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Goofy soll sterben – darf aber nicht!

Tino Hanekamp
Autor

Tino Hanekamp war Journalist und Musikjournalist, hat in Hamburg zwei Musikclubs gegründet (Weltbühne, Uebel & Gefährlich), einen Roman geschrieben (‚So was von da‘) und unlängst ein Buch über Nick Cave ('... über Nick Cave'). Er lebt im Süden Mexikos.

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Tino HanekampMontag, 07.12.2020

Eine Geschichte aus der Hamburger Morgenpost, die so gut ist, dass sie eine größere Bühne verdient:

Darum geht’s: Im Sommer 2019 waren Schülerinnen einer 8. Klasse eines Hamburger Gymnasiums auf Klassenfahrt in Tirol, erlebten die Geburt eines männlichen Kalbs, erfuhren, dass es bald geschlachtet werden soll, und beschlossen das Rindkind – sie nannten es Goofy – nach Hamburg umzusiedeln, wo sie sich im Rahmen eines Schulprojekts um das Tier kümmerten, bis es "das für Mastrinder übliche Schlachtalter von 18 bis 20 Monaten erreicht" hatte. Nun sollte Goofy, wie von Anfang an geplant, sterben, doch sofort gab es Angebote, das Tier zu verschonen und auf einen Gnadenhof umzusiedeln, was die Schüler aber ablehnen:

„Wir würden uns selbst anlügen, wenn wir dieses eine Tier retten, nur weil wir eine Bindung zu ihm aufgebaut und ihm einen Namen gegeben haben“, erklärt ein Jugendlicher.

Die Kids hatten sich in der Zwischenzeit nämlich "im Unterricht auch intensiv mit Landwirtschaft, Viehzucht und Ernährung beschäftigt", allerdings wird aus dem Artikel nicht ersichtlich, welche Rolle dabei das unfassbare Leid der Tiere in der industriellen Tierhaltung spielte und die Auswirkungen der industriellen Tierhaltung auf das Weltklima. Wahrscheinlich keine sonderlich große, denn "das Projekt wurde sogar vom Landwirtschaftsministerium ausgezeichnet."

Wie auch immer: Goofy sollte sterben, die Sache ging publik, und die Entrüstung über die geplante Schlachtung des Jungbullen war so groß, dass sich der Schulleiter gezwungen sah, das Projekt abzubrechen.

Ausdrücklich nicht aus Mitleid mit dem Jungtier, sondern wegen des „öffentlichen Drucks“ und weil „die Schule und das Museumsdorf Volksdorf den pädagogischen Schutzraum für die betroffenen Schülerinnen und Schüler nicht mehr gewährleisten können“, darf „Goofy“ nun am Leben bleiben und soll vom Mastrind zum Zugochsen „umgeschult“ werden.

...

Der Schulleiter: „Für die Schülerinnen und Schüler der mittlerweile 10. Klasse bleibt auch der Abbruch des Projekts eine herausfordernde Bildungsaufgabe, bei der nicht nur die Diskussion um Tierhaltung und Fleischkonsum, sondern auch die Erfahrung mit Medien und sozialen Netzwerken für kritische Erkenntnisse sorgen wird.“

Diese Geschichte hat so viele Ebenen und verhandelt so viele Themen (zumindest theoretisch), dass da mal bitte jemand einen Roman drüber schreiben sollte, mindestens aber eine Reportage.

Goofy soll sterben – darf aber nicht!

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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor fast 4 Jahre

    zeigt sehr gut dass wir sobald 'das Tier' individuell und konkret wird, nicht mehr töten können - es nicht mehr ertragen können. Selbst wenn wir nur davon hören. DAS kann man sehr wohl pädagogisch dem Jugendlichen erklären und mit ihnen klären.

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