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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Vor zwanzig Jahren starb Thomas Brasch mit nur 56 Jahren. Da war er schon nur noch unter Literaturfreunden bekannt. Danach schien er fast gänzlich vergessen zu werden. Das scheint sich seit einigen Jahren zu ändern: und das ist gut so.
Der Suhrkamp-Verlag edierte wichtige Arbeiten von Thomas Brasch, darunter auch seine Filme, und legte alte Bücher neu auf; seine Schwester Marion publizierte einen Roman über die Familiengeschichte, in der sich die Brüche des vergangenen Jahrhunderts zeigen, und es gab einen Dokumentarfilm (hier der Trailer).
Aber zuerst noch eine Erinnerung an die Zeit als Thomas Brasch kurz nach der Ausbürgerung von Wolf Biermann 1976 zusammen mit Katharina Thalbach in den Westen ging, einen Bestseller landete, ihn viele sprechen wollten und er sich weigerte, den Dissidenten zu geben. Im SPIEGEL-Interview sagte er:
Das Spezifische scheint mir zu sein, daß die DDR eine Gesellschaft ist, die sich eben zum Ziel gesetzt hat, die unwürdige Arbeit abzuschaffen. Und da klafft in der gegenwärtigen Wirklichkeit zwischen Anspruch und Realisierung ein Loch. In der Bundesrepublik scheint mir niemand mehr zu sagen, daß irgendwann die Form unwürdiger Arbeit ganz abgeschafft werden wird.
Ich spreche jetzt einfach nach, was das ideologische Problem ist. Und das ist das Problem, das mich nicht interessiert.
Weiterhin bleibt die Situation, daß ein Dreher um vier Uhr aufsteht, daß er um halb sechs an der Drehbank steht, daß er dort arbeitet und um dreiviertel drei in der Frühschicht seine Drehbank ausschaltet und nach Hause fährt und einkauft. Ich wehre mich dagegen, jedes Problem auf das DDR-Spezifikum zu bringen. Meine Erfahrungen sind Erfahrungen, die ich in der DDR gemacht habe. Oft nehmen sie ideologische Formen an. Interessant sind sie aber für mich nur da, wo sie existenziell werden, nicht, wo sie ideologisch bleiben.
Der Titel dieses piqs spielt auf seinen bekanntesten Gedichtzyklus an, in dem es heißt:
Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber
wo ich bin, will ich nicht bleiben, aber
die ich liebe, will ich nicht verlassen, aber
die ich kenne, will ich nicht mehr sehen, aber
wo ich lebe, da will ich nicht sterben, aber
wo ich sterbe, da will ich nicht hin:
Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin.
Nun hat Masha Qrella einige seiner Gedichte vertont, hier ein Beispiel, und mit anderen ein Hörspiel produziert, das die geschichtlichen Erfahrungen von Thomas Brasch aus dem Gestern ins Heute holt.
"Wer sind wir eigentlich noch?“, fragte der Schriftsteller Thomas Brasch, und Masha Qrella singt diese Zeilen. Sie und ihre Mitmusikerinnen machen Braschs Lyrik zu Songtexten. Im musikalischen Zwiegespräch folgen sie seinem Beispiel, sich mit der Welt und der eigenen Existenz in ihr auseinanderzusetzen. In Versatzstücken aus Interviews, Gedichten, Materialskizzen und Proberaum-Mitschnitten entsteht ein musikalisches Hörspiel, das von der Einsamkeit als politischem Moment erzählt und zugleich vom fortwährenden Versuch, sich Vereinnahmungen zu entziehen. Das Hörspiel legt auch einen Arbeitsprozess offen, der versucht, „das Ungeheuerliche erst mal zu denken“ und den Raum zu schaffen, den Thomas Brasch als „Bleiben wo ich nie gewesen bin“ herbeigesehnt hat.
Hier noch ein rares Filmdokument. Georg Stefan Troller, der in diesem Jahr 100 Jahre alt wird, der vor den Nazis fliehen musste und als amerikanischer Soldat bei der Befreiung des KZ Dachau beteiligt war und den dort vorgefundenen Schrecken dokumentierte, trifft auf Thomas Brasch, der 1945 als Sohn deutsch-jüdischer Flüchtlinge im englischen Exil geboren worden ist, und der in der DDR aufwuchs.
"Annäherung an Thomas Brasch" ist Teil von der damals bekannten Porträtreihe "Personenbeschreibung" (1977).
Quelle: Masha Qrella, Thomas Brasch, Georg Stefan Troller u. a. www.deutschlandfunkkultur.de
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Gerade entdeckt, Braschs Leben wurde verfilmt, der Kinofilm soll im November erscheinen: https://www.youtube.co...
Ach, Brasch! Seit Jahrzehnten schleudere ich ihn in meinen Freundeskreis. Danke, Achim. Suhrkamp hat auch eine wunderbare Interviewsammlung herausgegeben, die ich noch dazu empfehlen möchte: https://mojoreads.de/b...
Eine sehr empfehlenswerte Produktion! Sie ist verdient auch "Hörspiel des Monats" (Feb. 2021) bei Deutschlandfunk Kultur geworden.
so toll wieder Achim...danke!