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Zeit und Geschichte

Gestern & Heute: Wird der Hegemon USA gefährlich?

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergDienstag, 28.09.2021

Der weltgeschichtliche Einschnitt, den das Afghanistan-Desaster markiert, wird uns noch lange beschäftigen, da noch nicht klar ist, wohin der nun eingeschlagene Weg führt.

Dass sich der Umbruch schon früh abzeichnete, beweist das Buch Made in Washington. Was die USA seit 1945 in der Welt angerichtet haben von Bernd Greiner. In den Blättern für deutsche und internationale Politik publizierte der Gründungsdirektor des "Berliner Kollegs Kalter Krieg / Berlin Center for Cold War Studies" einen Beitrag, der auf dem Werk basiert:

Wenn eines Tages über die historische Einordnung von „Nine Eleven“ diskutiert werden wird, dürfte dieses Datum wohl als das eigentliche Ende des amerikanischen Jahrhunderts angesehen werden. Denn dass dieses an ein Ende angelangt ist, belegen in dramatischer Weise die Bilder der verheerenden Niederlage der Vereinigten Staaten und der von ihr geschmiedeten „Koalition gegen den Terror“ in Afghanistan. Dabei hatten die USA überhaupt erst mit ihrem Einstieg in den Ersten Weltkrieg begonnen, zu einer dominanten globalen Kraft zu werden; nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden sie endgültig zu ebendieser. Und als der Kalte Krieg mit der Implosion der Sowjetunion zu Ende ging, öffnete sich für die Dauer eines Jahrzehnts ein Fenster der Gelegenheit zu einer neuen, kooperativen Weltordnung. Doch diese Chance wurde verspielt – nicht zuletzt mit der US-amerikanischen Reaktion auf die monströsen Terrorangriffe vom 11. September 2001.

Da die facettenreiche Begründung die Zusammenfassung seines neuen Buchs ist, möchte ich hier keine Kurzfassung des Aufrisses liefern, sondern seine Analyse historisch vertiefen.

Allein die geraffte Erläuterung der Foltermethoden in diesem Text zeigt, dass die USA die kulturell-moralische Hegemonie schon vor Trump verloren haben.

Rückblende:

Solche Abstiege sind in der Weltgeschichte eher die Norm als die Ausnahme. Nach dem bis heute wirkmächtigen antiken Geschichtsschreiber Thukydides, wächst die Kriegsgefahr, wenn eine Macht eine andere überflügelt. Wegen der schwindenden Hegemonie der USA und dem Aufstieg Chinas ist die Frage nach dieser Thukydides-Falle aktuell.

Bereits 2017 publizierte Graham T. Allison "Destined for War: Can America and China Escape Thucydides's Trap?"; eine Kurzfassung gibt es in diesem Beitrag.

Der in Harvard lehrende Politikwissenschaftler analysiert darin sechzehn Auseinandersetzungen vom 16. Jahrhundert an.

Nur in vier Fällen konnte ein Krieg vermieden werden, allerdings liegen drei davon in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Lernte die Menschheit doch etwas aus den beiden Weltkriegen?

Noch ist nicht entschieden, ob die Thukydides-Falle erneut zuschnappt.

Bernd Greiner endet einige Jahre nach Graham Allisons Buch pessimistisch. Für ihn wiederholen die USA die Fehler von absteigenden Imperien, die in Katastrophen münden:

Wenn es eine seit der Antike verlässlich wiederkehrende Konstante gibt, dann diese: Wer Macht nicht teilen, sondern mit Zähnen und Klauen verteidigen will, kann Verluste vielleicht vertagen – aber nur um den Preis einer am Ende noch höheren Rechnung. Feindseligkeit und Konfrontation laufen selten ins Leere, gemeinhin werden sie mit Gleichem vergolten.

In unserer im Gegensatz zur Antike unvergleichbar stärker vernetzten Welt gilt, dass man sich

weder von China entkoppeln noch ein Paralleluniversum konstruieren kann, in dem nur die eigenen Regeln gelten. Tatsachen anzuerkennen, heißt nicht, vor ihnen zu kapitulieren; oft ist es der einzige Weg, sie zum Nutzen aller zu verändern. Das überhitzte Gerede vom Eindämmen, Ausgrenzen und Kleinhalten Chinas zeigt, wie weit Washington heute von dieser Einsicht entfernt ist – und wie sehr es damit durch eigenes Zutun seine hegemoniale Rolle verspielt.

Liegt darin eine Chance für Europa oder geht dessen Weg ebenso nach unten?

Gestern & Heute: Wird der Hegemon USA gefährlich?

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