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Redakteur für das Games-Bookazine WASD und Computerspiel-Experte vor verschiedensten Bücherregalen im TV und Radio. Daneben doziert er regelmäßig auf Tagungen und Festivals sowie an Hochschulen mit Fokus auf digitale Spiele. Seine Texte über die Teilhabe an virtuellen Welten, die Ideologie von Spielmechaniken und die Kultur von Computerspielen erscheinen unter anderem in wissenschaftlichen Fachpublikationen, in diversen Kulturmagazinen sowie bei ZEIT ONLINE. Damit er nicht nur vor dem Monitor hockt, trägt das bekennende Sozialhilfekind die Kritik an unfairen Regelsystemen ebenso zurück in die gesellschaftliche Realität. Ihn interessieren Diskurse der ökonomischen Nützlichkeit marginalisierter Gruppen und die Bedingungen des »Mitspielens« am soziokulturellen Leben.
Was er sonst noch so treibt, lässt sich auf seinem Blog nachlesen: www.schauanblog.de
Gerade selbstständige Künstler*innen und Kreative sind von den aktuellen, durch den Virus SARS-CoV-2 bedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens stark betroffen. Clubs, Theater, Ausstellungsräume und Kulturveranstaltungen sind geschlossen und viele Menschen stehen dadurch ohne Einnahmen da. Die Regierung verspricht »schnelle und unbürokratische« Hilfe. Der Zugang zur sogenannten Grundsicherung – besser unter dem Begriff Hartz IV bekannt – soll deutlich erleichtert werden, die »komplexe Vermögensprüfung« bei den Jobcentern entfällt. Klingt gut, aber wie gestaltet sich die Beantragung in der Praxis? Der Journalist Till Briegleb hat es für die Süddeutsche Zeitung einfach mal ausprobiert und zwei Emails vom Amt bekommen:
Darin enthalten sind 20 Dokumente mit zusammen 60 Seiten. Auf den ersten beiden Checklisten werden zu 44 Stichpunkten mindestens 113 Dokumente aufgelistet, die als Nachweis der existenziellen Not vorzulegen sind, von Einnahme-Überschuss-Rechnung der letzten zwölf Monate über Nachweis der letzten Mietänderung, alle Kontoauszüge der in einem Haushalt lebenden Personen des letzten halben Jahres bis zu rätselhaften "Sperrzeitbescheiden" oder "Nachweis KIZ". Die Sammlung der sieben auszufüllenden Anlagen mit Titeln wie EKS, KDU oder VÄM umfasst 27 Seiten, für die es allein neun Seiten "Ausfüllhilfen" und noch einmal sechs Seiten "Hinweise" gibt. Hilfestellungen? Es gibt noch ein Formular "Rückrufzettel Arbeitsvermittlung" mit dem Angebot: "Sie haben einen Gesprächswunsch, dem wir aktuell leider nicht sofort nachkommen können. Bitte füllen Sie diesen Bogen vollständig aus."
Aber Briegleb lässt es in seinem lesenswerten Kommentar nicht bei der Betrachtung der Gegenwart bewenden. Was nun in Zeiten der Krise besonders sichtbar wird, ist seit mindestens 15 Jahren gelebte Praxis. Die in den Jobcentern etablierte Bürokratie dient weniger der Unterstützung von Hilfsbedürftigen, sondern der Abschreckung und Disziplinierung – zu dem Ergebnis kommt unter anderem auch eine ethnografische Dissertation von 2018. Während der Corona-Pandemie wird von diesem Prinzip offenbar kaum abgewichen. Diverse Nachweise müssen erbracht werden und wehe die*der Partner*in in der »Bedarfsgemeinschaft« verdient einen Cent zu viel. Kein Vertrauensvorschuss, wenig Kulanz. Zu all den Utopien, die aktuell für die Post-Covid-19-Zeit imaginiert werden, kann sich also vielleicht noch eine weitere hinzugesellen: Ein Umgang der Jobcenter mit Hilfsbedürftigen, der auf Vertrauen und nicht auf Kontrolle basiert.
Sie werden von einer anonymen Bürokratie behandelt, als wollten sie den Staat bestehlen. Wenn die gönnerisch auftretende Politik dieses System nicht schnell niederreißt, führen ihre Versprechen nur zu einem tief greifenden Vertrauensverlust in die Kompetenz der Demokratie, ihren Bürgern wirklich zu helfen, wenn es darauf ankommt.
Quelle: Till Briegleb Bild: dpa sueddeutsche.de
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