Wurzeln einfach in der Luft weiter gewachsen, von Westafrika über Los Angeles nach Paris, und dann in den Weltraum.
Bonus piq: die wohl einzige Take-Away-Show überhaupt mit einem siebenminütigen Drum-Solo-Set! Das durfte nur Tony Allen.
Quelle: Jonathan Fischer Bild: SZ sueddeutsche.de
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