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Zeit und Geschichte

Eine kurze Geschichte der kulturellen Aneignung

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
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Dirk LiesemerSonntag, 20.06.2021

Darf man in einem westlichen Land noch Yoga machen? An der Hochschule von Ottawa in Kanada jedenfalls flog Yoga vor Jahren aus dem Programm. Denn, so hieß es, Yoga sei ein postkoloniales Problem. Mittlerweile sieht man das aber offenbar und zum Glück wieder anders. Zumindest wurde kürzlich wieder ein Online-Kurs angeboten.

Es gibt zahllose Vorwürfe, dass Menschen sich unberechtigterweise kulturelle Traditionen anderer Völker aneignen. Dürfen sich weiße Surfer etwa Rastahaare wachsen lassen? (Bob Marley hatte übrigens einen weißen Vater.) Darf sich ein Kabarettist, gemeint ist Rainald Grebe, auf der Bühne einen Indianerschmuck anstecken? (Kabarett ist bekanntlich nicht einfach ein Abbild der Wirklichkeit, sondern dessen Reflektion mit den Mitteln der Kunst.) Darf ein weißer Historiker über afrikanische Sichtweisen auf den Kolonialismus sprechen? (Klar, solange er kompetent ist, sollte man meinen, tatsächlich wurde er aufgrund seiner Hautfarbe wieder ausgeladen.) Und darf eine weiße Frau die Gedichte einer schwarzen Frau übersetzen? (Nach der diffamierenden Kritik einer Aktivistin verzichtete sie auf den Auftrag.) Um all diese Vorwürfe ist längst ein ganze Theorie der kulturellen Aneignung entstanden.

Das interessante ist: Diese Theorie, die heute so oft als rhetorische Waffe verwendet wird, hat selbst einen fundamentalen Wandel durchgemacht, wie Susanne Schröter in diesem kostenpflichtigen, ideengeschichtlichen Essay darlegt. Schröter ist Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Historisch gesehen gehen die identitätspolitischen Argumente, die so stark die Hautfarbe und andere äußere Merkmale betonen, auf rassistische Weltbilder aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert zurück, später wurden sie durch kulturwissenschaftliche Theorien überformt, darunter die Evolutions- und die Kulturkreistheorie. Noch viel später, Ende des 20. Jahrhunderts, sei erst der Begriff der kulturellen Aneignung aufgekommen, schreibt Schröter – nicht als Vorwurf, sondern in einem positiven, emanzipatorischen Sinne. 

Kulturelle Aneignung war das Zauberwort, das man verwendete, wenn man den erfolgreichen Widerstand autochthoner Gesellschaften gegenüber einem dominanten Westen hervorheben wollte. Gemeint war, dass Gesellschaften des globalen Südens selektiv Dinge aus dem Norden aufgriffen und für eigene Zwecke nutzbar machten. Dabei wurden Bedeutung und Gebrauch nicht selten radikal vom Ursprung gelöst.

Spannend wird ihr Essay noch einmal dort, wo die Forscherin von ihren Erfahrungen in Indonesien berichtet. Diese führten sie zu folgender Erkenntnis:

Kulturelle Aneignung verläuft nicht nur in eine Richtung, sondern lebt von Faszination von Menschen für das jeweils kulturell Andere.

Aus diesem Grund fordert sie denn auch nicht weniger, sondern mehr kulturelle Aneignung. Man könnte auch sagen: Verschmelzung ist besser als Abgrenzung. Dass Schröter dabei immer negative von positiven Aneignungen unterscheidet, steht gleich am Anfang ihres Textes.

Für ein paar Tage steht ihr kostenpflichtiger Beitrag auch noch auf Blendle.

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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 3 Jahre

    so empfinde ich das auch: positive und negative Aneignung.

    hier zum "weißer Historiker", der aufgrund seiner Hautfarbe ausgeladen wurde: ganz so ist das nicht. kritisiert wurde hptsl dass auf der Veranstaltung nur ein weißer Kolonialismus-Wissenschaftler sprechen sollte.

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