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Volk und Wirtschaft

Es sinken die Löhne oder auch nicht?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlFreitag, 12.06.2020
Es scheint, die reale Wirtschaft verhält sich in den letzten Jahren nicht nach den Erwartungen der Ökonomen. Zwar sank die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten und in Deutschland unerwartet stark.
Doch der Mangel an Arbeitskräften hat nicht zu riesigen Lohnerhöhungen geführt, vor allem nicht in Amerika. Arbeitnehmer bekommen vom wachsenden Wohlstand einen immer kleineren Teil ab, zumindest in den Vereinigten Staaten. Und weil die Löhne nicht steigen, bleiben auch die Preise relativ niedrig.
Es ist erstaunlich, seit Jahren streiten sich die Ökonomen über diese Phänomene ohne eine alles erklärende Theorie zu finden. Was, nebenbei gesagt, Ideologien nicht daran hindert einfache Letzterklärungen zu präsentieren. Bisher dominieren zwei Erklärungsmuster:
  • Mit der Globalisierung sind Milliarden billige Arbeitskräfte in den Weltmarkt eingetreten. Sie drücken die Löhne der Mittelschichten in den reicheren Ländern, werden aber selbst wohlhabender.
  • Auch der technische Fortschritt führt demnach zum Verschwinden vieler nur mittelmäßig qualifizierter Arbeiten.
In beiden Fällen können die Gewerkschaften der reicheren Staaten wenig tun, da entweder die Industrien in den ärmeren Ländern entstehen oder die Arbeitgeber mit Abwanderung drohen. Gewerkschaften verlieren daher an Gewicht im Lohnkampf.  Dazu kommt:
Die technisch fortgeschrittensten Firmen zahlen zwar hohe Gehälter, aber auch wieder nicht so hohe, wie sie könnten. Außerdem brauchen sie nur relativ wenige Mitarbeiter – und erobern trotzdem immer größere Marktanteile. Entsprechend groß wird die Ungleichheit, denn die abgehängten Unternehmen können ihren vielen Mitarbeitern keine großen Gehaltserhöhungen mehr zahlen.

Eine in diesem Artikel rezensierte Studie bestärkt nun zumindest für Amerika die Schwächung der Gewerkschaften als Erklärung ins Zentrum. Als Reaktion auf die sogenannte „Stagflation“ der 70er Jahre - hohe Inflation und hohe Arbeitslosigkeit - wurde in vielen Ländern der Einfluß  der Gewerkschaften massiv zurück geschnitten, was zu unerwünschten Nebenwirkungen führte. So Schlußfolgern die Autoren der Studie:
The evidence in this paper suggests that the American economy has become more ruthless, as declining unionization, increasingly demanding and empowered shareholders, decreasing real minimum wages, reduced worker protections, and the increases in outsourcing domestically and abroad have disempowered workers – with profound consequences for the labor market and the broader economy. We argue that the reduction in workers’ ability to lay claim to rents within firms could explain the entirety of the change in the distribution of income between labor and capital in the United States in recent decades, ...
Der positive Aspekt, mit sinkenden Preisen der Arbeit steigt die Nachfrage und damit sinkt die Arbeitslosigkeit. Insgesamt sinkt jedoch in den USA die Lohnquote, also der Anteil der Arbeitnehmer an den Einkommen. Und da immer mehr Geld bei den Reichen bleibt, das diese nicht privat konsumieren, suchen sie nach knapper werdenden Investitionsmöglichkeiten. Die Zinsen sinken.

 Diese Thesen bleiben nicht unwidersprochen:
A minority of highly productive workers have much more bargaining power than they did before, which doesn’t quite fit the “lower bargaining power per se” hypothesis. And under my interpretation, easier unionization may not be much of a solution, since the problem here is the actual reality of who produces what. Consistent with my view, labor’s share is not really down if you consider the super-talented labor/owners/capitalists who start their own companies. That is a return to labor as well.
In Deutschland ist das Muster etwas anders. Hier hatte die Lohnzurückhaltung der immer noch relativ starken Gewerkschaften einerseits zu sinkender Arbeitslosigkeit geführt aber dann auch wieder zu steigenden Löhnen. Aber die niedrigen Zinsen führen nicht zu wachsender Inflation. Auch dafür fehlen noch gute Erklärungen. Die Ökonomen werden weiter forschen und streiten müssen ....

Es sinken die Löhne oder auch nicht?

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Kommentare 4
  1. Uwe Protsch
    Uwe Protsch · vor mehr als 4 Jahre

    Ich finde, es ist bezeichnend für das niedrige Niveau der öffentlichen Diskussion, dass man immer noch ohne großen Widerspruch behaupten kann: "Trotzdem hat auch ihre Lohnzurückhaltung zusammen mit den Hartz-Reformen der Nullerjahre dazu beigetragen, dass die Arbeitslosigkeit zurückgedrängt wurde." Der Hauptgrund für den Rückgang der Arbeitslosigkeit ist die demographische Entwicklung: Viele alte Menschen gehen in Rente, und weitaus weniger junge Menschen treten ins Berufsleben ein. Die "Lohnzurückhaltung" der Gewerkschaften wiederum liegt darin begründet, dass es sich bei ihnen schon lange nicht mehr um ArbeitnehmerInnen-Vertretungen, sondern um Interessenverbände bestimmter, relativ gut situierter Gruppen handelt, welche über Aufsichtsratmandate udgl. fest ins System eingebunden sind.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre

      Das mit der demographischen Entwicklung als Hauptgrund ist so nicht ganz richtig:
      "Im Jahresdurchschnitt 2019 waren rund 45,3 Millionen Personen mit Arbeitsort in Deutschland erwerbstätig. Nach ersten vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) lag die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2019 um 402 000 Personen oder 0,9 % höher als im Vorjahr. Im Jahr 2018 hatte die Zuwachsrate noch 1,4 % betragen. Damit setzte sich der nun seit 14 Jahren anhaltende Anstieg der Erwerbstätigkeit weiter fort, allerdings mit abgeschwächter Dynamik. Eine gesteigerte Erwerbsbeteiligung der inländischen Bevölkerung sowie die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte überwogen die Effekte des demografischen Wandels, sodass im Jahr 2019 die höchste Erwerbstätigenzahl seit der Wiedervereinigung im Jahr 1991 erreicht wurde."
      https://www.destatis.d...

    2. Uwe Protsch
      Uwe Protsch · vor mehr als 4 Jahre

      @Thomas Wahl Die "Effekte des demografischen Wandels" werden auch vom Statistischen Bundesamt nicht geleugnet. Die Zahl der Erwerbstätigen sagt noch nichts darüber aus, wie diese bezahlt werden. Es gibt mehr Erwerbstätige, aber die, die neu hinzukommen, werden zu anderen Bedingungen eingestellt.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 4 Jahre · bearbeitet vor mehr als 4 Jahre

      @Uwe Protsch Also ich habe die neu hinzugekommenen nicht zu anderen Bedigungen eingestellt. Ging auch nicht. Gute, qualifizierte Kräfte sind knapp. Im unqualifizierten Bereich ist das etwas anders. Nur sind da auch hohe Löhne ein Problem, die müssen nämlich erarbeitet werden. Wenn man nur Löhne erhöhen müßte um Wohlstand zu schaffen, dann hätte der Sozialismus gesiegt.
      Auch sind Volkswirtschaften keine geschlossenen Systeme. Den verhalten steigenden Löhnen im Westen stehen dramatisch steigende Löhne etwa in Asien gegenüber. Man hätte hier zu Lande natürlich gern weiter steigende Gehälter wie früher und den preiswerten High Tech etc. aus Asien. Das wird es nicht mehr geben.

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