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Europa

Die Deutschen und Osteuropa – ein fortdauerndes Missverstehen?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlDienstag, 07.05.2019

Manchmal denke ich, die gegenwärtige überhitzte Diskussion über osteuropäische Mitglieder der EU zeugt auch vom Misstrauen gegenüber (nicht nur) diesen Völkern. Stephan Wackwitz plädiert in diesem Artikel für ein besseres Kennenlernen zwischen Ost- und Westeuropa und für mehr Vertrauen in die Osteuropäer und ihren Freiheitstraditionen:

„Für diese östliche Sicht auf Europa sind westdeutsche Linke und Liberale unglücklicherweise blind, weil sie die derzeitigen Regierungen Polens oder Ungarns für das eigentliche, sein wahres Gesicht zeigende Mittelosteuropa halten (als könnten die Polen und Ungarn diese Regierungen nicht auch wieder abwählen). Und weil ihnen das Gefühl dafür fehlt, dass die osteuropäische Demokratie nicht erst seit gestern bedroht ist – vor allem durch den übermächtigen russischen Nachbarn.“

Insbesondere geht es ihm also auch um das Verständnis der Positionen dieser Länder gegenüber Russland. Er erinnert z. B. an die vielen erfolglosen Aufstände der Polen gegen das sie kolonialisierende Zarenreich und an deren Widerhall in der Freiheitsdichtung Herweghs oder Freiligraths.

„Es scheint, das aktuelle deutsche „Russland- und Mitteleuropanarrativ ist auf dem langen Marsch der Achtundsechziger-Generation durch die politischen Institutionen entstanden. Seine Exponenten verwechseln 2019 mit 1970.“

Dies sollten wir dringend korrigieren. Also vielleicht einfach mal die Länder bereisen, oder "eine oder einen der Zehntausenden von Polen, Ungarinnen, Tschechen oder Georgierinnen, die in Deutschland leben, persönlich kennen(zu)lernen." Auch die Beschäftigung mit der Literatur dieser Länder und den dortigen Geschichtsnarrativen wäre m. E. wichtig. Vielleicht gelingt es uns dann, Nationen wie Polen, die Slowakei, Ungarn oder die Ukraine besser als autonome, gleichberechtigte und politisch handlungsfähige Akteure zu achten.

Die Deutschen und Osteuropa – ein fortdauerndes Missverstehen?

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Kommentare 1
  1. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor mehr als 5 Jahre

    Dazu passt, was Timothy Garton Ash heute im Handelsblatt sagte: "Es gibt heute wieder Vorurteile gegenüber Osteuropa, die noch aus der Zeit der Aufklärung stammen." https://www.handelsbla...

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