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Kopf und Körper

Tim Ferriss über Traumata

Theresa Lachner
Journalistin / Systemische Sexualberaterin / Gründerin von LVSTPRINZIP
Zum Kurator'innen-Profil
Theresa LachnerMittwoch, 21.10.2020

Man kann von Biohacker und Proto-Digitalnomade Tim Ferriss halten, was man will – über seinen eher roboterhaften Zugang zu Sexualität habe ich mich auch schon oft lustig gemacht, sogar in meinem Buch. Jetzt tut mir das ein bisschen leid, denn in dieser Folge seines Podcasts, die er als die wichtigste bezeichnet, die er je aufgenommen hat, spricht er ausführlich über Missbrauchserfahrungen in seiner Kindheit und seine daraus resultierende komplexe Traumafolgestörung.

Auch wenn seine "healing journey" mit Psychedelika und intensiven Vipassana-Meditationsretreats natürlich nicht jedermenschs Weg sind, stellt diese über zwei Stunden lange Podcastfolge sehr viele wichtige Fragen und bietet Ressourcen für Menschen mit Missbrauchserfahrung und ihre Angehörigen.

Tim Ferriss über Traumata

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Kommentare 3
  1. Frederik Fischer
    Frederik Fischer · vor 4 Jahren

    Ich höre den Podcast nun schon so viele Jahre und war immer wieder kurz davor ihn zu löschen aus u.a. den von dir genannten Gründen. In der Anfangszeit stand Tim in vielerlei Hinsicht klischeehaft für toxische Männlichkeit. In den letzten Jahren ist es aber besser geworden. Gerade weil er sich vor den Augen, bzw. Ohren von Millionen Menschen weiterentwickelt, ist der Podcast wirklich wichtig. Die Folge sticht zweifellos heraus und klang noch lange in mir nach. Was die Folge in mir ausgelöst hat, ist ein allgemeines Nachdenken über Trauma-Erfahrungen. Ich denke nämlich, dass viele Menschen traumageschädigt sind auch wenn sie nicht sexuell missbraucht wurden. Viele (heute ältere) Männer wurden als Berufsanfänger gedemütigt. Ihr Stolz wurde gekränkt. Sie waren selbst Opfer einer toxischen Arbeitskultur und haben sie so verinnerlicht. Ohne damit mieses Verhalten entschuldigen zu wollen: Ich denke es wäre zumindest ein interessanter Diskurs, toxische Arbeitskultur als mögliche Traumaursache zu verstehen und damit Männern und Frauen gleichermaßen einen anderen Umgang mit den Erfahrungen zu ermöglichen. In meinem Umfeld kenne ich niemanden, der/die über beruflichen Missbrauch (im Sinne unrealistisch hohen Drucks, Kränkungen, Drohungen, etc) als Trauma spricht, obwohl es doch gelegentlich sehr nach einem eben solchem aussieht. Ist vielleicht auch Quatsch. Jedenfalls hat mich diese Folge noch lange grübeln lassen. Das erlebe ich bei Podcasts maximal zweimal im Jahr.

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 4 Jahren

      ...puh...Gänsehaut.
      Mit einem etwas unerfreulichen Nachdruck lerne ich ja auch gerade etwas über Trauma, über mögliche Skalierungen von Trauma und über mich.
      Nur ein weiterer Gedanke dazu: es geht eben weit über Arbeitskultur hinaus. Arbeit ist sozusagen nur ein zufälliger Spielort des Ganzen - ein enorm wichtiger natürlich, schon weil er so einen großen Teil unserer Existenz ausmacht. Wie du schon angeschnitten hast, kann Trauma vieles sein und sowieso natürlich objektiv sehr unterschiedlich schlimm. Entscheidend ist aber vielleicht noch viel mehr, wie der/die Traumatisierte mit Trauma umgeht. Ist sie oder er überhaupt in der Lage, sich als traumatisierte Person zu sehen, sich selber ein Trauma zuzugestehen? Die Psychotherapie weiß inzwischen, dass vergleichsweise harmlose Impacts sich zu massiven Problemen auswachsen können. Entscheidend ist, dass zum Zeitpunkt des Impacts keine Möglichkeit der Verarbeitung bestand und verschärfend ist, wenn der/die Betroffene eben überhaupt nicht in der Lage ist, sich selber als verletzlich zu begreifen.
      Das ist vielleicht der Kern dieser ominösen "toxischen Männlichkeit". Der dahinterstehende Narrativ betrifft ganz sicher immer noch viel mehr Männer: "Du musst leisten. Du musst ernähren. Du musst Probleme lösen - keine Zeit dafür, selber welche zu haben."
      Unter manchen anderen Aspekten, ist das vielleicht auch etwas, was sozusagen "drin" ist für die Männer im Feminismus. Ein Umfeld, das diesen Druck nicht mehr macht.

    2. Theresa Lachner
      Theresa Lachner · vor 4 Jahren

      @Marcus von Jordan Ja zu allem, was ihr beide sagt. Auch wenn der Traumabegriff natürlich ordentlich schwammig ist, und in den USA noch mal anders (und etwas inflationärer) verwendet wird, verändert sich da gerade in der Wahrnehmung auch von ICD-10 nach ICD-11 noch mal viel - habe gerade eine Folge vom LVSTPRINZIP Podcast dazu aufgenommen, die kommenden Monat erscheint. Ich fand bei diesem hier so spannend und bezeichnend, dass sowohl Ferriss als auch sein Pick Up Bro Neill Strauss, die ja beide lange für eine sehr bestimmte Art von /toxischer/ Männlichkeit standen, da gerade so viel Erlebtes aufarbeiten. Je mehr Männer das machen, umso besser.

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