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Europa

Das Noch-Vereinigte Königreich – der Brexit als konstitutionelle Krise

Silke Jäger
Freie Medizinjournalistin

Ich lebe in Marburg und schreibe über Gesundheit und Gesundheitspolitik.

Zum Kurator'innen-Profil
Silke JägerDienstag, 23.10.2018

Schon früh nach dem Brexit-Referendum kam die Frage auf, wie die Teile des Vereinigten Königreichs auf den EU-Austritt reagieren würden, die sich für den EU-Verbleib ausgesprochen hatten: Schottland und Nordirland.

Nun kristallisiert sich immer mehr heraus, dass der Brexit tatsächlich eine konstitutionelle Krise auslöst. Erst recht, seitdem alle Kenner der Lage damit rechnen, dass kein in Brüssel ausgehandelter Vertrag es durch das britische Parlament schaffen wird. Zumindest ist die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering, so wie sich das alles derzeit darstellt. Darüber hatte ich vor Kurzem auch schon einmal einen Text gepiqt.

Der Unmut in den Ländern des britischen Nordens und Nordwestens über die May-Regierung schwelt schon lange. Die schottische Erste Ministerin Nicola Sturgeon macht auch gerne öffentlich klar, dass sie nach dem EU-Austritt ein zweites Unabhängigkeitsreferendum anstrebt. Und ihre Partei ist im Parlament in London eine laute Kritikerin der neuen Post-Brexit-Gesetzgebung, die eine Schwächung der Föderation innerhalb Großbritanniens zur Folge hat.

In Belfast ist die Situation noch schwieriger. Nicht nur wegen der zunehmenden Anspannung in der Grenzfrage und des gefährdeten Friedensprozesses. Vor allem, weil es keine Regierung gibt, die sich für nordirische Belange stark machen kann. In Kombination mit der in Westminister quasi mitregierenden DUP ist das Machtteilungsprinzip, das durch das Karfreitagsabkommen vereinbart war, in Schieflage geraten. Die DUP droht mit blutroten Linien, sollte May einer Seegrenze in der irischen See zustimmen oder den mit der EU vereinbarten Backstop nicht zeitlich begrenzen. Bereit für den No-Deal sei man. Sinn Feìn hingegen hat angekündigt, eine Volksbefragung über die Vereinigung mit Irland anstreben zu wollen, käme es zu einem harten Brexit und damit zu einer wie auch immer gearteten Grenze auf der irischen Insel.

Dieser Beitrag fasst die drohende Unbill gut zusammen.

Das Noch-Vereinigte Königreich – der Brexit als konstitutionelle Krise

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Kommentare 3
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 6 Jahren

    Das ist überzeugend.
    Wie findest Du den zweiten Artikel in dieser Ausgabe vom FREITAG?
    Es ist eine Übernahme aus dem GUARDIAN:
    https://www.freitag.de...
    Das Fazit:
    "Stattdessen sollten wir uns bewusst sein, dass der Brexit eine neue Ära einleitet und viele Briten dem Corbynismus nicht wegen seiner angeblichen Radikalität skeptisch gegenüberstehen, sondern weil er nicht radikal genug ist. Warum begreift Labour den EU-Ausstieg nicht als Zäsur, um dem morschen Zustand des britischen Staates den Kampf anzusagen? Die meisten Labour-Politiker interessieren sich erschreckend wenig für das dysfunktionale Regierungssystem in Städten und Gemeinden und verkennen den Zwang, eine neue föderale Ordnung zu etablieren. Daher sollte das Gebot der Stunde nicht Nationalisierung, sondern Dezentralisierung und Demokratisierung sein. So könnte sich Labour mit der Idee anfreunden, nutzlose Ministerien wie die für Arbeit und Renten, für Wohnraum und Gemeinden aufzulösen und deren Macht auf lokaler Ebene zu verteilen. Wie viel wäre damit gewonnen."

    1. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 6 Jahren

      Dass die meisten gegen Labour seien, weil sie nicht radikal genug sind, ist eher eine Behauptung als eine Analyse. Vielleicht spricht Harris hier vom Labour-Leave-Lager, das aber immer kleiner wird. Ich glaube, viele sind von Labour auch ziemlich enttäuscht. Zumindest viele Remainer. Sie haben kein wirkliches politisches Zuhause mehr. Die Liberal Democrats sind die einzigen, die klar gegen Brexit sind, aber die wählt man aus taktischen Gründen nicht. Das zementierte 2-Parteien-System holt erst recht seit es die Subspaltung Remain-Leave zusätzlich gibt, die Leute nicht mehr ab. Für die einen ist Corbyn nicht radikal genug, für die anderen ist er zu radikal. Ich bin nicht sicher, wie viel Rückhalt er außerhalb des Führungskreises in seiner Partei wirklich hat. Aber seine Themensetzung ist gut. Labour hat die Themen auf der Agenda, die die Leute wirklich bewegen. Das sind hauptsächlich klassisch sozialdemokratische Themen.
      Ich schätze John Harris sonst sehr, aber ich finde, hier macht er nicht gut genug klar, wovon genau er spricht. Seine Videoreihe "Anywhere but Westminster" ist toll: https://www.theguardia... Hätte ich beinah mal gepiqt. ;)

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 6 Jahren

      @Silke Jäger Danke. In die Videoreihe schaue ich bald mal rein.

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