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Volk und Wirtschaft

Warum Angebot und Nachfrage in traditionellen Frauenberufen nicht funktionieren

Antje Schrupp
Politikwissenschaftlerin, Journalistin
Zum Kurator'innen-Profil
Antje SchruppMittwoch, 24.01.2018

Ginge es nach klassischen ökonomischen Mechanismen, müssten Krankenschwestern, Altenpflegerinnen, Erzieherinnen viel mehr verdienen als sie es tun. Denn sie sind Mangelware. 30.000 Pflegekräfte fehlen allein in Deutschland, auch der Markt für Erzieherinnen ist leergefegt. Und trotzdem verdienen sie schlecht. Der angebliche "Fachkräftemangel" ist in vielen Fällen also bloß die Unwilligkeit der Arbeitgeber, Marktpreise zu bezahlen. 

Dieser Artikel geht für den Bereich der Altenpflege der Frage nach, warum das so ist. Da wäre einerseits die Tatsache, dass internationale Investoren deutsche Altenheime seit einiger Zeit als Kapitalanlage entdeckt haben. Doch das erklärt ja nur, warum sie die Löhne niedrig halten wollen - nicht, warum sie es können. Im zweiten Teil geht es dann um den wirklichen Grund: Die fehlende Bereitschaft von Pflegekräften, zu streiken und Druck zu machen, die viel mit der traditionellen Vorstellungen von Hilfe zu tun haben. Nicht nur sind diese Berufe nämlich "weiblich", weil sie fast ausschließlich von Frauen ausgeübt werden (im Bereich der Altenpflege stellen sie 85 Prozent). Sie sind auch "weiblich", weil ihr Image eines ist, das mit traditioneller Weiblichkeit assoziiert wird: sich für andere aufopfern, keine eigenen Ansprüche stellen.

Ja, Altenpflegerinnen streiken nicht, obwohl sie eine Super-Verhandlungsposition hätten. Sie stimmen aber mit den Füßen ab. Viele verlassen den Beruf, und sie empfehlen ihn nicht an andere weiter. Den Investoren ist es egal, sie pressen halt raus, was sie kriegen können, und ziehen irgendwann weiter. Die Leidtragenden sind die alten Leute. Und die Pflegekräfte, die noch ausharren. Klar ist: Der Markt wird die Care-Krise nicht regeln. Aber wer dann?

Warum Angebot und Nachfrage in traditionellen Frauenberufen nicht funktionieren

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Kommentare 2
  1. Frederik Fischer
    Frederik Fischer · vor fast 7 Jahre

    Sehr spannender Aspekt. Ich hab mich auch schon wiederholt darüber gewundert, warum der Markt aus Angebot und Nachfrage nicht greift. Auf die hier herausgearbeitete These bin ich ehrlicherweise noch nicht gekommen. Besonders perfide ist, dass das System durch den erhöhten Anteil ausländischer Pflegekräfte umso besser funktioniert. Wer keine Muttersprachlerin ist und auf kein Netzwerk zurückgreifen kann, wird erst recht nicht streiken. Siehst du da die Notwendigkeit und ggf. Möglichkeiten einer staatlichen Regulierung?

  2. Claudia Reichmann
    Claudia Reichmann · vor fast 7 Jahre

    Danke für den piqd! Das ist ein extrem gesellschaftsrelevantes Thema! Ich würde mir wünschen, dass die Pidger das Thema Pflege mehr in den Fokus nehmen; schließlich können wir alle auch einmal auf Pflege angewiesen sein und das nicht nur im Altenheim. Durch die Zunahme chronischer Erkrankungen und der damit erhöhte Informations- und Selbstmanagementbedarf der Betroffenen, erfordert eine erweiterte bzw. vertiefte Qualifikation als nur die Ausbildung.Es gibt z.B. nicht nur die „altruistische“ Altenpflege, sondern auch zunehmend die Pflegeexperten mit Bachelor- oder Masterabschluss am Patientenbett. Diese arbeiten in einem immer mehr auf Reparaturmedizin ausgerichtetem Gesundheitswesen komplementär zur Medizin. Hier wird also auf einen erheblichen Versorgungsbedarf reagiert. Aber im Tarif ist fachliche Weiterentwicklung auf Hochschulniveau nicht vorgesehen. Also, neben dem Pflegenotstand, ein weiteres berichtenswertes Thema.

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