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Kopf und Körper

Was die Zahl der Spermien über Fruchtbarkeit sagt – und was nicht

Silke Jäger
Freie Medizinjournalistin

Ich lebe in Marburg und schreibe über Gesundheit und Gesundheitspolitik.

Zum Kurator'innen-Profil
Silke JägerSonntag, 06.06.2021

Es gilt als Gewissheit: Die Zahl der Spermien nimmt ab. Ebenso gewiss: Das ist ein Grund zur Sorge. Denn schwindende Spermienzahlen können nur eins bedeuten: Die Zukunft der Menschheit ist in Gefahr, wenn das so weitergeht.

Doch ganz so sicher ist das gar nicht.

Allein ein Blick auf die Norm zeigt, dass es komplexer ist. Als normale Spermienzahl gilt irgendwas zwischen 15 und 250 Millionen Zellen pro Milliliter Ejakulat. Männer produzieren zwischen zwei und fünf Milliliter Samen pro Ejakulat, geben also sehr unterschiedlich viele Spermien pro Samenerguss ab. Niemand weiß, was das sein soll, eine optimale Spermienzahl. Allein von der Zahl der Spermien lässt sich nicht ableiten, ob es am Mann liegt, wenn ein Paar Schwierigkeiten hat, Kinder zu zeugen. Deswegen zählt außerdem, wie sich die Spermien bewegen und wie sie geformt sind. Aber selbst diese Analyse greift zu kurz – auch weil das Analyseverfahren offenbar überholt ist.

The main qualities of sperm that infertility specialists look at nowadays — how many, what shape and how they swim — have not changed in the past 40 years, said Dr. Abraham Morgentaler, a urologist and founder of Men’s Health Boston.

Dr. Morgentaler, who worked at a semen analysis lab at Beth Israel Deaconess Medical Center in the 1980s, attributes this stagnation to the rise of I.V.F. and other reproductive technologies, which have become frontline treatments for almost any male factor fertility problem. “It almost doesn’t even matter what’s wrong with the sperm,” he said.

Dabei sind sich alle Expert:innen einig: Männliche Fruchtbarkeit spielt eine große Rolle. In mindestens der Hälfte der Fälle von Unfruchtbarkeit bei Paaren liegt es am Mann. Doch Frauen bekommen traditionell mehr Aufmerksamkeit, wenn sich der Wunsch nach einem Kind nicht erfüllt – im positiven und negativen Sinn. Sie schultern nicht nur die Prozedur bei künstlicher Befruchtung, sondern tragen auch mehr Verantwortung dafür, wenn es – mit oder ohne IVF – nicht klappt.

Auch deshalb war man froh, ein Kriterium zu haben, mit dem sich die männliche Fruchtbarkeit messen lässt. So ließ sich die Rolle der Männer leichter abbilden: je weniger Spermien desto größer das Problem. Doch eine neue Arbeit betont, dass gar nicht bekannt ist, wie viele Spermien Männer vor 1970 "normalerweise" produzierten.

Außerdem ist es nur eine Momentaufnahme, wenn die Spermienzahl in einem Ejakulat gezählt wird. Möglicherweise schwankt die Zahl der Spermien im Jahresverlauf und in Populationen und folgt bislang unbekannten Rhythmen und Gesetzmäßigkeiten, die ebenfalls einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben.

Das soll aber nicht heißen, dass die Spermienzahl keine Rolle spielt. Der Text macht lediglich klar, dass es nicht so einfach ist und dass die Rolle der Männer bei Kinderlosigkeit noch nicht gut verstanden ist. Auch weil es zu wenig Anstrengungen gibt, sie besser zu verstehen.

Dr. Richardson agreed that the impact of reproductive toxins on fertility deserved further investigation. “To say that we think these are alarmist and apocalyptic claims, and they’re not well founded, is not to say that we think it isn’t an important research agenda,” she said. “There is a need to center on men’s reproductive health and understand their bodies as reproductive and as porous to the environment as anyone’s bodies.”

Was die Zahl der Spermien über Fruchtbarkeit sagt – und was nicht

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Kommentare 2
  1. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor mehr als 3 Jahre

    Sehr interessant, man hört ja immer wieder, dass Umwelteinflüsse etc schuld daran sind, dass Männer weniger Spermien produzieren. Smartphones in der Hosentasche! Das sind so die Gerüchte, die mir aus dem Stand einfallen. Danke für den einordnenden Text!

  2. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

    Da hat die Menschheit ja vielleicht noch mal Glück gehabt. Eine Apokalypse weniger?
    Siehe auch hier:
    https://www.welt.de/ge...

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