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Zeit und Geschichte

"In der DDR war 1968 der Blick nach Prag für viele hoffnungsvoller als der Blick über die Mauer"

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
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Dirk LiesemerSonntag, 08.04.2018

Wie erlebten überhaupt die jungen Menschen in der DDR die Proteste der jungen Leute in Frankfurt, Berlin, Bremen und Heidelberg? "Klar, wir bewunderten die Studenten im Westen, die sich offen mit Polizisten anlegten", erzählt der Historiker Stefan Wolle, der als wissenschaftlicher Leiter des DDR-Museums in Berlin arbeitet, und schränkt doch ein: "Der Westen hatte aber in den Sechzigerjahren noch nicht die Anziehungskraft, die er später besaß." Stefan Wolle war damals 18 Jahre alt und schaute mit seinen Freunden in Richtung Osten: "In der Tschechoslowakei tat sich etwas, was nach dem schmeckte, was sich viele in der DDR wünschten - Freiheit und Sozialismus." Was ihm jedoch immer mehr am Westen gefiel: die Härte und Offenheit, mit der Konflikte ausgetragen wurden, Marcuses Vorträge an der FU Berlin, Rudi Dutschkes unverschämtes Auftreten vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss - "das hätte sich in der DDR niemand getraut". So wurde für Stefan Wolle der freiheitliche Gestus wichtiger als die politischen Inhalte. Ein Interview, veröffentlicht in der Leipziger Volkszeitung, das nicht nur vom Osten auf den Westen schaut, sondern auch erklärt, warum die Intellektuellen im Osten so lange ruhig blieben (anders als die Arbeiter, die eher mal das Maul aufmachten).

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