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Tino Hanekamp war Journalist und Musikjournalist, hat in Hamburg zwei Musikclubs gegründet (Weltbühne, Uebel & Gefährlich), einen Roman geschrieben (‚So was von da‘) und unlängst ein Buch über Nick Cave ('... über Nick Cave'). Er lebt im Süden Mexikos.
Ach du Schreck, was ist denn jetzt schon wieder los?
Eine österreichische Kabarettistin gibt 2018 auf dem Höhepunkt der #MeToo-Welle in der WDR-Sendung ‚Mitternachtsspitzen‘ eine vierminütige Nummer, in der sie plump provokant und bewusst politisch unkorrekt rumätzt; es geht unter anderem um „Juden“ und „Geld“ und die „Erektion des schwarzen Glieds“ — man kann das blöde, übergriffig und geschmacklos finden (ist es, auch), muss es aber unbedingt im Zusammenhang hören bzw. sehen. Auf jeden Fall ist das alles sehr unangenehm und soll es auch sein. Dem Publikum bleibt das Lachen im Halse stechen, die Leute wissen gar nicht, wie sie gucken sollen, was da in ihnen aufbricht! Und genau darum geht's der Künstlerin, wie man unschwer sehen kann. Niemand regt sich auf. Erst zwei Jahre später wird die Nummer wieder ausgegraben, viele erkennen plötzlich Antisemitismus, es folgt der Shitstorm, dann wird Frau Eckhart von einem Hamburger Club ausgeladen, in dem sie im Rahmen eines Literaturfestivals lesen sollte, nur hat der Club Angst hat, dass ihm der Schwarze Block den Laden zerlegt, außerdem wollen die anderen Autorinnen und Autoren, die mit ihr hätten lesen sollen, eben das nicht, nicht mit der. (Schämt Euch!)
Große Debatte, Stichwort Cancel Culture.
Diese Debatte ist vor allem interessant, weil sie die Mechanismen offenlegt, die Hysterie, die Empörungssucht, die allgemeine Verwirrung. Und natürlich redet so gut wie niemand über Lisa Eckharts Kunst, es wird nur der Inhalt bewertet, und der ist, da sind sich viele einig, „menschenverachtend", also nicht gut. Was natürlich Quatsch ist, beides. Eckhart ist unbequem, arbeitet mit (zuweilen leider unnötigen) Tabubrüchen (eine weiße Frau, die über schwarze Schwänze witzelt, really?) und zielt mit vergifteten Pfeilen und eisigem Humor auf das, was sie den „Gutunmenschen“ nennt und hier wunderbar beschreibt. Arno Frank hat im ’Spiegel’ versucht, durch die Kunstfigur zum Menschen Lisa Eckhart und ihren Motivationen durchzudringen, was aber nicht geklappt hat, weil Lisa Eckhart zum Glück keine Lust hat, ihre Kunstfigur zu verraten.
Der besagte Hamburger Club hatte jedenfalls plötzlich Angst, und das Literaturfestival hat sie ausgeladen, wollte sie dann aber (ups!) doch wieder einladen, nur will Lisa Eckhart jetzt nicht mehr, und Dirk Peitz schreibt in seinem hier angepriesenen Kommentar auf Zeit Online trefflich über diese „Gespensterdebatte“ — denn (huch!) der schwarze Block hat ja gar nicht gedroht!
… eine neue Pressemitteilung des Veranstalters Nochtspeicher enthält nun eine kleine, aber nicht ganz unwesentliche Klarstellung der Ereignisse: Die Absage der Veranstaltung sei nach "besorgten Warnungen aus der Nachbarschaft (nicht, wie inzwischen kolportiert, 'Drohungen')" erfolgt. … Wenn es aber gar keine Drohungen des "'Schwarzen Blocks' der Antifa" (FAZ) gab, also keine "selbsternannten Scharfrichter" (Tagesspiegel) beilschwingend unterwegs waren, der "Protestmob" (Dieter Nuhr) nicht "auf der Straße" war, sondern womöglich in den Sommerferien weilt, dann haben wir es ja vielleicht wirklich mit einem "Gespenst" (Henryk M. Broder) zu tun. Das zum Beispiel aus der Anrufung vermeintlicher "Weimarer Verhältnisse" (Nikolaus Hansen) besteht, die als Schreckgespenst allerdings durch fast jeden apokalyptisch gestimmten politischen Diskurs in Deutschland geistern. Zumeist ohne näher definiert zu werden. Außer dass am Ende da irgendwie immer Hitler steht.
Ja ja … Man (also ich) würde sich nun wünschen, dass sich Frau Eckhart über all das freuen kann, immerhin hat sie diese Mechanismen so schön sichtbar gemacht, nur leidet sie aber natürlich ein bisschen darunter, dass es jetzt nur noch um diesen alten Auftritt geht, diese Lesungsabsage und ihren vermeintlichen Antisemitismus — und eben so gar nicht um ihre Kunst. In wenigen Tagen, am 17. August, erscheint ihr erster Roman. Er heißt ‚Omama‘, hier kann man reinlesen, und ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber das ist das Erfrischendste und Beste, was ich seit einiger Zeit in deutscher Sprache gelesen habe, eben auch, weil es so hart, klar, unbequem und eiskalt komisch ist. Bleibt nur zu hoffen, dass diese „Gespensterdebatte“ ihr die Aufmerksamkeit verschafft, die sie verdient, und sie nicht zur Persona non grata macht, als die sie viele sicher gerne sehen würden, um nicht zugeben zu müssen, dass sie sich hier vielleicht ein kleines bisschen vergaloppiert haben. Und für die andere Seite: "Cancel Culture" ist ein Symptom, nicht das Problem.
Quelle: Dirk Peitz Bild: Future Image/ima... www.zeit.de
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ist schon seltsam dass viele zwischen Figur und künstler:in nicht unterscheiden können. noch seltsamer dass jetzt bei einer Frau kritisiert wird was beispielsweise bei Ingo Appelt oder beim - wesentlich schlechterem - Erdogan-"Gedicht" von Böhmermann als "Satire darf alles" verteidigt wird.
Empörungskultur? Ein bisschen. Das Hauptproblem liegt meiner Ansicht nach eher in der heute öfters anzutreffenden Einstellung, sich husch husch einen schnipsel raus zu suchen - und nicht den ganzen Text den kontext.
Cancel Culture? Wird herbei geredet - ähnlich wie "Lügenpresse".
Der Veranstalter hier hat einen Riesen Fehler gemacht.
hat zb stark den Eindruck erweckt es gäbe tatsächlich echte Drohungen der radikalen Linken!
(um seine voraus eilende Besorgnis vor ein bisschen Gegenwind zu rechtfertigen?)
damit hat er sich und seiner branche, aber auch seiner Stadt und unsere DebattenKultur nebst politischen Landschaft sehr geschadet.
und statt dass das Thema der Diskussion wäre wird über Eckhardt und über angebliche Linksextremisten gesprochen!
Gespensterdebatte? Ach, Frau Eckhart bildet sich die Ausladung also nur ein? Und wieso überhaupt Gespensterdebatte in Anführungszeichen? Soll das ironische Distanzierung darstellen?