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Zeit und Geschichte

Die sieben Sünden der Angela Merkel in Europa

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergMontag, 27.09.2021

Mal sehen, wer die Nachfolge Angela Merkels antritt. Gut möglich, dass die 25-%-SPD bald den Bundespräsidenten, den Kanzler und den Bundestagspräsidenten stellt.

Nun aber heißt es, Bilanz zu ziehen. Für die Europapolitik erläutert Kollege Eric Bonse 7 europapolitische Sünden.

Die Beiträge beginnen stets so:

Die Erfolge werden breit gewürdigt – wir wollen uns daher auf die Misserfolge und Sünden konzentrieren.

Die erste Sünde sind verschleppte Krisen:

In Deutschland gilt Angela Merkel als erfolgreiche Krisenmanagerin – zu Recht, denn sie hat ihr Land gut durch alle möglichen Turbulenzen geführt. Deutschland ist sogar gestärkt aus den vielen Krisen hervorgegangen, zumindest bis vor kurzem.

Doch für die EU (und speziell für Südeuropa) sieht die Bilanz völlig anders aus. Merkel hat die “Polykrise” (so Ex-Kommissionschef Jean-Claude Juncker) nicht gelöst, sondern verschleppt und teilweise sogar unnötig verschärft.

Im zweiten Teil geht es um die marktkonforme Demokratie, die man auch Fassadendemokratie nennen kann:

Die EU versteht sich als Wertegemeinschaft, Demokratie und Rechtsstaat werden mehr denn je betont. Doch ausgerechnet die lange Zeit mächtigste EU-Politikerin, Kanzlerin Angela Merkel, hatte ein Problem mit der Demokratie.

Sünde 3 sind deutsche Alleingänge:

Das eigentliche Problem ... liegt darin, dass Merkel die deutsche Rolle in der EU nie klar bestimmt und auch nie gesagt hat, wo es mit der EU hingehen soll. Liegt in der Vollendung der europäischen Einheit der letzte Zweck deutscher Außenpolitik – oder ist die EU nur ein Vehikel, um die deutsche Vormacht in Europa zu stärken?

Die Austeritätspolitik ist Sünde 4:

Der deutsche “Sparkurs” richtete nicht nur in Griechenland große wirtschaftliche Schäden an ... Er führte auch dazu, dass die Eurozone später als die USA oder UK aus der Finanzkrise kam und das Wachstum lange schwächelte. Der frühere EU-Kommissionsberater P. Legrain spricht von “zehn verlorenen Jahren”. Doch das ist noch nicht alles. Merkel sorgte auch dafür, dass das EU-Budget gekürzt wurde. Gemeinsam mit ihrem damals engsten Partner, dem britischen Ex-Premier D. Cameron, hat sie verhindert, dass Brüssel für immer mehr Aufgaben auch mehr Geld bekam.

Der fünfte Teil ist Merkels Merkantilismus, also eine

Wirtschaftspolitik, die möglichst viele Waren aus dem Land ausführen möchte und möglichst wenig Waren ins Land lässt.

Im Ergebnis schadete das der EU, denn sie

führt nicht nur zu “Ungleichgewichten”, die den Zusammenhalt der Eurozone gefährden, wie neuerdings sogar die EU-Kommission moniert. ... Zum Ende der Ära Merkel wird zudem offensichtlich, dass auch Deutschland einen hohen Preis für seine Exportfixierung zahlt. Es wurde zu wenig investiert, die Infrastuktur liegt brach, die Produktivität leidet. ... Der “Merkelismus”, diese merkwürdige Mischung aus Merkantilismus, Neoliberalismus und “Wait and see” – hinterlässt keine blühende Landschaften, sondern riesige Reformbaustellen.

Die Sünde 6 sind falsche Freunde (oder waren es für ihre Zwecke die richtigen?). Allein das reicht, um diese Kanzlerschaft als eine Chronik verborgener Schrecken zu charakterisieren. Ihre Komplizenschaft mit dem türkischen Sultan ist relativ vielen bekannt, aber anderes ist vielen nicht mehr oder noch gar nicht bewusst.

Der ungarische Premier wurde jahrelang gehätschelt, sein Land wurde zum wichtigen Glied in der Lieferkette der deutschen Autoindustrie. Ungarn durfte auch deutsche Waffen kaufen, zuletzt wurde das Land sogar zum Hauptabnehmer, noch vor den USA.

Orbans Fidesz-Partei war ein wichtiges Mitglied der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament. Merkel sträubte sich selbst dann noch gegen den Ausschluß der Fidesz, als Orban begann, die EU zu attackieren und den Rechtsstaat auszuhöhlen.

Deshalb geht Merkel nun in die Geschichte ein – als Kanzlerin, die tatenlos zusah, wie Ungarn in ein autoritäres Unrechts-Regime abglitt.

Die Sünde 7 ist der "Pragmatismus" und das Fazit ist hart:

Denn der Preis der Merkel-Ära und ihrer Versäumnisse ... wird hoch – auch für Deutschland. Die allzu pragmatische Kanzlerin hat so viele Baustellen und Hypotheken hinterlassen, dass wir noch 2050 an sie denken werden.

Und das nicht nur in der Klimapolitik…

Kann eine SPD-geführte Bundesregierung, also eine von einer Partei, die seit 1998 (!) bis auf 4 Jahre stets Minister stellte, die Sünden und deren Folgen überwinden? Vieles deutet auf kein Ende mit Schrecken, sondern ein Schrecken, der noch nicht zu Ende ist, hin. Für Deutschland kommen die Einschläge näher.

Die sieben Sünden der Angela Merkel in Europa

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Kommentare 8
  1. Dietrich Bussler
    Dietrich Bussler · vor 3 Jahren

    Meiner treu! Das muss ja eine schlimme Frau sein. Seltsam das es uns noch immer so gut geht. Wie kann das nur sein?

  2. Silvio Andrae
    Silvio Andrae · vor 3 Jahren

    Zur Fünften Sünde: Das merkantilistische Grundmuster der aktuellen Weltwirtschaftsordnung zeigt sich an der Zweiteilung der Welt (oder Europas). Unter den Konkurrenzbedingungen des Weltmarktes bleibt der Kapitalexport (getarnt als Entwicklungshilfe) das imperiale Muster. Aber, ob allein der Merkantilismus eines auf einen Kapitalexport gründenden Exportüberschusses eine erfolgreiche und dauerhafte Strategie ist, ist hier die Frage.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 3 Jahren

      Dem kann ich zustimmen, allerdings gibt es nie eine dauerhafte Strategie.

    2. Silvio Andrae
      Silvio Andrae · vor 3 Jahren

      @Achim Engelberg Unter Umständen ist es besser den Begriff der "Marktkonstellation" zu verwenden. Sie geben ein spezifisches Sets an anhaltenden Marktbedingungen (z.B. Leistungsbilanzen, Sättigungsgrade, Bewertungsvolatilitäten, ...), Institutionen, Regulierungen sowie Politikorientierungen (z.B. Lohnpolitik) wider. Eine Marktkonstellation bestimmt letztlich die Handlungssicherheit der Marktakteure.

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 3 Jahren

      @Silvio Andrae Einverstanden grüßt und winkt Achim

    4. Dietrich Bussler
      Dietrich Bussler · vor 3 Jahren

      Ja das ist so eine Frage die nur Sie können.

    5. Michael Homborg
      Michael Homborg · vor 3 Jahren

      @Herr Andrae: Ich tue mich schwer mit den immergleichen Argumenten, dass Exportüberschüsse für unsere mittelbare bis langfristige Zukunft so fatal sind. Hätten wir denn gerne die Import-Überhänge á la USA und würden uns immer weiter verschulden? Was ich bedenklich finde, ist der berechtigte Hinweis von Hans-Werner Sinn mit dem Verweis auf die ungedeckten Hermes Darlehen (Stichwort Target II Salden) - also ein wirtschaftlicher Exporterfolg, aber auf tönernen Füßen. Aber ich bleibe dabei: In einer Krise überlebt nur derjenige (in einer globalisierten Welt), der die technisch geeignetsten Produkte zum Markt-akzeptabelsten Preis anbieten kann - und hier sind wir in der Investitionsgüter-Industrie (immer noch / immer wieder / seit neuestem / nicht mehr lange / ...) führend. Was viele verkennen: Durch unseren selbstdenkenden/selbstständigen Mittelstand hat da die deutsche Wirtschaftspolitik ohnehin kaum Steuerungsmöglichkeiten - weder in die eine oder die andere Richtung "umzulenken". (Erinnert sich noch jemand an Desertec 1.0/2.0/3.0?) - jetzt beim Wasserstoff soll (muss) es gelingen - wir werden sehen.

    6. Silvio Andrae
      Silvio Andrae · vor 3 Jahren

      @Michael Homborg Vielen Dank. Target-Salden repräsentieren Zahlungsbilanzungleichgewichte zwischen den Ländern der EWU. Sie sind nicht als Kompensation für die Wohlfahrtsübertragungen zwischen den beteiligten Ländern anzusehen. In der Weltwirtschaft geschieht die Kompensation durch die Übertragung von werthaltigen Aktiva bzw. Währungsreserven oder durch eine Wechselkursanpassung. In der EWU passiert beides nicht.
      Bei der Wohlfahrtsübertragung ist man natürlich schnell beim Merkantilismus und den ökonomisch rationalen Gründe, eine Strategie des Güter- und Kapitalexports zu verfolgen. Für Deutschland kann zumindest konstatieren, dass die Vermögensqualität ihrer Auslandsaktiva durch die Target-Salden leidet.

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