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Volk und Wirtschaft

piq oder unpiq? "in defence of democratic capitalism"

Marcus von Jordan
forum.eu cofounder
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Marcus von JordanDonnerstag, 26.01.2023

Martin Wolf ist Mitherausgeber und Chef-Kommentator der FT.

Er analysiert, wie sich Kapitalismus und Demokratie zueinander verhalten. Für Wolf untrennbar und sowieso ein historisches Erfolgserlebnis.

Today’s liberal democracies are the most successful societies in human history, in terms of prosperity, freedom and the welfare of their peoples.

Schwer zu bestreiten, aber was er meiner Ansicht nach nicht sieht, ist, dass etwas scheitern kann, auch wenn es bis jetzt auf vielen Ebenen am erfolgreichsten war. Er beschreibt zwar sehr vollständig, was die modernen Demokratien bedroht und fordert auch nachdrücklich eine ganze Menge von "solidarischer" Verbesserung, aber seine Perspektive scheint mir doch sehr privilegiert.

The most radical notion in democratic capitalism is that it seeks to separate political power from wealth. Power rests in the hands of the people and their elected representatives, while wealth rests in the hands of those who own economic resources and their agents.

Tut es das?

One danger, then, is that wealth buys power in the name of order, turning democracy into plutocracy. 

Gefahr? Oder längst Realität?

One has to recognise, above all, that democracy only works if loyalty to one’s society overrides loyalty to one’s own side.

Ist das nicht sogar etwas naiv? Ist der Umstand, dass das eben nicht so ist, nicht sozusagen grundsätzlich für all das, was den Feinden der Demokratie jetzt die Türen öffnet?

Am Ende sagt er, wer die Verantwortung trägt:

In large part, success depends on the probity and wisdom of their elites.

Aber dass eben diese Abhängigkeit Kern des Problems ist, sieht er nicht und mir fehlt einfach der Nachdruck, die Konsequenz in seiner Forderung. Da fehlt einfach das Gefühl für die Gewalt, die schon längst von dem ausgeht, was jetzt als "System" empfunden wird. Ein Einsehen, dass bei allen Erfolgen, längst eine Zersetzung von innen begonnen hat. Für ihn muss das Spiel, trotz aller so sauber von ihm aufgelisteten Kritik, das selbe bleiben.

Some argue against such a pursuit of economic growth, in order to protect the climate. But “degrowth”, as this is called, is neither a necessary nor a sufficient condition for tackling the environmental problems: it is not sufficient, because it would leave emissions far too high. It is not necessary, because the best solutions are technological. Moreover, eliminating growth would not be agreed democratically. Only a tyranny could do it.

Ich frage mich da, ob es nicht anstatt allgemeinem „degrowth“ und Ökotyrannei, den stattlich gesteuerten Wechsel vom quantitativen ins qualitative Wachstum geben könnte.

piq oder unpiq? "in defence of democratic capitalism"
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Kommentare 12
  1. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor fast 2 Jahre

    sry - zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses piqs war der Beitrag noch nicht hinter der paywall.

  2. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor fast 2 Jahre

    Kennt jemand eine funktionierende Demokratie ohne materiellen Wohlstand, wie ihn der Kapitalismus hervorgebracht hat? War die Demokratie im Westen Ursache oder Folge/Möglichkeit dieses kapitalistischen Wohlstandes?

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 2 Jahre

      selber Fehler aus meiner Sicht:
      aus lauter Verliebtheit mit der Vergangenheit, die Gefahren der Gegenwart und nahen Zukunft nicht sehen, oder geringschätzen...

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 2 Jahre

      @Marcus von Jordan Ich halte es für sehr gefährlich, wenn der Westen in Armut verfällt, die Demokratie zusammenbricht und das in einer sich erwärmenden Welt. Was kann es problematischeres geben? Was wäre die Alternative?

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 2 Jahre · bearbeitet vor fast 2 Jahre

      @Marcus von Jordan Und ist es besser, aus lauter Angst vor der angenommenen Zukunft alle Lehren der Vergangenheit in den Wind zu schlagen? Was hat Wissen über Vergangenheit mit Verliebtheit zu tun? Das erschreckt mich jetzt etwas.

    4. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 2 Jahre

      @Thomas Wahl sry Thomas, aber es ist wirklich immer das Gleiche: aus Angst vor Veränderung, aus Angst um die eigenen Privilegien (nehme ich an) wird so getan, als ob eine Alternative zwangsläufig alte Fehler machen würde, unbedingt Tyrannei und Elend und Sozialismus und Verarmung und ich weiß nicht was bedeutet...bei dir und bei Wolf.

      Teilst du seine Kritikpunkte? Seine wunderbare Liste an Dingen, die wir tun müssten? Ich wette ja. Aber verändern soll sich nichts. Nicht mal in Frage gestellt werden soll irgendwas...

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 2 Jahre

      @Marcus von Jordan Oh, es muß sich sehr viel verändern. Deutschland traumtänzert. Wir wollen eine Energiewende ohne entsprechende Industrie und ohne entsprechende Arbeitskräfte. Das wird nicht funktionieren. Befürchte ich. Auch nicht, erst recht nicht mit noch mehr Staat. Was soll denn die Alternative sein? Das wird ja nie genau gesagt. Aber vieles sieht sehr nach Sozialismus aus. Der ist aber nicht sosehr gescheitert, weil er hier oder da Fehler gemacht hat. Er war als Alternative ein Irrweg. In jedem Land, wo er probiert wurde. Also worin bestünde denn deine Alternative?

      Aber was Wolf betrifft, da kann man wenig sagen ich kann den Artikel hinter der Schranke nicht lesen. Und die paar Sätze besagen erst mal wenig. Was er hier schreibt ist sogar falsch:

      "Das radikalste Konzept des demokratischen Kapitalismus besteht darin, dass er versucht, politische Macht und Reichtum zu trennen. Die Macht liegt in den Händen des Volkes und seiner gewählten Vertreter, während der Reichtum in den Händen derjenigen liegt, die die wirtschaftlichen Ressourcen besitzen, und ihrer Vertreter."
      Die hälfte des BIP verteilt in D der Staat. Vor allem für Sozialausgaben. Ca. 80 % der Einkommen sind Arbeitseinkommen, also breit gestreut. Was die Vermögen als Teil des Reichtums betrifft, da hätte er recht. Obwohl auch da vieles über Aktiengesellschaften und große Fonds verwaltet werden. Da von einer Plutokratie zu reden? Das ist doch keine einheitliche Gruppe. Also ich glaube nicht, dass dort die politische Macht liegt. Dazu hat die Politik der letzten Jahrzehnte eine zu problematische Wirtschaftspolitik gefahren. Die Wirtschaft ist hierzulande stark geregelt. Von Plutokratie kann man in China sprechen, in Rußland auch, bedingt auch in den USA. Aber so pauschal ist das falsch. Da waren und sind die "Alternativen" in Venezuela, Cuba etc. viel plutokratischer und ärmer.

      Seinem letzten Abschnitt zu degrowth würde ich erst mal zustimmen. Sinken muß der Ressourcenverbrauch. Nicht das Wirtschaftswachstum an sich.

    6. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 2 Jahre

      @Thomas Wahl wichtigste Bestandteile einer Alternative wären für mich:

      radikale Lobby-Kontrolle bzw Transparenz.

      nicht schlagartig, aber entschlossen staatliche Förderung an Nachhaltigkeit (sozial und ökologisch) binden.

      tatsächlicher Bürokratieabbau - es geht nicht um mehr Staat, sondern um anderen, um besseren Staat und dass das mehr Staat oder mehr Planwirtschaftlichkeit bedeutet ist eben die zentrale Unterstellung der Veränderungsverweigerer.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor fast 2 Jahre · bearbeitet vor fast 2 Jahre

      @Marcus von Jordan Ja, der Traum von der radikalen Kontrolle der Gesellschaft ist auch ein Bestandteil vieler linker Bewegungen. Wer quasi alle Interessenvertretungen perfekt kontrollieren will landet zwangsläufig im Kontrollstaat. Man muß schon sehr viel Macht in Institutionen/Bürokratien konzentrieren um das auch nur halbwegs zu schaffen. Und wer kontrolliert die Kontrolleure? Und man muß sich auch entscheiden, will man weniger Bürokratie (was bitter notwendig wäre) oder mehr Kontrolle. Beides gleichzeitig geht nicht/schlecht. Schon gar nicht in D mit seiner miserablen Digitalisierung und der überbordenden Datenangst.

      Aber wie ich dich kenne, vermute ich, Du denkst bei Lobby eher an die Vertreter des wirtschaftlichen Kapitals? Und nicht an die mit dem intellektuellen oder politischen Kapital? Aber die großen Katastrophen gingen eher von den letzteren aus. Lenin, Stalin, Hitler, Franco, Mussolini, die Baath-Vertreter, Castro, Putin, alles Leute, die an die Gestaltung und Kontrolle der Gesellschaft geglaubt und riesige Bewegungen für ihren Fortschritt aufgebaut haben. Nur das alles nicht nach "Plan" lief. Aber einen anderen und besseren Staat wollten die auch. Lenin meinte sogar, dass jede Köchin den Staat leiten können sollte.

      Also woher soll der andere und bessere Staat kommen? Und vor allem die besseren Menschen, die man brauchen würde? Das klingt so einfach, der Staat wird einfach besser - und ist doch erstmal nur ein Spruch. Wie soll er konkret aussehen? Weniger Staat mit mehr Kontrolle und weniger Bürokratie, weniger Planwirtschaft. Das passt doch alles nicht zusammen. Und eine Veränderung auf dieser Basis, da werde ich auch zum Verweigerer. 😏

    8. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 2 Jahre · bearbeitet vor fast 2 Jahre

      @Thomas Wahl gelöscht

  3. René Walter
    René Walter · vor fast 2 Jahre

    "Qualitatives Wachstum" finde ich gut. Ich denke schon sehr lange über einen "Kapitalismus des guten Produkts" nach. (Nicht dass ich mit den Gedanken bislang besonders weit gekommen wäre).

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 2 Jahre

      ja... der Staat lanciert einfach nur noch "besser" anstatt "mehr".
      Ich sehe nicht, warum das zwangsläufig irgendwie planwirtschaftlicher sein sollte, als das, was jetzt ist. Sicher bedeutet es nicht gleich Tyrannei. Und dass das nicht demokratiefähig ist, akzeptiere ich auch nicht einfach nur weil er es schreibt.

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