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Klima und Wandel

Klimaschutz á la FDP: „Was ist nur aus der stolzen liberalen Partei geworden?"

Ralph Diermann
Energiejournalist

Strom, Wärme und Mobilität – das sind meine Themen. Ich arbeite seit 2008 als freier Energiejournalist u.a. für die Süddeutsche Zeitung, Spiegel Online, die Neue Zürcher Zeitung, für Riffreporter sowie für einige Fachzeitschriften.

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Ralph DiermannDonnerstag, 21.03.2019

Als Anwalt von Marktwirtschaft und Liberalismus müsste die FDP ja eigentlich eine Menge Konstruktives zum Klimaschutz beitragen können. Die CO2-Bepreisung zum Beispiel: Warum steht die FDP nicht an der Spitze der Bewegung derer, die das fordern? Preise sind ein effizienter Mechanismus in der Marktwirtschaft – sie steuern, lassen aber alle Handlungsoptionen.

Ja, die FDP findet einen CO2-Preis prinzipiell schon gut. Aber unter einer Bedingung: Klimaschutz müsse so gestaltet sein, dass wir unseren Wohlstand und unsere Freiheit wahren, erklärte Parteichef Christian Lindner kürzlich. Da ist auch nichts gegen zu sagen, schreibt ZEIT-Redakteurin Petra Pinzler. Doch leider, so Pinzler, lautete Lindners nächster Satz: "Die Menschen sollen weiter Fleisch essen, Auto fahren und mit dem Flugzeug verreisen dürfen." Und das sei nun wiederum ziemlich traurig.

Lindner offenbart hier ein seltsames Verständnis von Freiheit. Denn individuelle Freiheit ist nicht zu haben ohne eine gesellschaftliche. Daraus folgt, dass Individuen Verantwortung übernehmen müssen – für Menschen in Regionen, die deutlich stärker von der Klimakrise betroffen sind, genauso wie für kommende Generationen.

Pinzler bietet eine interessante Erklärung für das Denken von Lindner und vieler anderer Politiker nicht nur aus der FDP an: Sie seien es gewohnt, dass alles Politische verhandel- und diskutierbar ist. Im Kern geht es beim Klimaschutz aber nicht um Politik, sondern um Naturwissenschaft. Deren Gesetze muss man akzeptieren. Das mache Lindner und andere hilflos. Sie reagierten darauf wie ein trotziges Kind, das sagt: Ich will aber weiter mit meinem Auto spielen.

Klimaschutz á la FDP: „Was ist nur aus der stolzen liberalen Partei geworden?"

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Kommentare 12
  1. Oliver Storz
    Oliver Storz · vor mehr als 5 Jahre

    Klimaschutz & FDP passt zusammen wie "Fisch & Fahrrad". "Der Markt soll entscheiden" war das Dauercredo, womit die FDP gegen jedes Gesetz zur Energieeinsparung argumentierte. So war sie gegen Flottenverbrauchs-Regelungen, gegen Glübirnenverbot und zuletzt für ein Aussetzen (!) der Energieeinsparverordnung. FDP-Vize & EU-Spitzenkandidatin Beer outete sich noch 2019 bei n-tv als Klimawandel-Zweiflerin, siehe https://bit.ly/2WvoyGs
    Wäre die FDP in mehreren Ländern an der Macht würden wir die +10 Grad beim Klimawandel bis 2100 (= 81 Jahre) sicherlich schaffen!

  2. Andreas P.
    Andreas P. · vor fast 6 Jahre

    Ich denke eher der Piqer hat ein seltsames Verhältnis zur Freiheit und nicht Herr Lindner:
    “Lindner offenbart hier ein seltsames Verständnis von Freiheit. Denn individuelle Freiheit ist nicht zu haben ohne eine gesellschaftliche. Und das bedeutet, Verantwortung zu übernehmen – für Menschen in Regionen, die deutlich stärker von der Klimakrise betroffen sind genauso wie für kommende Generationen.”

    Was Freiheit bedeutet steht in Art. 2 Abs.1 GG:
    “(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.”

    Freiheit ist immer und ausschließlich individuelle Freiheit. Beschränkbar nicht durch totalitäre kollektive Phantasien oder als Naturgesetz getarnte wissenschaftliche Meinungen, egal, ob sie zutreffen oder nicht. “Jeder” im Sinne des Grundgesetzes ist das einzelne Individuum und nicht eine Gesamtheit. Ich würde mich sehr freuen, wenn die FDP oder sonst eine Partei den Zustand der Freiheit im Sinne des Grundgesetzes ernsthaft anstreben würde: Die Abwesenheit von einschränkenden Regeln und Gesetzen, insbesondere von solchen die irgendeiner Ideologie folgen, sei es Nationalsozialismuss, Kommunismus, Religion, Klimaschutz oder sonst eine Welt rettende Heilslehre, die nach Meinung mancher für alle gelten soll.

    1. Veit Nottebaum
      Veit Nottebaum · vor fast 6 Jahre

      Genau! "[...] soweit er nicht die Rechte anderer verletzt [...]". Der anthropogen verursachte Klimawandel und die anhaltende Vermeidung effektiver Gegenmaßnahmen haben ja durchaus das Potenzial die "freie Entfaltung seiner Persönlichkeit" einer nächsten Generation zu beeinträchtigen. Diese politische Erkenntnis verbunden mit entsprechender Weitsicht würde ich ggf. mit einer Wählerstimme belohnen...

    2. Andreas P.
      Andreas P. · vor fast 6 Jahre

      @Veit Nottebaum Ein “anderer” im Sinne der Grundrechte ist selbe wie “jeder”. Also nach dem Bundesverfassungsgericht “das einzelne Leben, nicht nur [...] menschliches Leben allgemein.” Das einzelne Leben beginnt frühestens mit Empfängnis, jedenfalls 14 Tage nach Empfängnis. Die nächste Generation ist für die zitierte Schranke des Art. 2 schlicht irellevant.

    3. Veit Nottebaum
      Veit Nottebaum · vor fast 6 Jahre

      @Andreas P. Das ändert aber nichts an meiner Einstellung dazu. Bin ich jetzt Verfassungsfeind? :P

    4. Andreas P.
      Andreas P. · vor fast 6 Jahre

      @Veit Nottebaum Ob Sie ein Verfassungsfeind sind, können Sie anhand des Begriffs der Freiheitlich demokratische Grundordnung selbst prüfen.
      Das Bundesverfassungsgericht hat ihn präzisiert:
      "Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 21 II GG ist eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition."
      Wenn Sie der Meinung sind, der Klimaschutz ist so wichtig, dass all diese Individualrechte dahinter zurücktreten und Klimaschutz unbedingt und ohne Rücksicht darauf durchgesetzt werden muss, dann wären Sie ein Verfassungsfeind.

    5. Philip Hilgers
      Philip Hilgers · vor fast 6 Jahre

      @Andreas P. Herr P., die Kinder die hinter der fridays@future stehen, sehen sich berechtigter Weise als die nächste Generation, die von den Handlungen dieser Generation negativ beeinflusst werden. Diese Kinder haben den Zeitpunkt der Empfängnis eindeutig überschritten. Pikanter Weise zeigt sich Herr Lindner in diesem Fall als ein Gegner der persönlichen Freiheit: Die Schulpflicht, und damit die Einschränkung der Freiheit der Erziehungsberechtigten, über die Entwicklung ihrer Kinder zu entscheiden, scheint für ihn von höherer Bedeutung zu sein, als das Recht auf politische Meinungsäußerung der Kinder. Unabhängig von diesen Kindern weise ich daraufhin, dass alle Bürger bereits heute schon betroffen sind von den Folgen des Klimawandels, wie z.Bsp. Zunahme von Extrem-Wetterlagen.

      Das einzige Argument, das ich mir vorstellen könnte, wäre, wenn die Freiheit einzelne, Flugreisen zu unternehmen, eingeschränkt würde, obwohl die globale Erwärmung überhaupt nicht auf den Einfluss des Menschen zurückzuführen ist. Die Klimaforscher der UN haben letztes Jahr die Wahrscheinlichkeit dafür von 90 auf 95% angehoben, ich denke das ist ausreichend sicher. Schließlich: selbst wenn der Schutz der nächsten Generation im Grundgesetz nicht vorgesehen wäre, würde es auch darum gehen, den Text im Geiste des Grundgesetzes zu interpretieren. Ich bezweifle, dass sich die Eltern des Grundgesetztes des Zeitalters des Anthropozäns und der Zunahme generationsübergreifender Auswirkungen menschlicher Entscheidungen bewusst waren.

    6. Ralph Diermann
      Ralph Diermann · vor fast 6 Jahre

      Im Gegensatz zu Ideologien und Religionen leitet sich die Notwendigkeit des Klimaschutzes aus naturwissenschaftlichen Gegebenheiten ab. Die wir zwar noch nicht zu hundert Prozent verstanden haben - aber doch weit genug, um daraus Schlüsse ziehen zu können.

    7. Andreas P.
      Andreas P. · vor fast 6 Jahre

      @Ralph Diermann Und wo ist jetzt der Unterschied zum Kommunismus und zum Nationalsozialismus?
      1. Karl Marx argumentiert strukturidentisch: „welche aus den Naturgesetzen der kapitalistischen Produktion entspringen. Es handelt sich um diese Gesetze selbst.“
      (Das Kapital. Band I, S. 12).
      2. Die Nürnberger Rassengesetze wurden im wesentlichen mit Verweis auf die Naturgesetze gerechtfertigt.

      Genau vor solcher Argumentation sollen Freiheitsrechte schützen.

    8. Veit Nottebaum
      Veit Nottebaum · vor fast 6 Jahre

      @Andreas P. Herr P., Sie beziehen diese politischen Anwendungen des Begriffs "Naturgesetz" auf den Klimawandelkomplex. Das ist argumentativ die falsche Denkrichtung. Marx verbildlicht diesen Begriff in seinem Bezug auf den Kapitalismus. Der NS missbraucht ihn. Naturgesetze liegen zu Grunde, alles andere baut auf ihnen auf. Lassen Sie uns bei der Sache bleiben!

    9. Werner Müller
      Werner Müller · vor fast 6 Jahre

      Leber Herr P.,
      ich denke, der zentrale Fehler ihrer Sichtweise besteht darin, dass Sie Klimaschutz mit Ideologien gleichsetzen.
      Das passt nicht.

  3. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor fast 6 Jahre

    Stimme nicht ganz überein. Auch beim Klimaschutz geht es um Politik. Die Physik gibt nur einen Rahmen vor. Es ist immer eine Wertentscheidung. Ich kann auch hergehn und sagen "Nach mir die Sintflut!". Kann ich machen.

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