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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
30 Jahre ist der rassistische Anschlag im nordrhein-westfälischen Solingen her. An jenem 29. Mai 1993 starben fünf Frauen und Mädchen, allesamt türkischstämmig. In ihrer Gemeinschaft – und nicht nur dort – führte die Terrorattacke zu Schock, Ängsten, Wut und Verzweiflung. Aus diesem Grund will ich hier jetzt zwei Fernsehdokus empfehlen.
Zum Ersten die WDR-Doku: "Solingen und der Brandanschlag" (abrufbar in der Mediathek bis zum 24. Mai 2024). Sie erzählt die Hintergründe, den Tathergang, die Reaktionen und den späteren Blick auf den Anschlag. Die Doku ist allerdings fünf Jahre alt, enthält aber eine solide Rekonstruktion.
Wobei ich einen Einwand habe: Zwar wird gezeigt, wie der damalige NRW-Ministerpräsident Johannes Rau und auch Bundespräsident Richard von Weizsäcker in Solingen mit und zu den Menschen sprachen. Dass Kanzler Helmut Kohl sich jedoch weigerte, die Trauerfeier zu besuchen, hätte erwähnt werden müssen. Zeigt es doch, wie damals die Stimmung in der regierenden CDU war (übrigens auch in Teilen der SPD).
Einen ganz anderen, engagierteren Blick wirft Regisseur Mirza Odabaşı mit seinem halbstündigen Film auf die Ereignisse vor 30 Jahren. Es handelt sich um eine aktuelle und sehr persönliche Produktion, weshalb ich sie denn auch unten als Empfehlung verlinkt habe (abrufbar ebenfalls bis zum 24. Mai 2024).
Anders als die ältere Doku rückt er die türkischstämmigen Deutschen in den Fokus. Am stärksten ist sein Film, wenn er seine Protagonisten erzählen lässt, darunter Cihan Genc, dessen zwei Schwestern bei dem Anschlag umgekommen sind. Genc hat sie nie kennengelernt. Eindrucksvoll sind auch die kurzen Passagen, in denen er türkischstämmige Musiker auftreten lässt.
Leider gerät die Doku teilweise schwammig. Während die Täter ausgeblendet werden – was in diesem Falle einer persönlichen Doku okay ist –, führen die Fragen, wie Alltagsrassismus und Rechtsterrorismus miteinander verbunden sein könnten, zu keinen klaren Antworten. Cem Özdemir etwa antwortet nur "schwere Frage". Man hätte konkreter fragen müssen.
Zu den Ursachen der Attentate liefert die ältere Dokumentation deutlich mehr Erkenntnisse, übrigens auch im Hinblick auf die Frage nach diskriminierendem Sprachgebrauch, was am Beispiel von Überschriften in der "Bild" deutlich gemacht wird. Also: Es lohnt sich, beide Dokus zu sehen, sie ergänzen sich.
Quelle: Mirza Odabaşı Bild: WDR www.ardmediathek.de
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Aufgrund des Jahrestags des Verbrechens wird nicht nur die empfohlene Doku, sondern einiges wieder zugänglich, so das vielfach ausgezeichnete Hörspiel "türken, feuer" von Özlem Özgül Dündar, das 2020 den Preis "Hörspiel des Jahres" erhielt. Mein alter piq dazu ist nicht mehr gültig, aber hier ist es bis zum 21. Mai 2024 zu hören:
https://www1.wdr.de/ra...
Hier wird Özlem Özgül Dündar von der Republik (Theresa Hein und Julia Sellmann) vorgestellt: https://www.republik.c...?