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Fundstücke

Ehe als goldener Käfig

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteSonntag, 16.07.2023

Die diesjährige mediale Sommerlücke wird dank Herrn Klingbeil unter anderem mit dem Thema Ehegattensplitting gekittet. Was auf den ersten Ton progressiv klingt, entpuppt sich aber schnell als Beitrag zur Festigung patriarchaler Strukturen. Denn mit dieser spontihaften Debatte wurde bisher vor allem eines erreicht: Eine seriöse und auf fortschrittliche Veränderungen zielende Debatte zu diesem Thema ist bis auf Weiteres nicht möglich. Wobei ich keineswegs behaupten will, dass Herr Klingbeil mit seinem Einwurf eine Strategie verfolgt hätte. Das erscheint mir dann doch etwas zu abwegig.

Dabei verdient das Thema Ehegattensplitting eine seriöse Debatte. Warum? Das erklärt Emilia Roig in ihrem Essay in der taz. Selten habe ich eine so klare, kluge und überzeugende Argumentation für eine Abschaffung des Ehegattensplittings und selbstverständlich auch für eine Abschaffung der Ehe (jedenfalls in der heutigen Form) gelesen, wie die von Emilia Roig. Mehr will ich dazu auch gar nicht schreiben. Außer, dass Emilia Roig noch einmal daran erinnert, wie demütigend entmündigt Ehefrauen bis weit in die 1970er-Jahre hinein in der Bundesrepublik gehalten wurden – also in der Zeit, der die #noAfD so nachtrauert (mensch könnte die damalige Ehepraxis auch gut und gerne als unbefristeten Prostitiutionsfestanstellungsvertrag beschreiben). Aber lest einfach selbst. Es lohnt sich!

Ehe als goldener Käfig

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Kommentare 9
  1. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor mehr als ein Jahr

    Ich schätze Emilia Roig sehr, finde es das Ehegattensplitting in seiner heutigen Form auch nicht gut. In meiner Idealvorstellung gäbe es für Paare - oder vielleicht auch miteinander lebende Freunde - dennoch die Möglichkeit, dass einer weniger verdienen darf als der andere und dass das mit Entlastungen verbunden ist. Mein Mann verdient deutlich weniger als ich und wenn es das Splitting nicht geben würde, könnte er den Beruf, den er liebt, nicht ausüben, weil es finanziell nicht reichen würde…

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      Klar, deine Argumentation kann ich natürlich nachvollziehen. Aber bei der Forderung nach dem Ende des Ehegattensplitting geht es ja nicht nur darum, das Splitting zu streichen. Das muss natürlich ergänzt werden um ein neues und solche Lagen, wie du sie beschreibst, berücksichtigendes Einkommensteuermodell. In den skandinavischen Ländern gibt es ja entsprechende Modelle. Ein einfaches Streichen ist natürlich keine Lösung. Aber dieser zusätzliche Aspekt wird in der bundesdeutschen Debatte (die ja schon längst wieder abgeklungen ist) – wie sollte es anders sein bei der hiesigen Debattenkultur, ist mensch geneigt zu sagen – ausgeblendet.

  2. Dennis Schmolk
    Dennis Schmolk · vor mehr als ein Jahr

    Prinzipiell stimme ich der Forderung zu, dieses Modell mit Ehe, Privilegien klassischer Konstellationen etc. abzuschaffen.

    Die Argumentation überzeugt mich auf Theorieseite aber nur bedingt. Wie hier auch schon in den Kommentaren aufkam, sind die Instrumente zumindest in ihrem Design "neutral". Empirisch kommt die Ungleichheit eher daher, dass Paare immer wieder a) Kinder bekommen und b) dann das klassische Modell der Zeitaufteilung (Voll-/Teilzeit, Elternzeit etc.) wählen. Mich stört auch die Gleichsetzung von "Frau" und "Mutter" - wer keine Kinder bekommt, ist von all den kritisierten Mechanismen kaum oder nicht betroffen, und Kinderkriegen ist kein unausweichlicher Lebensschritt.

    Insgesamt finde ich diskussionswürdiger, dass (materielle) Privilegien der Ehe stattdessen Privilegien von Eltern sein sollten. Wieso erhalten geplant kinderfreie Ehen (ob hetero- oder homosexuell) Steuervorteile? Würde man Vorteile an den Nachwuchs statt an den Ehestand knüpfen, könnten dadurch auch z.B. polyamouröse Konstrukte, Erziehung durch Kollektive, Geschiedene/Alleinerziehende angemessener unterstützt werden. Ehe könnte dann ein rein privates Initiationsritual für diejenigen sein, die das möchten.

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      Dann bin ich jetzt aber gespannt auf die theoretische Ableitung, wieso ein angeblich neutrales Instrument kontinuierlich zu den immer gleichen Ungleichheiten führt.

    2. Dennis Schmolk
      Dennis Schmolk · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Das hab ich ja danach zu skizzieren versucht - die Instrumente sind asymmetrisch, aber nicht per se vergeschlechtlicht. Da braucht man noch weitere (kulturelle) Annahmen dazu, und die würde ich in "Idealbildern" (heteronormative "Normalbiographien" und Rollenvorstellungen) verorten. Empirisch gibt es jede Menge Gründe (Gender-Unterschiede im Heiratsalter, im Alter beim ersten Kind, im Einkommen und Vermögen vor Ehe/Kind, ...).

      Die Frage ist ja, wie man dem beikommt. Keine Ahnung, ob das durch symmetrischere Instrumente geht (und das kommt sicherlich auch auf deren Design an). Sicherlich geht es nicht ohne Korrektur auch an den Leitbildern, und die sind nach wie vor ziemlich stark.

    3. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als ein Jahr

      @Dennis Schmolk Na ja, ich glaube, es reicht in die europäischen Nachbarländer zu schauen. Da läuft es anders und besser. Schon lange. Diese Scheindiskussionen können wir uns also getrost sparen.

    4. Dennis Schmolk
      Dennis Schmolk · vor mehr als ein Jahr

      @Jürgen Klute Ich kam leider erst jetzt dazu, da mal näher zu recherchieren. Ich hab mir mal diesen Bericht Güterstände/Equality Index angeguckt: https://www.gleichstel... - der Bericht unterscheidet Partizipationsmodelle (wie unsere Zugewinngemeinschaft) und Errungenschaftsmodelle. Theoretisch wird argumentiert, dass die Errungenschaftsgemeinschaften "besser" für Gleichstellung sein müssten; empirisch scheint das aber nicht der Fall zu sein: Die auch von dir genannten Nachbarländer, in denen wir mehr Gleichheit verorten und die einen höheren Gender Equality Index haben, bauen (bis auf die Niederlande) ebenfalls auf Partizipationsmodellen auf. Wie genau in diesen Ländern die Anreize für partnerschaftliche Arbeitsteilung beschaffen sind, habe ich auf die Schnelle nicht rausgekriegt.

      Meine Hypothese bleibt daher erstmal, dass die institutionellen Rahmenbedingungen (jedenfalls was Güterstand angeht) nicht den größten Einfluss haben. Wie gesagt, den würde ich eher in kulturellen Zuschreibungen (z.B. Akzeptanz von Ganztagsbetreuung o.ä.) sehen.

  3. Josef König
    Josef König · vor mehr als ein Jahr

    Moin, mich überzeugt sie nicht, weil nur sie zum Teil den Sinn des Ehegattensplittings verstanden hat. Dieses fördert Ehe und Familie mit Steuernachlass. Wer verheiratet ist, bezahlt weniger Steuern, und das gilt insbesondere für Familien, die vom Steuersplitting entlastet werden. Es ist dem Staat egal, wer von beiden Ehepartnern welche Steuerklasse wählt, und am Ende ist es tatsächlich egal, weil beim Lohnsteuerausgleich bzw dem Einkommensteuerausgleich Steuerklassen gar keine Rolle mehr spielen. Da wird nur das gesamte Haushaltseinkommen berücksichtigt.

    Als ich studierte und nur wenig dazu verdiente, war meine Frau für das meiste Einkommen verantwortlich und hatte selbstverständlich die Steuerklasse 3 und ich 5. Als wir beide etwa gleich verdienten, hatten wir beide 4. wir hatten nie Streit bei Geldausgaben. Das zeigt, dass der Staat sich zurecht nicht in die interne Verteilung des Einkommens von Ehepartnern einmischt. Und das gilt heutzutage erst recht, wo zumeist beide Ehepartner arbeiten.

    Der Beitrag von Frau Roig ist nichts anderes als eine billige, hasserfüllte Polemik gegen Ehe und Familie, und er zeigt, dass sie vom Steuerrecht und Aufgaben des Staates kaum etwas versteht.

  4. Hermann J. F. König
    Hermann J. F. König · vor mehr als ein Jahr

    Danke, Herr Klute, dass Sie den Artikel von Emilia Roig aufgegriffen haben; alles sehr stimmig. Hatte übrigens schon ihr Buch "Das Ender der Ehe" gelesen mit dem Untertitel "Für eine Revolution der Liebe"; sehr zu empfehlen.

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