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Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Politische Wissenschaft, Journalistik und Kriminologie studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, als Redakteur bei ZEIT Online und P.M. History gearbeitet und als selbstständiger Journalist für ZEIT, PM, PM History, Stern, Spiegel Geschichte, G/Geschichte, Geo Epoche und andere Medien. Hat über Piraterie auf dem Mittelmeer promoviert. Die Doktorarbeit erschien 2018 bei edition lumiere.
Hauke Friederichs interessiert sich für Krisen und Konflikte, Armeen und Rüstung, Kriminologie und Verbrechensbekämpfung und viele andere Themen. Bei S. Fischer veröffentliche er 2018 gemeinsam mit Rüdiger Barth "Die Totengräber". Ein Buch über die letzten Tage der Weimarer Republik. Danach folgte 2019 "Funkenflug" über den Beginn des Zweiten Weltkriegs. Am 15. März 2021 erscheint "Das Wunder von Dünkirchen" im Aufbau-Verlag. Es beschreibt die Rettung von mehr als 300.000 Soldaten der Alliierten während der deutschen Westoffensive 1940.
Wladimir Putin begründet seine Taten gern historisch. Was er über die Ukraine sagte, um seinen Angriffskrieg gegen das Nachbarland zu rechtfertigen, war eine krude Vermischung von Halbwahrheiten, Lügen und Geschichtsverfälschung. Sein Angriff diene der "Entnazifizierung" der Ukraine, die angeblich schon immer zur "russischen Welt" gehören wollten.
In der ZEIT setzt sich der Historiker Andreas Kappeler mit Putins Thesen auseinander und schildert, wofür die Ukrainer seit Jahrhunderten kämpfen: einen unabhängigen Staat. Kappelers Buch "Geschichte der Ukraine" ist ein Standardwerk, dessen Lektüre sich gerade in diesen Tagen wirklich lohnt.
Sein Artikel auf der Geschichtsseite der Wochenzeitung liegt online hinter der Bezahlschranke. Der ausgezeichnete Text verdient Aufmerksamkeit, denn Kappeler schreibt nicht nur über die Geschichte der Ukraine, sondern auch über das Geschichtsverständnis Putins:
"Im Juli 2021 bestritt der russische Präsident in einem Aufsatz die Existenz eines eigenständigen ukrainischen Volkes und die Legitimität des ukrainischen Staates", schreibt Kappeler. "Wer solche Aussagen zu überprüfen versucht und nach der Nations- und Staatsbildung der Ukraine fragt, gerät rasch in ein Gestrüpp konkurrierender Narrative."
Die Ukrainer haben sehr wohl eine eigene Geschichte, stellt der Historiker fest. Im 17. Jahrhundert entstand eine ukrainische Schriftsprache und eine ukrainische Literatur. Auf Schulen, die auf westliche Vorbilder zurückgingen, erwarb die ukrainische Eliten ausgezeichnete Bildung, das führte früh zu einer Orientierung an den Westen.
Nach mehreren erfolglosen Versuchen brachte die Februarrevolution in Russland kurzzeitig in einen demokratischen ukrainischen Staat hervor. Die Zentralna Rada, eine Art Vorparlament, verkündete dann die Autonomie der Ukraine und berief eine Regierung. Doch die Unabhängigkeit währte nur kurz, unter dem Druck der Bolschewiken und russischen Konterrevolutionären zerbrach der Staat, wurde auf Polen, Russland, die Tschechoslowakei und Rumänien aufgeteilt.
"In der Zwischenkriegszeit waren die Ukrainer das größte Volk Europas ohne eigenen Staat", stellt Kappeler fest. "1922 gegründet, wurde die Sowjetunion nach sprachnationalen Kriterien gegliedert. Die Ukrainer waren in ihr als Nation anerkannt; die Ukrainische Sowjetrepublik hatte eigene Institutionen und feste Grenzen. Putin wirft Lenin deshalb vor, die Ukraine überhaupt erst geschaffen zu haben, mit 'verbrecherischen Grenzen' auf Kosten Russlands und der im Süden und Osten der Republik lebenden Russen."
Unter Stalin litten die Ukrainer, es kam zu schrecklichen Hungersnöten. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht gingen Einsatzgruppen aus SS und Ordnungspolizei gegen Juden, Sinti und Roma sowie Ukrainer vor. Es kam zu Massenerschießungen in der Ukraine, zu Deportationen in Vernichtungslager, zu zahllosen Verbrechen. Ultranationalistische und antisemitische Gruppen arbeiteten mit den deutschen Besatzern zeitweilig zusammen. Den Ukrainern wurde nach dem Krieg immer wieder vorgeworfen, mit den Nationalsozialisten kollaboriert zu haben. Dabei kämpften viel mehr Ukrainer in der Roten Armee als an der Seite der Wehrmacht.
1991 erlangte die Ukraine schließlich eine echte Unabhängigkeit. Große Teile der russischen Eliten haben das allerdings nie akzeptiert. Für Sorgen der Mächtigen im Kreml sorgte 2004 die Orangene Revolution, deren Anhänger ihr Land von russischem Einfluss lösen wollten.
"In der Revolution des Euromaidan 2013/14 schließlich bekräftigten Hunderttausende Ukrainerinnen und Ukrainer – unter ihnen viele russischsprachige – ihren Willen, sich weiter gen Westen zu orientieren, und jagten Präsident Viktor Janukowitsch aus dem Amt, der ihnen dies verweigern wollte", schreibt Kappeler. "Putins Antwort ist bekannt: Annexion der Krim, Aufstachelung und militärische Unterstützung lokaler Machthaber im Donbass und ein unerklärter Krieg, der bis 2021 mehr als 14.000 Tote gefordert hat."
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Ergänzend, frei zugänglich, aber in englisch: Simon Sebag Montefiore vergleicht Stalin und Putin, gerade auch in Bezug zu ihren Geschichtsbildern:
https://www.newstatesm...