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Medien und Gesellschaft

Wann darf ich die Polizei beim Einsatz filmen? Und wann nicht?

Mohamed Amjahid
Buchautor und Journalist

Reporter, Kurator, Autor für deutsche und internationale Medien. Studium der Politikwissenschaft/Anthropologie. Themen: Weiße Mehrheitsgesellschaft, MENA, Autokratien, Kapitalismuskritik, Feminismus und kritische Theorie.

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Mohamed AmjahidMontag, 30.11.2020

In Frankreich versucht die Regierung gerade ein neues Gesetz durchzudrücken, dass das Dokumentieren von Polizeigewalt faktisch verbieten würde. Hintergrund sind Videos, die in der Vergangenheit vermehrt den Machtmissbrauch durch Polizist*innen zeigen. Da ist zu sehen, wie meist Geflüchtete, Schwarze und nordafrikanischstämmige Französ*innen niedergerungen, geschlagen, rassistisch beleidigt und entmenschlicht werden. Oft stellte sich heraus: Die Opfer hatten zuvor nichts getan oder lediglich eine Ordnungswidrigkeit begangen. Was für den Einsatz von unverhältnismäßiger Gewalt aber eine untergeordnete Rolle spielen sollte. Ohne die Videos wäre das Fehlverhalten der Beamt*innen nie ans Licht gekommen. Gegen das Gesetz demonstrierten am Wochenende Zehntausende Menschen in den großen Städten des Landes

Auf sozialen Medien tauchten in den vergangenen Tagen dementsprechende Debatten auf. Dass zum Beispiel die Videodokumentation von Polizeigewalt, die Spirale von Überwachung und Gegenüberwachung nur befördere. Die Videodokumentation also keine nachhaltige Lösung für das Polizeiproblem sei. Einige argumentierten sogar, man dürfe Polizist*innen gar nicht im Einsatz filmen. Deswegen, dachte ich, lohnt es sich nochmal auf die Regeln zu schauen, damit niemand in Schwierigkeiten kommt, nur weil er*sie das Richtige tun wollte. 

Grundsätzlich: Die Polizei darf (und sollte) bei Fehlverhalten gefilmt werden. Oft sind die entsprechenden Videos und Bilder die einzigen Beweise für einen möglichen Machtmissbrauch. Es sind Beweise, die für Journalist*innen und vor Gericht sehr wertvoll sein können. Dabei zu beachten ist allerdings, dass nicht jeder Einsatz uneingeschränkt gefilmt werden darf. Der Presserat schreibt: 

Das Fotografieren und Filmen polizeilicher Einsätze unterliegt grundsätzlich keinen rechtlichen Schranken. Auch Filmen und Fotografieren mehrerer oder einzelner Polizeibeamter ist bei Aufsehen erregenden Einsätzen im allgemeinen zulässig.

Es gibt also kein Gesetz, das explizit das Filmen von polizeilichen Einsätzen verbietet. Wichtig ist allerdings die Formulierung "Aufsehen erregende Einsätze", das gilt zum Beispiel nicht für eine Routine-Kontrolle im Straßenverkehr. In diesem Fall könnten sich die Beamt*innen auf das Kunsturhebergesetz berufen, wie einige Gerichte in der Vergangenheit schon bestätigt haben. Bedeutet: In Deutschland darf man nicht willkürlich Menschen (egal ob uniformiert oder nicht) filmen und diese Aufnahmen dann verbreiten. Falls also die Nachfrage kommt: Natürlich filmt man nicht, um es anschließend zu verbreiten. Auch gerne als Argument genutzt ist das "Recht am eigenen Wort": Gespräche, die nicht an die Öffentlichkeit gerichtet sind, bleiben somit gesetzlich geschützt. 

Falls Sie aber eine unverhältnismäßige Gewaltanwendung bei einem Einsatz beobachten, dürfen Sie filmen und diese Aufnahmen auch verbreiten (am besten über Journalist*innen). Bei der Videoaufnahme sollten Sie einen angemessenen Sicherheitsabstand einnehmen, sich nicht physisch oder verbal in den Einsatz einmischen, ihn gar behindern. Natürlich gibt es auch hier Grauzonen: Was ist eine unverhältnismäßige Gewaltanwendung? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort, das hängt an der Situation und am Kontext des Einsatzes. 

In der Vergangenheit baten Polizist*innen darum, dass Handys und Passwörter ausgehändigt werden sollen: Das müssen Sie in keinem Fall machen. Wird das Handy dennoch beschlagnahmt, sollten Sie vorher den Screenlock aktivieren und auf ein Protokoll bestehen, in dem festgehalten wird, dass Sie der Beschlagnahmung widersprechen. Sie können dann über ein Gericht klären lassen, ob die Beschlagnahmung zulässig war oder nicht. Für Journalist*innen (mit Presseausweis) gelten mehr Möglichkeiten, wenn sie ihrer journalistischen Arbeit zum Beispiel auf Demonstrationen nachgehen. Einen weiteren Überblick zum Thema bietet dieser Text

Wann darf ich die Polizei beim Einsatz filmen? Und wann nicht?

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Kommentare 1
  1. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor 4 Jahren

    Zur Lage in Frankreich gibt's auch auf unserer "Seite Eins" einen lesenswerten piq von Jannis Brühl. Er empfiehlt einen Beitrag von Nadia Pantel, die seit 2018 SZ-Korrespondentin in Paris ist https://www.piqd.de/se...

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