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Ukrainische Landwirtschaft im Krieg und danach - wohin geht sie?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlDienstag, 11.06.2024

„Commons“ ist eine linke gesellschaftskritische ukrainische Zeitung für Wirtschaft, Politik, Geschichte und Kultur, die 2009 gegründet wurde. Sie unterscheidet sich nach eigenen Aussagen von anderen ukrainischen Medien durch den Blick auf die strukturellen Ursachen sozialer Probleme sowie durch ihr materialistisches Herangehen. Die Redaktion vertritt demnach antikapitalistische Positionen.

Der hier empfohlene Artikel gibt Antworten auf Fragen, wie es um den Zustand der Landwirtschaft während des Krieges in der Ukraine steht, was die Auswirkungen einer Landreform auf die Zukunft des Landes waren und sein könnten und wie ein sozial-ökologischer Ansatz für die Landwirtschaft nach dem Krieg gestaltet werden sollte? Weitgehend ausgewogene, bedenkenswerte und interessante Antworten gibt

… Dr. Natalia Mamonova - leitende Forscherin bei RURALIS, ein Institut für ländliche und regionale Forschung in Norwegen und Mitautorin einer Studie "Ukrainische Landwirtschaft in Kriegszeiten: Resilienz, Reformen und Märkte", die vom Transnational Institute (TNI) veröffentlicht wurde.

Man lernt viel über die ukrainische Politik und über ihre Landwirtschaft. Demzufolge  hat die ukrainischen Landwirtschaft eine "bimodale landwirtschaftliche Struktur", in der große Agrarunternehmen und kleine Bauernhöfe nicht direkt um Land und Märkte konkurrieren. so dass sie jahrelang koexistieren können.

Es gibt eine große Agrarindustrie, die sich in erster Linie auf die Produktion von Getreide für den Export orientiert. Es kultiviert etwa 50% aller Ackerland und produziert die Hälfte der inländischen Bruttolandwirtschaftsproduktion. Die andere Hälfte wird von Familienbauern und ländlichen Haushalten produziert, die die restlichen 50% des Landes bewirtschaften. Familienbauern und ländliche Haushalte produzieren 95% Kartoffeln, 85% Gemüse, 80% Obst und Beeren, etwa 75% Milch und mehr als 35% Fleisch für den persönlichen Verzehr und Verkauf auf den heimischen Märkten. 

Zunehmend versuchen nun die Familienbetriebe auch in den Getreideexport einzusteigen. Wobei es hier schwer ist, mit der großen Agrarindustrie zu konkurrieren. 

Diese zweiteilige landwirtschaftliche Struktur entstand nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion durch eine Landreform. Diese sollte das ehemals kollektivierte Land an die ländliche Bevölkerung verteilen, um eine private Landwirtschaft zu ermöglichen. 

Die Reform scheiterte weitgehend, und das Land verblieb in reorganisierten Kollektiven, die sich später in moderne Industriebetriebe und Agrarholdings verwandelten. Das 20-jährige Moratorium für Landverkäufe sicherte aber den ukrainischen Dorfbewohnern die Rechte an Land, die das verteilte Land für wenig Geld oder für Naturalien an die Agrarindustrie verpachteten, während sie selbst ihre Grundstücke an den Höfen weiter bewirtschafteten.

Das hat in der Ukraine ein direktes „Land Grabbing“ und eine direkte Enteignung von Kleinbauern blockiert. Aber "die Agrarindustrie" kontrolliert die Wertschöpfungskette der Agrar- und Ernährungswirtschaft und erhält auch die meisten Agrarsubventionen. Damit sind die Familienbetriebe behindert, sich effektiver zu entwickeln.

Einen weiteren Grund für die Koexistenz von Groß und Klein sei der weit verbreitete Glaube, dass „groß schön ist“. 

Dieser Glaube ist zum Teil in der sowjetischen Geschichte verwurzelt, zum Teil wurde er von der neoliberalen kapitalistischen Ordnung aufgezwungen, die das Großkapital sowohl strukturell als auch ideologisch begünstigt. Dieser Glaube hat sich in den Köpfen der ukrainischen Politiker festgesetzt und wurde von den Agroholdings über viele Jahre hinweg propagiert. Dadurch wurde die Ukraine zum weltweit führenden Getreideexporteur. 

Vor dem Krieg machte der Agrarsektor sehr gewichtige 45% der ukrainischen Exporteinnahmen aus. Ob das mit einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft auch zu erreichen wäre, halte ich allerdings für fraglich.

Sicher hat der Ukraine-Krieg die systemische Anfälligkeit der globalisierten (angeblich neoliberalen) Landwirtschaft gezeigt, die durch eine enge Spezialisierung, die Abhängigkeit vom internationalen Handel und eine angeblich extreme Abhängigkeit von nur wenigen Grundnahrungsmitteln für die meisten Menschen gekennzeichnet sei.

Die exportorientierte ukrainische Landwirtschaft war in den ersten Monaten des Krieges lahmgelegt. Entlang der ukrainischen Grenzen türmten sich Berge von Getreide, als die Schwarzmeerhäfen von der russischen Marine blockiert waren und die Landwege nicht ausreichten, um das gesamte Getreide zu transportieren. Darüber hinaus wurden die Lieferungen von Treibstoff und Düngemitteln gestoppt, die zuvor aus Russland und Weißrussland importiert worden waren. Und natürlich bombardiert Russland weiterhin landwirtschaftliche Felder, zerstört landwirtschaftliche Einrichtungen und Infrastruktur. Die Liste der Zerstörungen ist endlos! 

Sicher erscheint auch, das es für eine große und komplexe Agrarindustrie zunächst schwerer ist sich schnell an die Erschütterungen und Herausforderungen eines Krieges anzupassen.

Familienbetriebe und ländliche Haushalte, die sich außerhalb der aktiven Kampfgebiete befanden, konnten sich dagegen relativ schnell anpassen und Nahrungsmittel produzieren, um sich selbst, ihre Gemeinden, die Armee und die Menschen in der Ukraine zu ernähren.

Was wiederum kein Grund sein kann, die Welt zukünftig auf kleinbäuerliche Betriebe umzustellen. Und so formuliert Natalia Mamonova:

Ich denke nicht, dass wir versuchen sollten, die großindustrielle Landwirtschaft in der Ukraine in ihrem Kern zu beseitigen. Das wäre zu extrem und unrealistisch. Erstens generiert die Agrarindustrie Haushaltseinnahmen, die für den Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg benötigt werden (vor dem Krieg machte der Agrarsektor 45 % der Exporterlöse aus). Zwar gibt es auch genug Fälle von Steuerhinterziehung im großen Stil durch die Agrarindustrie, aber wir dürfen die Bedeutung des Großkapitals für die Wirtschaft der Ukraine nicht unterschätzen. Zweitens ist die Welt auf das Getreide aus der Ukraine angewiesen, und unser Land hat das Land, das geeignete Klima und die Ressourcen, um die „Kornkammer der Welt“ zu bleiben. Ich denke jedoch, dass es wichtig ist, großen Unternehmen mehr Beschränkungen aufzuerlegen, einschließlich Umweltauflagen, und die Agrarwirtschaft transparenter zu machen. Es ist auch wichtig, dass die ukrainische Regierung die Prioritäten in ihrer Agrarpolitik von einem „big is beautiful“-Ansatz auf die Unterstützung von Familienbetrieben und ländlichen Haushalten verlagert. 

Das ist m.E. ein diskussionswürdiger Ansatz. Auch wenn ich nicht glaube, das sich die Welt ernsthaft von einer globalisierten, exportorientierten Landwirtschaft abwenden wird. Was aber diversifizierte Lieferketten nicht ausschließt. Ein großer Weltkrieg könnte natürlich auch das zerstören und den Hunger in der Welt wieder überall allgemein machen.

Ukrainische Landwirtschaft im Krieg und danach - wohin geht sie?

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Kommentare 12
  1. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor 7 Monaten

    Der Zeitschriftentitel Спільне (UKR) steht für „Gemeinsam“. Ein Partner bzw. Sponsor ist die Rosa-Luxemburg-Stiftung in der Ukraine: https://commons.com.ua... Danke für die Empfehlung – Informationen zum aktuellen Stand der Landreform hatte ich, anders als zu vielen bereits bekannten Punkten, noch nicht.

    Einige Gedanken zu dem Artikel.

    Die Produktivität der Bauernhöfe zu Sowjetzeiten (nicht nur gemessen am physischen Hektar- sondern vor allem am finanziellen Ertrag) war in der Tat höher. Die privat bewirtschafteten Ländereien und Viehzucht (in der Amtssprache als „subsidiäre Wirtschaften“ bezeichnet) waren ein großer Anreiz, alle Kraft dafür aufzubringen, anstelle „für den Staat“ – egal, ob es ein staatlicher Sowchos oder ein Kolchos als Genossenschaft war – zu arbeiten.

    Die Produkte waren allgemein von hoher Qualität und erzielten auf dem Bauernmarkt gute Preise. Hinzu kam, dass frisches Fleisch und Obst im staatlichen Einzelhandel kaum zu bekommen war, ausgenommen die Metropolen der „höheren Versorgungskategorie“ Moskau und Leningrad sowie Hauptstädte der Unionsrepubliken.

    Der Bauernmarkt Privoz in Odessa, wo ich studierte, ist legendär und der größte in der Ukraine. https://en.wikipedia.o... Der Name kommt vom russischen Verb privositj (anliefern). Die Bauern brachten ihre Produkte selbst zum Markt oder organisierten dies untereinander.

    @ Marcus von Jordan:
    „Gute Einkaufs- und Vermarktungsgenossenschaften dazu ...“
    Wie es jetzt genau darum bestellt ist, entzieht sich meiner Kenntnis – zuletzt war ich 2018 in Odessa. Ein Reisebericht des Geographischen Instituts der Universität Bayreuth aus 2019 bestätigt die ungemeine Vielfalt des Angebots verschiedener Händler: https://geo-e-log.com/...

    Das im Artikel beschriebene Bespiel des Honigs belegt aber, dass der Export ohne einen organisierten Großhandel nicht funktionieren könnte zu konkurrenzfähigen Preisen.

    Nachvollziehbar ist Thomas‘ Argument, dass ohne eine industrielle (leider auch nicht chemiefreie) Landwirtschaft die Ernährung der Menschheit nicht möglich ist. Eine Folge der sozialen Ungleichheit wiederum ist, dass sich viele Geringverdiener eben nicht hauptsächlich vom Bauernhof ernähren oder hochwertigere Lebensmittel aus dem Supermarkt konsumieren können.

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 7 Monaten

      Man kann ja den Export im Großhandel organisieren und trotzdem darauf achten, dass man eigenverantwortliche, unternehmerisch tätige Landwirte fördert, die motiviert ihre Flächen bearbeiten und eben in der Lage sind zumindest auch für ihre Umgebung zu produzieren. Statt auch dort, wie hier, das Sterben der kleinen und mittleren Betriebe zu befördern und sozusagen kapitalistische Kolchosen zu schaffen, die dann wieder nur mit Billiglöhner'innen aus dem Ausland bewirtschaftet werden können. An vielen Stellen etabliert sich das ja ganz richtig in Deutschland mittlerweile: Maschinenring, Einkaufsgenossenschaft und zentrale Vermarktung statt weitere Industrialisierung.

      Chemie - nächstes, sehr großes Thema. Dass ausreichend Masse nur möglich ist durch immer mehr Einsatz von Chemie - das ist ein Lobby Narrativ, der permanent zu überprüfen ist. Auch wenn ich vielleicht dieses Jahr mehr Weizen ernte, wenn ich 200kg reinen Stickstoff auf einen Hektar werfe - was macht das mit dem Boden und dem Wasser und meinen Erträgen in der Zukunft? Ich glaube, man kann davon ausgehen, dass die "Bindung" zwischen Landwirt und Fläche zu mehr Erträgen und zu achtsamerem Umgang mit den Flächen führt.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten

      @Marcus von Jordan Bist Du eigentlich Landwirt? So im Nebenerwerb? Ist ein sehr hartes Brot - habe einige Jahrzehnte beim Bauern auf dem Hof gewohnt. Keines der Kinder will diesen Job. Ansonsten gibt es gerade im Kölner Rheinland sehr viele Höfe, die für ihre Umgebung produzieren. Nur können sich viele Bürger die Preise in den Hofläden oft nicht leisten. Und so klein sind die auch nicht mehr. Das klingt immer so idyllisch - Landwirte, die motiviert ihre Flächen bearbeiten. Nur finden die keine (deutschen) Arbeitskräfte, die ihnen helfen wollen.

    3. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 7 Monaten

      @Thomas Wahl Ja ich bin gelernter Landwirt und habe es fast 5 Jahre gemacht. Erst auf einem ziemlich sehr großen, konventionellen, reinem Ackerbaubetrieb und dann Biolandwirtschaft. Ist aber jetzt 25 Jahre her.

      Bei uns in der Gegend gibt es nur kleine und sehr kleine Betriebe. Die Supermärkte sind gut besetzt mit Produkten von "unser Land" (zentrale vermarktete Produkte aus der Region mit machbaren Ökoauflagen) zu sehr bezahlbaren Preisen. Die haben oft fast Bioqualität und sind sowieso mehr bio als die meisten Bioprodukte, weil sie nicht in der Gegend rumgefahren wurden.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten

      @Marcus von Jordan Interessant, so lernt man sich besser kennen ……

    5. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 7 Monaten

      @Marcus von Jordan Super, mit Deiner Expertise kann ich nicht mithalten – mein Mini-Einblick beschränkt sich auf ein Schülerpraktikum im Gemüseladen, Wochenendhilfen bei der Kartoffelernte, drei Wochen Ernteeinsatz in einem bulgarischen Dorf in Bessarabien (die DDR-Studenten waren auf einem Bauernhof untergebracht, nette Familie) und aktuell Gärtnern im Brandenburgischen.

      Die Gesänge der Nachtigallen dort waren viele Jahre verstummt. Vor paar Wochen meldete sich mal wieder eine, ihr Ruf wurde nicht erwidert. Hoffentlich hat sie einen Partner gefunden. Ein Imker in der Kolonie hat aufgehört – so wenig Bienenflug wie in diesem Jahr gab es nie.

      In einer hügelig-bergigen Landschaft ist eine kleinteilige Agrarwirtschaft typisch und eher möglich als im dünn besiedelten Flachland. Bei einem Ausflug in Aserbaidschan machten wir Halt in einem kleinen Gasthof, Schaschlik. So saftiges Lammfleisch habe ich nie wieder gegessen.

      In den Großbetrieben die Belastungen der Umwelt stark zu reduzieren, ist ein ganz akutes Thema, s. auch https://forum.eu/volks... . Auch die Dominanz westlicher Saatgut- und Chemiekonzerne, gefördert von internationalen Finanzinstitutionen – in Georgien bspw. stieß das auf Widerstand. Viele Kleinbetriebe können dem Druck aber nicht standhalten.

      Einkauf und Vermarktung:
      Die Organisation ist vielleicht nicht das Hauptproblem. Wenn aber in einem Niedriglohnland die Marge des Groß- und Einzelhandels 50 % ausmacht, dann bringen es die Landwirte wohl doch lieber selber zum Basar.

      Last but not least:
      Die EU-Agrarsubventionen, basierend auf der betrieblichen Nutzfläche, werden in dem Moment zu einer Fehlfinanzierung, wenn sie nicht hauptsächlich der Ernährungssicherheit dienen, sondern in Extra-Profite von Finanzinvestoren fließen. Diese tummeln sich ja auch bereits, wie im Artikel angesprochen, in der Ukraine. Über eine Studie zu den Subventionen im Zusammenhang mit einem künftigen EU-Beitritt berichtete https://www.faz.net/ak...

    6. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 7 Monaten

      @Lutz Müller ...ob ich noch eine Expertise habe, bezweifle ich selber...vielleicht sowas wie eine "sophisticated notion"?

      Landwirtschaft ist harte Arbeit, aber ich habe sie eigentlich nicht als "hart" empfunden, wo der Kontext gestimmt hat. Wo gute Produkte, gut produziert und vermarktet wurden, fand ich die Arbeit erfüllend und habe sie sehr gern gemacht (und es aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen). Ich glaube, das müsste nicht elitär sein, wenn das Richtige gefördert wird und viel mehr - wenn man aufhört das Falsche zu fördern.

      Mir gings ja wirklich nur darum, dass man doch versuchen könnte zu sehen, was nicht funktioniert hat im "perfekten Westen" und mal ein paar neue Fehler machen könnte. Und genau - dazu würde für mich gehören, dass man Land und Landwirtschaft schützt vor kurzfristigen Profitansprüchen und volkswirtschaftlich alle Kosten betrachtet - also auch die für Gesundheitssystem und Umweltschäden, wenn man nicht nachhaltig arbeitet. Und eben, dass man engagierten Mittelstand schützt in dem Bereich.

    7. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 6 Monaten

      @Marcus von Jordan Interessant ist insbesondere für große und mittelgroße Betriebe die Frage, wie hoch die Ertragsreduzierung bei Verzicht auf Chemie ausfällt.
      Biodünger hilft, was aber mit Pestiziden?

      Die Website der Initiative Heimische Landwirtschaft mit 1473 Mitgliedsbetrieben bundesweit (https://www.heimischel...)
      gibt gute Antworten auf diese und weitere Fragen.

      „Generell sind die Auflagen für Pflanzenschutzmittel im ökologischen Anbau noch einmal deutlich höher als im konventionellen Bereich. Das hat Auswirkungen auf die Erträge: Laut dem Forschungsinstitut HHFA geht der Ertrag bei der Umstellung von konventionellem auf Öko-Anbau um 50 Prozent zurück.“ https://www.heimischel...
      Das Fazit dieser Seite: Am besten ist eine Kombination aus Bio- und konventionellem Anbau sowie Regionalität.

      Ich denke, das meintest Du mit „machbaren Ökoauflagen“?

    8. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 6 Monaten · bearbeitet vor 6 Monaten

      @Lutz Müller Man kann aber nicht nur auf die Chemie schauen. Die Frage ist auch, wieviel Land und wieviele Arbeitskräfte ich brauche um xxx Bürger zu ernähren. Unsere Lebensweise beruht darauf, dass etwa 1ner in der Landwirtschaft 99 andere mit Lebensmitteln versorgt. Die 99 sind dann Wissenschaftler, Lehrer, Mediziner, Arbeiter, Handwerker, Pfleger, Künstler, Verwalter, Politiker u.v.m.. Arbeitskräfte werden immer knapper. Und besonders attraktiv ist der Job als Bauer/Landarbeiter nicht. Wie also will man denn eine Agrarwende durchsetzen? Wir brauchen ja auch dringend in vielen anderen nicht so beliebten Jobs Arbeitende. Letztendlich sind ja alle großen Landreformen, in denen man Boden an viele Kleinbauern verteilt hat, (nicht ohne Grund) in Konzentrationsprozessen geendet ……

    9. Lutz Müller
      Lutz Müller · vor 6 Monaten

      @Thomas Wahl Ja, die Ernährungssicherheit ist ein ganz wichtiger Aspekt der Nachhaltigkeit.

      Wenn die Hektarerträge bei hohen Ökostandards niedriger ausfallen, braucht es größere Flächen. Und mehr Arbeitskräfte, dto. wenn Pflanzen- und Bodenschutz aufwändiger werden.

      Die zunehmende Verstädterung der Weltbevölkerung wirkt dem entgegen.

      Und denken wir an die Ukraine, die uns in diese Diskussion geführt hat:
      Es fehlen nicht nur Soldaten, sondern auch Arbeitskräfte. Bei einem EU-Beitritt wird möglicherweise auch die Erfüllung aller Normen eine große Herausforderung.

  2. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor 7 Monaten

    Super spannend, danke.
    Warum glaubst du nicht, dass die kleinbäuerliche Struktur auch die 45% schaffen könnte? Ich erinnere mich an so Zahlen aus der Sovietzeit, dass die Kolchosebauern auf ihren personenbezogenen "Gartenflächen" ein Vielfaches der Produkte erzeugten, als diese Flächen in Prozent an der Gesamtnutzfläche eigentlich ausgemacht hätten.
    Gute Einkaufs- und Vermarktungsgenossenschaften dazu und dann verstehe ich gar nicht, wem die industriellen Strukturen nutzen sollten, außer externen Investoren.
    Zudem ist doch die relative Resilienz dieser kleinbäuerlichen Strukturen in z.B. Kriegsszeiten ein sehr starkes Argument oder?

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten · bearbeitet vor 7 Monaten

      Ich denke, man kann die Welt / 8 Mrd. Menschen nicht mit Kleinbauern ernähren. Das ist eine Frage der Effektivität und der Kosten/Preise. Auch hätten gerade in den westlichen Ländern und ihrer Demographie kaum genug Bürger Lust, diesen Job zu machen.

      Große Agrargenossenschaften sind sicher eine Möglichkeit. Ist dann aber auch mehr oder weniger industriell. Ähnlich ist es mit Großbauern, die auf großen Feldern hochmechanisiert arbeiten. Ohne die großen Farmen wäre der Hunger in der Welt nie zurückgegangen.

      Ich würde auch lieber die Kriege reduzieren als Bürger zu zwingen Bauern zu werden. 😏

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