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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Die engere Verbindung von Russland und China ist eine der wichtigsten geopolitischen Folgen von Putins Krieg gegen die Ukraine.
So urteilt Alexander Gabujew, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center in Berlin, in einer tiefgründigen wie klar argumentierenden Analyse, die zuerst auf Englisch in Foreign Affairs erschien und nun übersetzt von Steffen Vogel in den Blättern für deutsche und internationale Politik.
Es ist ein Stück, dass die gewaltigen Umbrüche in unserer Zeit erklärt und damit andere Beiträge hier auf Forum.eu ergänzt, vertieft und erweitert.
Lange schien eine tiefe und längerfristige Annährung von China und Russland als unwahrscheinlich. Nun ist sie da und wird wahrscheinlich bleiben. Allerdings so grenzenlos wie behauptet ist die Partnerschaft auch nicht.
Der Autor sieht beim Entstehen der Achse Moskau-Peking nicht nur wirtschaftliche, militärische, politische Verflechtungen, sondern entscheidend sind für ihn bewusste Anstrengungen von Xi und Putin:
Die westlichen Regierungen können diese Achse nicht wegwünschen und sie hoffen vergeblich darauf, dass der Kreml seine Vasallentreue gegenüber Peking aufgibt, oder dass es ihnen gelingen möge, einen Keil zwischen die beiden Mächte zu treiben. Stattdessen sollte sich der Westen auf eine längere Phase der zeitgleichen Konfrontation mit zwei riesigen, nuklear bewaffneten Mächten einstellen.
Beide sind vereint im entschiedenen Willen, die USA als globalen Hegemon zu entthronen. Und hier haben sie gute Chancen. Aber: Russland und China agieren nicht gemeinsam als Zwillingspaar, sondern der Krieg in und um die Ukraine verstärkt sogar das Missverhältnis:
Als größere und technologisch fortschrittlichere Volkswirtschaft, die pragmatische Beziehungen zum Westen unterhält, verfügt China über eine stärkere Verhandlungsposition und viel mehr Möglichkeiten als Russland, und sein Einfluss auf seinen nördlichen Nachbarn wird immer größer.
Russland ist dabei, sich China gegenüber in eine Vasallenrolle zu begeben.
Russland als größter Staat der Welt ist auch als Gefolgsmann noch mächtig und handlungsfähig. Es wird keine bedingungslose Unterordnung geben:
Selbst Nordkorea, das in fast allen Aspekten seiner Sicherheit und Wirtschaft von Peking abhängig ist, verfügt über einen gewissen Handlungsspielraum, wenn es um seinen riesigen Nachbarn geht. Pjöngjang unternimmt sogar manchmal Schritte, die Peking verärgern – beispielsweise, als der nordkoreanische Führer Kim Jong Un 2017 die Ermordung seines Halbbruders Kim Jong Nam anordnete, der de facto unter chinesischem Schutz stand. Russland ist aber viel mächtiger als Nordkorea. So sehr es die chinesische Unterstützung auch braucht, wird es nicht einfach zu Chinas ruhigem und gehorsamem Diener werden.
Die Vereinigung vieler, sehr unterschiedlicher Länder des sogenannten "globalen Süden" unter dem Schirm der Vereinigung BRICS plus sieht Alexander Gabujew zurückhaltend:
Putins antiwestliche Rhetorik, mit der er den Einmarsch in die Ukraine sowohl als Rebellion gegen die US-Hegemonie und „neokoloniale Praktiken“ erklärt als auch als Versuch, eine „gerechtere multipolare Weltordnung“ zu schaffen, überzeugt die Länder des vielfältigen Globalen Südens – eine Gruppe, die Putin großspurig zu vertreten vorgibt – nicht.
Morgen könnten sie in einer nächsten Runde in ihrer Souveränität bedroht werden wie heute die Ukraine. Dennoch hat der - etwas zu pauschal geurteilt - der Westen in den letzten Jahrzehnten seine guten Karten schlecht ausgespielt.
Das Problem für den Westen besteht darin, dass viele Länder dessen Führungsmacht, die USA, für ebenso zynisch halten wie Russland – und zwar aufgrund von Washingtons bewegtem Erbe des Interventionismus und seiner selektiven Achtung des Völkerrechts.
Der kräftige Schlussakkord des Essay klingt dann so:
Wenn es künftig darum geht, die Sicherheit Europas und Asiens zu schützen, den Klimawandel einzudämmen, neue disruptive Technologien wie Künstliche Intelligenz zu beherrschen und die Herausforderungen der globalen Finanzarchitektur zu bewältigen, werden westliche Entscheidungsträger mit einer immer entschlosseneren chinesisch-russischen Achse rechnen müssen.
Kurzum: Keine Macht, keine Achse, kein Bündnis wird in absehbarer Zeit wieder ein Hegemon wie es nach 1991 die USA waren, die diese Rolle verspielt haben.
Quelle: Alexander Gabujew Bild: IMAGO / SNA / Ser... www.blaetter.de
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