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Volk und Wirtschaft

Die katastrophalen Folgen des deutschen Sparwahns

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
Zum Kurator'innen-Profil
Jürgen KluteSamstag, 16.03.2024

„Deutschland ist nicht nur der kranke Mann Europas, es stellt sich heraus, dass es auch der dumme Mann Europas ist.“ Von diesem Zitat aus der „Financial Times“, auf das Peter Bofinger sich gleich zu Beginn seines Beitrags für die Blätter für deutsche und internationale Politik bezieht, ist auch der Titel seines Beitrags abgeleitet: „Kranker Mann und dummer Mann?“. Bofinger ergänzt, dass das Zitat vielleicht übertrieben klinge, dass die Bundesregierung aber tatsächlich am 8. Januar 2023 Sparpaket angekündigt habe, alles andere als kluge Politik sei.

In diesem Artikel geht es also um die deutsche Schuldenbremse und um die daraus resultierende Sparpolitik sowie um das negative Wirtschaftswachstums Deutschland. Die FDP sieht die Ursache dafür in „überbordende Bürokratie“. Der Wirtschaftsweise Bofinger argumentiert in seinem Beitrag fundiert gegen dieses Standard-Argument der FDP. Für ihn liegt die Ursache für die negative Wirtschaftsentwicklung in der spezifischen Ausrichtung der deutschen Wirtschaft und der deutschen Wirtschaftspolitik, die den tatsächlichen heutigen Entwicklungen der Wirtschaft und den sich daraus und aus der Klimakrise ergebenden Notwendigkeiten nicht mehr gerecht wird.

Bofinger zeigt hier auf, weshalb aus seiner Sicht die Schuldenbremse eine dumme Antwort auf die gegenwärtige Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft ist und weshalb sie zugleich noch als Kollateralschaden den Aufstieg der AfD begünstig.

Zwei Ergänzungen (17.03.2024)

Achim Engelberg hat mich dankenswerterweise in seinem Kommentar auf den folgenden Beitrag auf dem Portal "Geschichte der Gegenwart" aufmerksam gemacht, der eine gute Ergänzung zu meiner Leseempfehlung darstellt. Deshalb füge ich diesen Hinweis hier noch hinzu: Zur Geschichte der gegenwärtigen Sparpolitik – Lehren aus der Haushaltsoperation ’82.

Die Debatten auf EU-Ebene verlaufen im übrigen anders als in Deutschland. Im Ecofin-Rat, in dem die Finanzminister der EU-Mitgliedsländer sitzen, geht es vielmehr um die Frage, wie die immensen privaten Sparguthaben innerhalb der EU für die derzeit notwendigen (öffentlichen) Investitionen mobilisiert werden können. Da spielen eben auch – neben anderen Instrumenten – Staatsanleihen (also Kreditaufnahmen des Staates) eine Rolle. Vorhandenes Geld nicht zu nutzen und verrotten zu lassen, halten PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen außerhalb Deutschlands nicht für eine gute Idee.

Hier ein Artikel vom deutschsprachigen belgischen öffentlich-rechtlichen Nachrichtenportal Flanderninfo vom 23. Februar 2024 dazu: EU-Gipfel in Gent sucht nach Wegen zur Aktivierung der europäischen Sparguthaben.

Die katastrophalen Folgen des deutschen Sparwahns

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Kommentare 16
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 9 Monaten

    Es bringt auch nichts immer nur die Ökonomen zu zitieren, die die eigene Meinung vertreten. Eine 40 jährige Austeritätspolitik, die an allem mit Schuld sein soll, hat es eigentlich nie gegeben. Die deutsche Schuldenstandsquote steigt seit etwa 1975 recht ungebrochen bis 2010. Mit der Schuldenbremse ging sie zurück um mit der Coronakrise wieder anzusteigen. Ob nun höhere Schulden längere Zeit für den Staat tragfähig sind um strukturelle Probleme zu lösen, das hängt von mehreren Faktoren/Variablen ab.
    Der Ansatz der OECD nutzt wohl im wesentlichen vier Variablen: "die De­fizitquote, also das Finanzierungsdefizit in Prozent des BIP, die Staatsschuldenquote, also der gesamt­staatliche Bruttoschuldenstand in Prozent des BIP, die Wachstumsrate des BIP und der (langfristige) Zinssatz, zu dem sich der Staat verschulden kann."
    https://www.ifo.de/Doc...

    https://de.statista.co...

    Für überraschende "Notfälle" wie Corona gestattet die Schuldenbremse ja höhere Verschuldungen. Sicher kann man auch eine höhere oder flexiblere Verschuldung diskutieren. Deutschland ist sicher noch nicht am Ende seiner Tragfähigkeit. Aber das aufstellen von horrend teuren "Wunschlisten", die durch Schulden eine Transformation der Infrastrukturen und Wirtschaft staatlich finanzieren sollen, wie in dem Artikel von A. Engelberg, das ist Wunschdenken. Eine bessere Wirtschafts- und Industriepolitik ist sicher notwendig. Ist aber nicht notwendig mit höheren Staatsschulden verbunden. Und wenn man schon China als Beispiel für angeblich gute staatliche Politik nimmt, dann muß man auch sagen, in welche katastrophale wirtschaftliche und soziale Situation sich dieses Land manövriert hat. Und wie gut Taiwan u.a. mit einer niedrigen und sinkenden Schuldenquote im Vergleich dasteht.

    https://de.statista.co...

    https://de.statista.co...

    Wobei die staatliche Kernverschuldung in China auch bei nur gut 20% zu liegen scheint:
    https://www.ceicdata.c....

    Man achte in diesem Link auch auf die niedrigen Schuldenquoten der Schweizer. Schwedens oder Dänemark. Da kommt doch der Gedanke auf, das wir in Deutschland unsere hohen Schulden ineffizient verschleudert haben und nun nach mehr rufen. Schulden wirken u.U. wie eine Droge …..

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor 9 Monaten

      Gesundbeten einer unsinnigen Schuldenbremse bringt auch nicht weiter und löst die katastrophalen Folgen dieses neoliberalen Unsinns nicht. Was ja in den Teilen der Welt mit einer intelligenteren Politik als der deutschen leicht nachzuschauen ist.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 9 Monaten

      @Jürgen Klute Ja, man kann es an wohlhabenden Ländern mit sehr geringen Schulden sehen. Immer mehr Schulden helfen langfristig nicht.

      Was nicht heißt, dass man über die Ausgestaltung einer Schuldenbremse nicht reden muß. Das gilt aber auch für die Effizienz und die Ausgestaltung von Staatshaushalten, Staatsbürokratien und -apparate. Da wird sehr viel Geld ineffizient versenkt. Von den Kommunen über Bundesländer über die Bundesregierung bis zur EU - immer mehr Akteure, immer mehr Bürgerferne, immer weniger Subsidiarität. Das ist doch keine Lösung ….. Und wo man gemeinsame Lösungen benötigt kommen sie nicht oder erst nach ewigen Diskussionen - Verteidigung, Außenpolitik, Migration, Handelsabkommen …..

  2. Josef König
    Josef König · vor 9 Monaten

    Bevor hier wieder nur ein billiges wiederholtes Lindner/FDP Bashing frohlockt, sollte man doch erwähnen, dass der ehemalige (!) Witschaftsweise deutlich komplexer argumentiert, und außerdem die Schuldenbremse bereits 2009 in das GG mit Zweidrittelmehrheit augenommen wurde. Damals regierte Merkel, Finanzminister war Steinbrück, der kurz darauf von Schäuble abgelöst wurde.
    Wieso glaubt Bofinger (und mit ihm Klute), dass die CDU heute der Ampel beispringen würde, Sonderhaushalte zu genehmigen oder gar das GG erneut zu ändern?
    Intelligenter und mit unabhäniger wissenschaftlicher Distanz (anders als Bofinger, als von den Arbeitnehmervertretern in den Rat damals erwählte Weise) erscheint mir dieser Beitrag aus der Reihe Geschichte der Gegenwart: https://geschichtederg...

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor 9 Monaten

      Wie gesagt, dass ist eine absurde deutsche Nischendebatte, die international kaum jemand nachvollziehen kann, weder PolitikerInnen noch WissenschaftlerInnen.

    2. Josef König
      Josef König · vor 9 Monaten

      @Jürgen Klute Deutsche Nische? Kann das vielleicht deshalb so absurd sein, weil die EU sich dazu verpflichtet hat …?
      „Im Stabilitäts- und Wachstumspakt der Europäischen Union verpflichten sich die Mitgliedsländer prinzipiell zu einer Neuverschuldung von maximal 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und einem Schuldenstand von maximal 60 % des Bruttoinlandsprodukts. Nicht alle EU-Mitgliedstaaten hielten diese Vorgaben ein, weshalb der Europäische Fiskalpakt beschlossen und am 2. März 2012 von den jeweiligen Regierungsvertretern (25 der 27 EU-Staaten) unterzeichnet wurde. Der Fiskalvertrag („SKS-Vertrag“) ist per 1. Januar 2013 gültig: 17 EU-Staaten (13 Euro-Staaten) haben ihn bisher ratifiziert. Finanzielle Sanktionen sind seit 1. Januar 2014 möglich: Jene Staaten, deren Defizit (jährliche Neuverschuldung) und/oder deren Gesamtschuldenstand nicht den Kriterien entsprechen, haben ihre Haushalts- und Wirtschaftspartnerschaftsprogramme mit Maßnahmen zum Abbau der Verschuldung der EU-Kommission und dem Europäischen Rat vorzulegen und von diesen genehmigen zu lassen.“

  3. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 9 Monaten

    Diese immer wiederholte Gegenüberstellung - hier Sparwahn dort Schuldenwahn - ist historisch einseitig und wird der Polykrise nicht gerecht. Es gibt keine einfache Lösung, die heißen würde, wir machen höhere Schulden und bezahlen damit alles was wir für richtig/wichtig halten. Sonst hätte der Sozialismus gesiegt.

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor 9 Monaten

      Mit Verlaub, aber das ist eine sehr eingeschränkte deutsche Sichtweise, die außerhalb Deutschlands abwechselnd für Belustigung oder großes Unverständnis angesichts dieser absurden Sichtweise sorgt.

      Die Debatten auf EU-Ebene laufen anders. Im Ecofin-Rat geht es vielmehr um die Frage, wie die immensen privaten Sparguthaben innerhalb der EU für die derzeit notwendigen (öffentlichen) Investitionen mobilisiert werden können. Da spielen eben auch – neben anderen Instrumenten – Staatsanleihen (also Kreditaufnahmen des Staates) eine Rolle. Vorhandenes Geld nicht zu nutzen und verrotten zu lassen, halten PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen außerhalb Deutschlands nicht für eine gute Idee.

      Hier ein Artikel vom deutschsprachigen belgischen öffentlich-rechtlichen Nachrichtenportal Flanderninfo vom 23. Februar 2024 dazu: EU-Gipfel in Gent sucht nach Wegen zur Aktivierung der europäischen Sparguthaben (https://www.vrt.be/vrt...)

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 9 Monaten · bearbeitet vor 9 Monaten

      @Jürgen Klute Die Banken lassen die Sparguthaben nicht auf den Konten liegen. Das stimmt einfach nicht. Spareinlagen sind ein Kredit an die Bank. Die Gelder werden sehr wohl angelegt. Auch in Staatsanleihen. Woher sollen sonst Zinsen kommen.

      Was genau ist eine eingeschränkte deutsche Sichtweise. Es gibt Staaten mit viel geringeren Schuldenquoten aber ähnlichen Herausforderungen: z.B. Schweiz, Schweden, Dänemark. Warum sollten die niedrige Schuldenaufnahmen absurd finden? Das verstehe ich nicht. Sie leben gut damit.

      Es gibt sicher überall Befürworter von mehr Schulden sowie Kritiker dieser Strategie. Was weder heißt, dass dies positiv ist noch das weniger Schulden ein Sparwahn seien. Schon die Begriffe sind verräterisch ….

    3. Burkhard Geis
      Burkhard Geis · vor 9 Monaten

      @Thomas Wahl Vielen Dank für die klugen Einlassungen von Thomas Wahl. Dem ist nichts hinzuzufügen.

  4. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 9 Monaten

    Einverstanden, sehr sogar.

    Ergänzend und historisch vertiefend sei dieser Artikel von Tino Petzold empfohlen:
    https://geschichtederg...

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor 9 Monaten

      Danke, ich habe deinen Hinweis als Ergänzung meiner obigen Leseempfehlung hinzugefügt.

    2. Josef König
      Josef König · vor 9 Monaten

      Hatte übersehen …

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 9 Monaten

      Ich finde solche Aufrechnungen mit Hinweis auf den Staatshaushalt und höhere Schulden gefährlich:
      "Um nur eine Vorstellung zu bekommen, welche gigantischen öffentlichen Finanzbedarfe sich heute in der Vielfachkrise auftürmen, hilft ein kurzer Blick in einige Politikfelder: Allein zum Schließen der sogenannten Investitionslücke – also der jahrzehntelang vernachlässigten Investitionen in öffentliche Infrastrukturen – wird mit ca. 450 Mrd. Euro im Zeitraum 2020-30 gerechnet. Für Klimainvestitionen werden für den Zeitraum 2021-30 460 Mrd. Euro erwartet. Im Bereich der Care- und Pflegeinfrastrukturen klafft eine jährliche Investitionslücke von 3,4 Mrd. Euro. Die Rückkehr der Wohnungsfrage erfordere 50 Mrd. Euro, um fehlende Sozialwohnungen zu bauen. Bei diesen Zahlen ist noch nicht die Rede von digitaler Transformation, dem fehlenden Personal in der öffentlichen Verwaltungen usw. Es zeigt aber die besondere und neue Qualität der aktuellen Haushaltssituation: Die Vielfachkrise stellt sich aus der Sicht des Staatshaushaltes als Explosion der Bedarfe dar, während gleichzeitig die zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind."

      Die Steuereinnahmen summieren sich 2022 in Deutschland auf rund 896 Milliarden Euro (Bund, Ländern und Gemeinden). Das sollte eigentlich ausreichen um sowohl ein vernünftiges Sozialsystem als auch Infrastrukturen, Verteidigung und die Wirtschaft zu erhalten bzw. zu unterstützen.

    4. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor 9 Monaten

      @Thomas Wahl Das sind exakt die Folgen einer jahrelangen verfehlten Sparpolitik, vor denen kluge Ökonomen und auch Gewerkschaften von Anfang an gewarnt haben. Diese Warnungen haben sich also als zutreffend erwiesen. Mehr vom gleichen – um ein Wort von Paul Watzlawick – hilft da einfach nicht.

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 9 Monaten

      @Jürgen Klute Also die eigenen Ökonomen sind die Klugen und die anderen sind dumm? Und das ist bewiesen? Da kann ich nur sagen - Hochmut kommt vor dem Fall. Ich hab das schon mal erlebt in vergleichbarer Konstellation. Von der Siegerstraße der Geschichte in den reichen Hafen der Bundesrepublik. Den Westen allerdings erwartet kein sicherer Hafen - ausser einer lernenden Politik. Die sehe ich aber nicht wirklich. Nur beharren auf einseitigen Argumenten. Man konstruiert sich eine jahrzehntelange „Sparpolitik", in der meist gar nicht gespart wurde und wiederholt immer wieder, die war schuld.

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