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Kurator'in für: Fundstücke Kopf und Körper Klima und Wandel
Ich bin in Singen am Hohentwiel geboren und lebe in Potsdam. Schreibe Radiofeature für den Deutschlandfunk und für die Sender der ARD. Bin Mitgründer des Bremer Hörkinos. Seit nun fast 19 Jahren stellen wir in Bremen ein Radiofeature der Öffentlichkeit vor.
www.bremer-hoerkino.de
„Mein Name ist Joschi Frank, bin 68 Jahre alt und Direktor eines kleinen Zirkus und zwar Mitmachzirkus für Kinder. Ich hatte einen Herzinfarkt, war im Krankenhaus, nur die Krankenhausrechnung konnte ich nicht bezahlen. Und der Gerichtsvollzieher war schon da gewesen und wollte einen Haufen Geld haben, das sollte ich alles selber bezahlen. Und irgendwo muss ich auch die Medikamente bekommen. Und auch zu den Ärzten gehen. Wie soll ich das bezahlen? Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll.“
Eine Geschichte, die es in unserem Sozialstaat eigentlich nicht geben dürfte. So beginnt die über 20-minütige BR-Fernsehreportage von „Kontrovers“. Eigentlich besteht für alle Menschen mit Wohnsitz in Deutschland eine Krankenversicherungspflicht. Etwa 87 Prozent der Bevölkerung, das sind ungefähr 70 Millionen Menschen, sind in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert. Rund elf Prozent privat. Es gibt etwa 80.000 Menschen, die in Deutschland keinen ausreichenden Versicherungsschutz haben, laut statistischem Bundesamt. In Wirklichkeit seien es aber Hunderttausende, berichten Obdachlosenhilfen, christliche Hilfsorganisationen oder auch die Initiative „Ärzte der Welt“.
Seit einem Jahr gibt es kaum noch Möglichkeiten für den Zirkus Geld zu verdienen. Sie leben mehr schlecht als recht von Spenden. Unverschuldet ist der Zirkus in Not geraten. Doch unabhängig von der Pandemie: Seit über zehn Jahren kann Joschi Frank als kleiner Selbstständiger die Krankenversicherungsbeiträge nicht bezahlen. Auf die wachsenden Schulden muss er gigantische Zinsen bezahlen. Die Beitragsschuld an die AOK beträgt Ende 2020 über 200.000 Euro. Als der Zirkusdirektor an Weihnachten 2019 einen Herzinfarkt erlitt, erzählte er dem Krankenhaus, dass seine Krankenversicherung ruht. Grotesk. Eigentlich sollte man nach einem Herzinfarkt Ruhe haben, sich entspannen, um wieder einigermaßen gesund zu werden. Stattdessen bekommt er eine Rechnung von rund 5800 Euro vom Krankenhaus serviert und kriegt Besuch vom Gerichtsvollzieher. Und das Geld für Medikamente, die er dringend braucht, hat er natürlich auch nicht.
"Die haben immer eine teuere Rechnung geschickt, ging von Monat zu Monat immer höher, zum Schluss waren es 800 oder 850 Euro pro Monat. Wer soll das zusammenkriegen? Das verdiene ich gar nicht. (...) Schlafen kann ich nicht. Man denkt nur nach, wie man da wieder rauskommt. Mehr kann man nicht machen."
Joschi und Sonja Frank waren überfordert, mit der Krankenkasse zu kommunizieren. Und die AOK hat es geschehen lassen, sind nicht aktiv geworden, um mit den Franks eine Lösung zu suchen. Sie ließ die Familie einfach in die Schulden laufen.
Die Reportage berührt, ohne Mitleid zu erheischen. Die Geschichte wird sensibel erzählt. Von einem empathischen Reporter, der mit den Franks nach Lösungswegen sucht. Auf die Lücken im Gesetz hinweist. Die Reportage lebt von Sonja und Joschi Frank. Sie erzählen ungeschminkt. Aufrichtig.
Familie Frank ist überhaupt keine Ausnahme. Es gibt viele, die von der Krankenversicherung ausgeschlossen sind. Flüchtlinge. Obdachlose. Menschen bspw. aus Osteuropa, die hier arbeiten und diese Republik mit ihrer Arbeit reicher machen. Im Augenblick spitzt sich die Lage eher noch zu: Selbstständige, die während der Pandemie nicht arbeiten können, keiner Geschäftstätigkeit mehr nachkommen können, bekommen zum Teil Schwierigkeiten mit ihrer Krankenversicherung, weil sie ihre Beiträge nicht mehr bezahlen können.
Erst wenn die Franks die Beitragsschuld von 200.000 Euro an die AOK beglichen hat, sind sie wieder vollversichert. Derzeit können sie nur Notfallhilfe in Anspruch nehmen. Notwendig wäre eine Politik mit klaren Regeln, damit auch wirklich jeder Mensch, der in Deutschland lebt, krankenversichert ist. So wie es 2006 die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt von der SPD im Bundestag versprochen hat:
"Das ist einer der Punkte, worüber ich besonders froh bin, dass in Zukunft in Deutschland niemand mehr ohne Krankenversicherungsschutz bleiben muss. Das ist eine der wichtigen sozialpolitischen Errungenschaften, die wir hier mit dem Gesetz auf den Weg bringen und ich kann nur sagen: Viele Menschen warten darauf!""
Quelle: Ulrich Hagmann www.ardmediathek.de
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Ich fand den Beitrag auch erschütternd. Du beschreibst einen Umstand sehr treffend, bei dem die AOK wirklich versagt hat: "Joschi und Sonja Frank waren überfordert, mit der Krankenkasse zu kommunizieren." Dass den Sachbearbeitenden beim wachsenden und quasi unbezahlbar werdenden Schuldenberg keinen anderen Weg finden, als weiter Rechnungen zu schicken ist wirklich traurig. Erst mit dem entsprechenden Beistand Außenstehender kommt es zu einem gegenseitigen Verständnis.