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Zeit und Geschichte

GESTERN UND HEUTE: Der Stoff von gestern, die Fragen von heute – Das Beispiel Michael Haneke

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
Zum Kurator'innen-Profil
Achim EngelbergMittwoch, 06.02.2019

Der viel gesehene und häufig ausgezeichnete Film DAS WEISSE BAND, geschrieben und inszeniert von Michael Haneke, ist historisch genau wie brennend aktuell.

Selten ist das frühe 20. Jahrhundert auf dem Lande, also das späte Kaiserreich, so genau gefilmt worden und wird es wohl auch nicht mehr jenseits von Computeranimationen. So konnte u. a. die Filmproduktion die Asphaltierung einer Kopfsteinpflasterstraße in Netzow (Mecklenburg-Vorpommern) für den Dreh verschieben.

Kein nostalgischer Kostümfilm, kein papierender Geschichtsfilm entstand, sondern ein Werk von bestürzender Aktualität, das zehn Jahre nachdem es 2009 die Goldene Palme in Cannes erhielt, noch gewonnen hat.

Damals wehrte sich der Regisseur dagegen, er hätte einen Film über die Kindheit von Nazi-Tätern gedreht:

Ideologie ist eine verabsolutierte Idee. Überall, wo es Unterdrückung, Demütigung, Unglück und Leid gibt, ist der Boden bereitet für jede Art von Ideologie. Deshalb ist ‚Das weiße Band‘ auch nicht als Film über den deutschen Faschismus zu verstehen. Es geht um ein gesellschaftliches Klima, das den Radikalismus ermöglicht.

Mit der deutlich werdenden vielfältigen Krise und dem damit verbundenen (un)aufhaltsamen Aufstieg von rechtsextremen Parteien in Europa und anderswo gewann der Film an Relevanz. Schon damals erläuterte Michael Haneke:

Das eigentliche Thema ist, jedenfalls war das meine Absicht, zu zeigen, wie Menschen, die unter Druck stehen, empfänglich werden für Ideologie, das heißt wie sie sich sogar selber eine Ideologie schaffen; wie sie eine Idee verabsolutieren und dann mit Hilfe dieser verabsolutierten Idee diejenigen, die ihnen die Idee gepredigt haben, aber anders leben als die Idee fordert, bestrafen.

Hier gibt's weitere Hintergründe; gerade erschienen die Kinodrehbücher Hanekes in einem Band.

Bevor Haneke diesen Geschichtsstoff mit seinen Fragen formte, drehte er Filme nach Büchern von Autoren dieser Epoche wie Kafka oder Joseph Roth.

Der Film ist bis zum 8. März 2019 verfügbar.

GESTERN UND HEUTE: Der Stoff von gestern, die Fragen von heute – Das Beispiel Michael Haneke

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