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Volk und Wirtschaft

Warum Nationen wirklich reich wurden oder werden?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlMittwoch, 27.12.2023

Warum gibt es arme und reiche Nationen? Warum ist gerade der Westen so wohlhabend? Diese Fragen werden immer wieder gestellt und sehr unterschiedlich, ja völlig konträr und ideologisiert beantwortet. Von der Ausplünderung der armen Länder, über geologische und klimatische Faktoren oder kulturellen Prägungen bis hin zur kapitalistischen Ökonomie und sozialpolitischen Institutionen oder Strukturen reichen die Erklärungen. Eine für mich sehr gelungene Annäherung an diese Problematik war David Landes umfassende und differenzierte Geschichte der Weltwirtschaft über die letzten sechshundert Jahre - "Wohlstand und Armut der Nationen: Warum die einen reich und die anderen arm sind". Noah Smith nähert sich der Frage von der heute in den Medien dominierenden Seite – stammt der Reichtum der modernen reichen Nationen in erster Linie wirklich aus der kolonialen und postkolonialen Plünderung? Und er bringt starke Hinweise darauf, dass dieser in den letzten anderthalb Jahrhunderten mehrheitlich durch etwas anderes erzeugt wurde – durch industrielle Produktion, gepaart mit moderner Wissenschaft.

Wir sind viel reicher als unsere Vorfahren, weil wir wissen, wie man viel mehr Dinge produziert als damals Autos und Züge und Flugzeuge und Antibiotika und Impfstoffe und Stahlbeton und Strom und fließendes Wasser und Fernseher und Computer und so weiter. Wir wissen auch, wie man Dinge effizienter macht. Im Jahr 1810 wurden 0,4 Prozent des Einkommens der Amerikaner für Nägel ausgegeben. Ja, richtig gehört  die kleinen spitzen Metallstifte nahmen 1 Dollar von den 250 Dollar, die wir damals verdient haben. Heutzutage ist es vernachlässigbar. Im Jahr 2006 betrug der Preis für Beleuchtung in Großbritannien etwa 1/4500 des Preises für Beleuchtung im Jahr 1786.

Die Verteilung des Wohlstandes ist also kein Nullsummenspiel, in dem der Besitz der einen vom Besitz der anderen abgezogen wurde.

Die Welt enthält keinen festen Klumpen Reichtum, der unter den Menschen der Erde aufgeteilt wird. Menschlicher Einfallsreichtum und harte Arbeit erhöhen die Menge des Reichtums in der Welt.

Aber eben auch regional unterschiedlich. Betrachtet man den Anstieg des BIP pro Kopf etwa seit 1820 der Zeitpunkt, an dem der Wohlstand der westlichen Länder abhob dann sieht man dort den exponentiellen Anstieg. Etwas, was es in der Jahrtausende alten Geschichte des Imperialismus nicht gegeben hat. Vor 1820 lag der Reichtum aller Gesellschaften viel näher beisammen. Aber alle waren nach heutigen Maßstäben bitter arm, auch die westlichen Kolonialisatoren:

Das bedeutet, dass, was auch immer die heutigen reichen Länder getan haben, um reich zu werden, sie es bis 1820 nicht getan haben. Der Imperialismus ist sehr alt die Römer, die Perser, die Mongolen und viele andere Reiche haben alle viel Reichtum geplündert. Aber trotz all dieser Plünderung wurde kein Land der Welt nach modernen Maßstäben bis zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts besonders reich.

Noah Smith diskutiert dann die verschiedenen Theorien und Erzählungen, über den Beitrag, den die koloniale Ausbeutung zu den exorbitanten Unterschieden der Moderne im Reichtum des Westens und des globalen Südens, geleistet hat. Ein immer wieder genannter Grund, warum die USA, Europa und Ostasien reicher sind, besteht darin, dass sie ressourcenexportierende Länder "neokolonial" ausbeuten. Etwa dadurch, dass reiche Länder Einfluss auf die Regierungen von ressourcenexportierenden Ländern haben, die es ihnen ermöglichen, künstlich niedrige Preise für die Produkte dieser Länder zu zahlen. Aber wie viel Reichtum kann das wirklich übertragen? Ein führender Befürworter solcher Hypothesen ist Jason Hickel. In einer Arbeit aus dem Jahr 2021 mit Dylan Sullivan und Huzaifa Zoomkawala schreibt er:

Dieses Papier quantifiziert den Abfluss aus dem globalen Süden durch einen ungleichen Austausch seit 1960. Nach unserer primären Methode, die auf Wechselkursdifferenzen beruht, stellen wir fest, dass im letzten Datenjahr der globale Norden ("fortgeschrittene Volkswirtschaften") Rohstoffe im Wert von 2,2 Billionen Dollar aus dem Süden angeeignet hat ... Die Aneignung durch ungleichen Austausch macht bis zu 7 % des nördlichen BIP und 9 % des südlichen BIP aus.

Klar wären diese 7 % zusätzlicher Reichtum für USA, Europa und Ostasien durchaus bemerkenswert, hätten spürbare Auswirkungen, aber sie würden das Grundmuster von Reichtum und Armut unter den Nationen der Erde nicht grundsätzlich ändern. Es gibt also Gründe zu der Annahme, dass die Methodik, die Hickel et al. verwendet, nicht richtig ist. 

Sie berechnen den Nettotransfer von Ressourcen einschließlich der Arbeit als Ressource mit einer Methode von Dorninger et al. (2021). Diese Methode zeigt im Grunde nur, dass Entwicklungsländer A) Nettoexporteure und B) Nettoarbeitsexporteure sind. Aber das ist bereits allgemein bekannt. Arme Länder sind weniger technologisch anspruchsvoll, so dass ihre Exporte tendenziell mehr Rohstoffe umfassen und arbeitsintensiver sein werden. Reiche Länder haben bessere Technologien und mehr Kapital (Maschinen, Fahrzeuge, Strukturen usw.), so dass ihre Exporte tendenziell kapitalintensiver und technologieintensiver sein werden.

Das bedeutet nicht, dass der Austausch ungleich oder ungerecht ist. Auch stellt sich die Frage, wie genau reiche Länder diesen angeblich ungleichen Austausch erzwingen können? Sicher, im Kolonialismus konnten diese Mächte ihren Kolonien niedrige Preise für ihre Rohstoffe diktieren. 

Aber jetzt werden die Rohstoffpreise im Allgemeinen auf den Weltmärkten festgelegt es gibt ein paar Unterschiede in Bezug auf Versandkosten und Lagerkosten und dergleichen, aber im Allgemeinen wird der Preis für Kupfer, den chilenische Bergleute erhalten, ungefähr derselbe sein wie der Preis, den amerikanische oder australische Bergleute erhalten. Reiche Länder könnten schmutzige Tricks anwenden, um den globalen Preis für Rohstoffe zu senken, von denen sie Nettoimporteure sind, aber sie müssten auch bereit sein, ihren eigenen Bergleuten zu schaden.

Und es würde auch nicht erklären, wie vorrangig rohstoffexportierende Länder wie Australien oder die OPEC zu ihrem Wohlstand kommen? In Werner Plumpes "Geschichte einer andauernden Revolution", womit der Kapitalismus gemeint ist, findet man noch einen anderen Aspekt: Der Strukturwandel nach 1870 ließ die führenden europäischen Volkswirtschaften wie England zumindest relativ an Gewicht verlieren und die Abhängigkeit von kolonialen Importen sank:

Der technologische Wandel war derart stark, dass er die regionalen Strukturen deutlich veränderte. Im Kern ging es dabei um die Loslösung von älteren Mustern der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung, die unter kolonialen Vorzeichen entstanden waren. Die Entwicklung in den USA und im deutschen Reich zeichnete sich dadurch aus, dass bislang kolonialbezogene Rohstoffe, zumindest dort, wo es technisch möglich war, durch eigene Produkte ersetzt wurden, wodurch sich die beiden Volkswirtschaften in gewisser Hinsicht von den kolonialen Bezugsquellen emanzipierten. Dieser Emanzipationsprozess volzog sich, weil der technologische Wandel ihn ermöglichte, ökonomisch schließlich geradezu erzwang. Betraf das zunächst den Zucker, dessen Herstellung vor allem in Deutschland auf Zuckerrübenbasis seit der Mitte des 19. Jahrhunderts industriell organisiert wurde, so traten später Farbstoffe und viele chemische Verbindungen hinzu. Schließlich zeichnete sich kurz vor dem ersten Weltkrieg mit der Kautschuk- und der Stickstoffanalyse im Bereich der Rohstoffversorgung nachgerade revolutionäre Umstürze ab, die das Gewicht der kolonialen Rohstofflieferanten deutlich senkten. Möglich wurde diese Importsubstitution durch die enge Verbindung von Wissenschaft und Industrie, die sich seit den 1840ger Jahren (etwa mit dem Liebig-Verfahren der Düngung) andeutete und die mit dem Aufblühen der chemischen, elektrotechnischen, feinmechanisch-optischen Industrie im großen Maßstab vollzogen wurde.

Ein treffenderes und nicht vollständig zu widerlegendes Argument für den kolonialen Anteil an unserem aktuellen Reichtum ist hingegen, dass die imperialistische Enteignungen und die Sklaverei die Industrielle Revolution auslösten, die dann die heutigen wohlhabenden Länder reich werden ließ. 

Mit anderen Worten: Selbst wenn Imperialismus und Kolonialismus Europa oder die USA nach heutigen Maßstäben nicht reich gemacht haben, so haben sie doch einen Prozess in Gang gesetzt, der letztendlich zu dem geführt hat, was diese Länder schließlich reich gemacht hat.

Das läßt sich natürlich nicht wirklich beweisen, aber es ist was dran, dass der akkumulierte Reichtum auch in die westliche Industrialisierung geflossen ist. Die dann aber ebenfalls mit dazu beigetragen hat, dass fast alle Länder des heutigen Globalen Südens – Afrika, Lateinamerika, Südasien und der Nahe Osten – viel reicher sind als sie es 1820 oder zum Ende der Kolonialzeit waren. Noah Smith zeigt das am Beispiel Nigerias, ein Land mit den schlechtesten Wachstumsraten der Welt. Dennoch ist es heute pro Kopf fast fünfmal reicher als 1950, bei steigender Lebenserwartung. Und das trotz Bevölkerungsexplosion. Man kann es wohl so zusammenfassen, wie Rainer Hank jüngst in der FAZ schrieb:

Am heutigen Wohlstand des Westens klebt Blut, pathetisch gesagt. Doch die derzeit modische Kolonialismusforschung schießt weit über ihr Ziel hinaus. Auf der frechen Plattform „History Re­claimed“ macht der Historiker Lawrence Goldman auf eine Reihe von Übertreibungen aufmerksam. So kam der Beitrag der karibischen Plantagen zum britischen Sozialprodukt nie über elf Prozent hinaus. Gewiss, im frühen 19. Jahrhundert wurden über 130 Dampfmaschinen von England nach Westindien exportiert. Aber allein in Britannien waren 2500 solcher Maschinen in Gebrauch. Das relativiert den Beitrag der Sklavenarbeit dann doch. Wichtiger noch ist ein konfessioneller Unterschied: Träger der indus­triellen Revolution waren gerade nicht die anglikanischen Sklavenhalter, sondern Unitarier, Quäker, Presbyterianer – erklärte Gegner der Sklaverei. ... Der Kapitalismus beruht auf genialen Erfindungen und guten Rechtsinstitutionen (Eigentum, Vertragsfreiheit, Wettbewerb). Die Sklaverei hat das Wachstum und den wirtschaftlichen Fortschritt befeuert, aber sie hat den Wohlstand der Nationen nicht begründet. Das Argument entschuldigt kein einziges menschenverachtendes Verbrechen. Aber es insistiert auf einem bedeutenden Unterschied: Der Kapitalismus basiert in seinem Kern auf Kreativität und Freiheit und nicht auf Zwang und Unterdrückung.

Was können wir aus der Geschichte und den Diskussionen darüber lernen? David Landes formuliert ganz am Ende seiner Wirtschaftsgeschichte einen skeptischen Optimismus:

Die eine Lehre, die wir daraus ziehen, ist die Notwendigkeit ständigen Erprobens. Keine Wunder. Kein Perfektionismus. Keine Endzeit. Wir müssen einen skeptischen Glauben entwickeln, dass Dogma meiden, gut zuhören und beobachten, versuchen, Ziele klarzustellen und zu bestimmen. Nur so können wir die richtigen Mittel wählen.


Warum Nationen wirklich reich wurden oder werden?

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Kommentare 12
  1. Gabinho Gabin
    Gabinho Gabin · vor 7 Monaten

    Es geht beim Kolonialismus doch zentral auch eher um die Landnahme, als um den Sklavenhandel? Finde es schon deutlich überspitzt/fälschlich dargestellt. Das Handeln von Europäern (auch heute) über viele Jhd. War imperialistisch und teils extrem aggressiv und brutal. Da sollte aus meiner Sicht nicht viel herunter gespielt werden, gerade in aktuellen Zeiten.
    LG

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten · bearbeitet vor 7 Monaten

      Ja, aber Landnahme, Eroberung und Kolonialismus ist kein europäisches Alleinstellungsmerkmal. Das Osmanische Reich bestand bis zum Ersten Weltkrieg. Afrika war bis ins 19. Jh. wesentlich arabisch-muslimisch beherrscht. Auch in Afrika existierten Königreiche, die ihre Nachbarn erobert haben und vom Sklavenhandel lebten. Das Mogulreich in Indien war eine islamisch Eroberung. Der Konflikt zw. den Teilen dieses zerfallenden Mogulreiches erleichterte dann die Herrschaft der Briten über Indien und seine regionalen Herrscher. Rußland wurde erst von den Mongolen besetzt und verheert, um dann selbst seine Osteuropäischen Nachbarn und den Kaukasus, Sibierien etc.. Sicher waren die Europäer ab dem 16. Jh. besonders erfolgreich und dann auch brutal. Das bezweifelt der Artikel gar nicht. Die Frage ist, warum wurde Europa so außerordentlich reich und mächtig? Und eben nicht die arabischen Reiche oder China (das bis ins frühe 19.Jh. die größte Wirtschaftsmacht war)? Man kann auch fragen, warum Spaniens als einst größte Kolonialmacht so arm blieb?

      Ein kleiner Kontinent am Rande der Welt dominiert den Globus - was durchaus ein Alleinstellungsmerkmal ist. Und da sagen Wissenschaftler, ja, an diesem Wohlstand, der technischen, wirtschaftlichen, militärischen und kulturellen Dominanz hatten die Kolonien einen Anteil, aber der Großteil des Reichtums und der militärischen Macht kommt aus der industriellen Revolution. Anders wäre die europäische Dominanz nicht wirklich zu erklären. Was keine Entschuldigung für die Gräuel des europäischen Kolonialismus ist.

    2. Gabinho Gabin
      Gabinho Gabin · vor 7 Monaten

      @Thomas Wahl Ich denke eher dass wir Glück hatten, wie zb. Dadurch dass ein Großteil der Bevölkerung des amerikanischen Kontinents gestorben ist weil 0 resilienz ggü. Europäischen Krankheiten herrschte. Sicher haben wir vieles erfunden auf diesem Kontinent, aber das gilt auch für andere Regionen der Welt. Wir haben halt vieles ins extreme Getrieben, das zeichnet die Europäer sicherlich aus und führt wohl zur genannten „Dominanz“. Nur hat diese Gangart extrem viel leid und tot über diese Welt gebracht und tut es immer noch. Die amerikanische (und eben auch die europäische; da kommt sie her) Haltung der wirtschaftlichen Einverleibung von eigentlich egal was, Hauptsache es bringt viel Profit, bringt uns aktuell auch wieder eher in Bedrängnis als dass es uns Wohlstand und Reichtum bringt. Vielleicht können wir sagen dass es das zeitweise getan hat, aber es hat mindestens genau so alles wieder aufs Spiel gesetzt, und zwar für alle Menschen. Es ist aus meiner Sicht einfach trügerisch hier auch nur ansatzweise dafür zu argumentieren, dass es irgendwie positiv war wie die letzten Jahrhunderte von Industrienationen gehandelt wurde. Unterm Strich wäre ich sogar fast sicher dass wir mehr Wohlstand zerstört als aufgebaut haben. Eben global betrachtet und nicht nur für uns, die Europäer.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten · bearbeitet vor 7 Monaten

      @Gabinho Gabin Sie können das natürlich so sehen, aus ihrer Sicht. Das widerspricht allerdings allen empirischen Belegen. Weder hatte die Welt vor und außerhalb Europas weniger Leid und Tod. Noch hätte es global diesen Anstieg an Lebenserwartung, Bildung und Wohlstand gegeben. Noch sind alle Probleme dieser Welt auf den Westen zurückzuführen.

      Übrigens sind auch große Teile der europäischen Bevölkerung an fremden Erregern gestorben - z.B. an der Pest.

    4. Gabinho Gabin
      Gabinho Gabin · vor 7 Monaten

      @Thomas Wahl Können sie mir einen Teil ihrer empirischen Belege nennen? Pest hat sicher viele hingerafft, aber es kam keine Bevölkerung die das maßlos ausgenutzt hat. Wir hatten einfach das „glück“ als Europäer Pocken usw. Früher durchgemacht zu haben. Und zusätzlich gibt es eine tiefe absolut toxische Überzeugung in Europa, die sie scheinbar teilen, dass Europäer was besseres wären als andere Bevölkerungsgruppen. Vor allem das ist gefährlich. Nichts legitimiert die Art wie wir auf Menschen anderer Regionen dieser Welt blicken. Alle aktuellen großkonflikte und Kriege gehen von der westlichen Welt aus (1. und 2. Weltkrieg natürlich auch).

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten · bearbeitet vor 7 Monaten

      @Gabinho Gabin Also einige der Quellen sind in dem Pick zu finden. Es gibt massenhaft Bücher über Geschichte, Wirtschaft und Kulturen. Z.B. Egon Flaig Weltgeschichte der Sklaverei oder N‘Diaye: Der verschleierte Völkermord oder Ki-Zerbo: Die Geschichte schwarz Afrikas oder Plumpe: Das kalte Herz oder Acemoglu & Robinson: "Warum Nationen scheitern" oder Osterhammel: Die "Verwandlung der Welt" oder Frankopan "Licht aus dem Osten usw. usw. Alles ist komplexer als ihre eurozentrische Schuldsicht. Lesen müssen Sie selbst. Oder auch ihrerseits Literatur bringen.

      Warum sollte ich glauben, dass Europäer was besseres wären? Das ist doch Blödsinn. Weder können Sie wissen, wie ich auf andere Regionen blicke, noch blicken "wir" alle gleich. Und natürlich gehen nicht alle aktuellen Großkonflikte vom Westen aus. Wer das glaubt hält den Rest der Welt wirklich für minderverantwortliche Opfer …..

    6. Gabinho Gabin
      Gabinho Gabin · vor 7 Monaten

      @Thomas Wahl Danke. Einige davon habe ich gelesen und teile sicher nicht alle Standpunkte. Vieles ist mir zu proeuropäisch. Ähnlich wie dieser Artikel, bzw. Ihre Argumentation. Den Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine habe ich als Nachwehe des 2. Weltkriegs, bzw. Kalten Kriegs gezählt. Dann würde ich gerne einen großen Konflikt genannt bekommen, bei dem dies nickt gilt. Ich sehe außerdem niemanden einfach nur als Opfer, weil alle Bevölkerungen für ihren Erhalt kämpfen. Eben mit unterschiedlicher Motivation und Möglichkeit. Koloniale Strukturen ziehen sich eindeutig bis heute oder werden sogar verstärkt. Dazu ebenfalls eine hier gepostete Veröffentlichung: https://www.piqd.de/te....

      Und nochmal; aus meiner Sicht ist es zutiefst gefährlich unser handeln in Bezug auf andere Regionen zu relativieren oder gar als hilfreich darzustellen. Wären sie ein Mensch der zb. In zentral Afrika oder in Venezuela oder in vielen anderen Regionen dieser Welt leben würde, wäre ihre Standpunkt sicherlich ein anderer.

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten · bearbeitet vor 7 Monaten

      @Gabinho Gabin Es geht ja weniger um Standpunkte als um tatsächliches Geschehen. Und das war eben nicht einseitig Westböse. Sie ersetzen komplexe Wechselwirkungen durch hier böse europäische Ursache und dort negative Folgen. Sie teilen vielfältiges rationales, irrationales und interessengeleitetes Handeln in zwei moralische Hälften. Das rein moralische Urteilen von einer Seite (unter Betonung nur des negativen einer Seite) reicht nicht um den historischen Prozess zu verstehen. Ich bin weder pro noch kontra Europa, ich möchte verstehen, wie und warum Geschichte so gelaufen ist. Den Angriffskrieg Russlands sehe ich eher als Nachwehe des alten russischen Imperiums. Mit dem kalten Krieg hat das wenig zu tun. Die Osteuropäer wollten eigentlich nie eine Kolonie Rußlands sein. Genau so wenig wie die Georgier, Kaukasier oder Tschetschenen. Auch der heutige Großkonflikt im arabischen Raum, das totale Versagen der Eliten dort ist nur bedingt eine Folge des westlichen Agierens (das oft nicht klug, eher dumm und wenig erfolgreich war). Oder nehmen Sie das Osmanische Reich oder die Türkei heute. Was war denn "hilfreich" am Handeln der Osmanen? Die Eroberung großer Teile Europas und der Welt? Der Marsch vor Wien? Was war hilfreich am japanischen Handeln?
      Kategorien wie "unser Handeln" sind m. E. viel zu pauschal. Wir waren damals nicht dabei. Und das Handeln der früheren Europäer war eher widersprüchlich. Die einen haben die Sklaverei ausgebaut und verbreitet, die anderen haben sie abgeschafft. Gegen den erbitterten Widerstand durch Afrikas Herrscher/der muslimischen Eliten. Warum z.B. diese Abschaffung der Sklaverei nicht hilfreich gewesen sein soll, dass erschließt sich mir nicht.
      Das Menschen in Venezuela oder sonstigen Regionen z.T. anders denken ist erst mal eine (triviale) Feststellung. Aber kein Beweis für Ursachen und Wirkungen. Venezuela hatte/hat alle Ressourcen um als Volk wohlhabend und glücklich zu werden. Machismo, Korruption und Mißwirtschaft sind dort nicht europäisch. Die letztendlich idiotische Politik des Hugo Chávez hat das dann endgültig gekippt. Sehen Sie auf die Bürgerkriege in Afrika und seine unfähigen Eliten. Das Gleiche. Und das haben alles nur "wir Europäer" verschuldet. Ich denke diese Sicht ist eine gefährliche Entschuldigung für all die kleinen und größeren Diktatoren, die ihre Völker ausbeuten.

    8. Gabinho Gabin
      Gabinho Gabin · vor 7 Monaten

      @Thomas Wahl Ich beurteile nicht nach meinen Emotionen, sondern ebenfalls nachdem was geschehen ist, bzw. Was greifbar ist für mich. Unterm Strich kritisiere ich dass sie sehr eurozentrisch urteilen und taten der Europäer aus meiner Sicht euphemistisch darstellen. Dies finde ich extrem gefährlich weil wir (ich zähle dazu den „westlich orientierten“ teil d. Welt) heute ähnliche Motivationen an den Tag legen und neben viel Gutem auch immer noch vieles in die Welt tragen was extrem negative Folgen hat. Wir tun oft so als sei unsere Absicht mehr wert als andere gesinnungen. Sie bewerten Afrika und Südamerika aus einer pur europäischen Sicht und sprechen von „Eliten“ und Diktatoren, die alle erst ins handeln gekommen sind weil wir alte, viel länger als wir uns vorstellen können, bestehende Strukturen, lange zerstört haben. Diese Menschen haben wenig Raum, um überhaupt so zu leben wie sie es vielleicht tun wollten. Wir werden es nicht herausfinden. Das einzige was wir tun können ist heute mit viel Respekt und Zurückhaltung in die Welt zu schauen. Ehrlich und transparent mit dem wirtschaften was wir haben (ja Erfindertum gehört natürlich weiter dazu). Mit wissen kommt vor allem auch Verantwortung und die kommt deutlich zu kurz. Ein schönes Wochenende

    9. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten · bearbeitet vor 7 Monaten

      @Gabinho Gabin Ich glaube, Sie wissen recht wenig über die Geschichte Afrikas oder Südamerikas. Wahrscheinlich auch wenig über Europa. Ich habe Ihnen z.B. bewußt auch afrikanische Autoren geschickt. Gelesen? Wohl nicht. Sonst würden Sie nicht so oberflächlich von "alten, viel länger als wir uns vorstellen können, bestehende Strukturen" reden, Glauben Sie im Ernst, das es in Afrika vorher keine Diktatoren, Imperien etc. gegeben hat. Äthopien z.B. war nie eine Kolonie. Alle heutigen Diktatoren sind übrigens erst heute ins Handeln gekommen und basieren auf zerstörten Strukturen. Und nicht "wir" haben die alle zerstört. So Potent war Europa dann doch nicht. Das ist vor allem ihre eurozentrische Sicht, die selbst noch die Diktatoren für nicht wirklich selbst verantwortlich hält. "Wir"waren ja alles ….. sicher neigen viele Europäer zur Selbstüberhöhung. Da haben Sie recht. Aber das ist keine Entschuldigung für das häufige eigene Versagen des globalen Süden.

    10. Gabinho Gabin
      Gabinho Gabin · vor 7 Monaten

      @Thomas Wahl Fast Wahnsinn, was sie alles mutmaßen. Sie betrachten Geschichte einfach aus der absolut europäischen Perspektive. Mir scheint es als hätten sie teils überhaupt kein Gefühl dafür dass es andernorts sehr gut funktionierende Gesellschaften gegeben hat. Hören sie bitte einfach auf die gut dokumentierten gräueltaten der Europäer zu relativieren. Nochmal; ja viele gute denkanstätze usw. Kommen aus Europa, aber es scheitert oft an der Umsetzung. Auch Deutschland deckt zb. In Südamerika viele Straftaten. Und es wird einfach nicht infrage gestellt, weil es keinen juckt. Und ihre Beiträge hier helfen mit Nichten.

    11. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 7 Monaten

      @Gabinho Gabin Es geht nicht um Gefühle was es für Gesellschaften gegeben hat sondern um Wissen darüber. Sicher haben auch die afrikanischen, afrikanisch-muslimischen Sklavenhalterstaaten auf ihre Weise gut funktioniert. Sonst hätten sie nicht so lange und intensiv Sklaven fangen und verkaufen können. Schon lange bevor die Europäer dort ankamen. Im übrigen habe ich keine einzige europäische Gräueltat relativiert. Das ist ihre Erfindung.

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