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Zeit und Geschichte

Wie eine Fälschung bis heute von Antisemiten genutzt wird – die Protokolle der Weisen von Zion

Hauke Friederichs
Journalist und Autor
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Hauke FriederichsMittwoch, 25.10.2017

Die "Protokolle der Weisen von Zion", die antisemitische Hetzschrift, muss ein Plagiat sein. So stellt es Philip P. Graves fest, als er 1921 in Konstantinopel durch ein seltsames Buch blättert. Der Korrespondent der Londoner Times versucht herauszufinden, wer es verfasst hat. Aber die erste Seite ist herausgerissen, weder Titel noch Verfasser zu recherchieren. Der Inhalt: ein fiktiver Dialog zwischen Machiavelli und Montesquieu. Um ihr Heimatland Frankreich geht es und um den Despoten Napoleon III. Graves hat eine Kampfschrift gegen den Kaiser in den Händen, oder eine Satire – und vielleicht den Beweis dafür, dass die "Weisen von Zion" einfach ab- und umgeschrieben wurden. 

Denn viele Passagen des Buches erinnern Graves an dieses Machwerk, über das in Europa viel diskutiert wird. Die "Protokolle" belegen angeblich eine jüdische Weltverschwörung. Im Juli 1920 hatte die konservative Zeitung Morning Post die "Protokolle der Weisen aus Zion" auch in England veröffentlicht. Andere Medien greifen das Thema auf, auch Graves Arbeitgeber die Times. Der Korrespondent glaubt, dass sein verschlissenes Buch beweisen könnte, dass diese Protokolle eine Fälschung sind. Graves sendet sein Buch nach London. Dort untersucht es das British Museum. Das Resultat: Den Text schrieb der Franzose Maurice Holy 1864. Die Times entlarvt die "Protokolle" als erfunden, als Plagiat. Das Ende einer antisemitischen Hetzschrift? Im Gegenteil. 

"Die Protokolle der Weisen von Zion werden das Referenzdokument des Antisemitismus schlechthin; sie werden zur Quelle für die mächtigste aller Verschwörungstheorien – von ihrer ersten Veröffentlichung bis heute", schreibt Wolfgang Benz in der ZEIT. 

Der angesehene Historiker, der lange das Zentrum für Antisemitismus-Forschung geleitet hat, beschreibt, wie dieses Plagiat so bedeutend werden konnte – und von AfD-Anhängern heute noch zitiert wird. Wie die anonyme Druckschrift entstand, kann auch Wolfgang Benz nicht enthüllen: "Der Urheber ist letztlich nicht bekannt."


Wie eine Fälschung bis heute von Antisemiten genutzt wird – die Protokolle der Weisen von Zion

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