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Medien und Gesellschaft

Wie wählen ARD-Volos? Was man über das "Datenprojekt" wissen sollte

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzSonntag, 08.11.2020

Eine Umfrage in der aktuellen Ausgabe des Journalist scheint eine weit verbreitete Annahme zu bestätigen:

Wenn bei der nächsten Bundestagswahl nur die öffentlich-rechtlichen Volontärïnnen wählen könnten, würden sich die Machtverhältnisse deutlich verschieben: Die Grünen könnten alleine regieren, auf die Linke würde knapp ein Viertel der Stimmen entfallen. Die SPD würde als drittstärkste Partei im Bundestag sitzen, während die CDU nicht einmal über die Fünf-Prozent-Hürde käme.

Das ist eine der zentralen Aussagen eines "Datenprojekts" unter ARD-Volontärïnnen, die unter dem Titel "Wie divers ist der ARD-Nachwuchs?" gedruckt und online erschienen ist. Die Zahlen haben die Reaktionen ausgelöst, die zu befürchten waren. Ein Welt-Kommentator fühlt sich an den "chinesischen Volkskongress" erinnert. Auch die AfD, der ehemalige Verfassungsschutzchef, ein Ex-Spiegel-Kolumnist und der aktuelle Welt-Chef griffen die angeblich "extreme Linkslastigkeit" auf.

Doch die "Studie", zu der das Projekt schnell gemacht wurde, weist einige Probleme auf, die Boris Rosenkranz in seiner Einordnung benennt:

  • Die befragten Volontärïnnen wussten nicht, dass die Ergebnisse veröffentlicht werden sollten.
  • Eine der Initiatorinnen schrieb später, sie seien "in der Kommunikation nicht deutlich genug" gewesen. Das ist eine freundliche Umschreibung für: Jeglicher Hinweis auf die geplante Veröffentlichung fehlte.
  • Die Frage nach der politischen Präferenz haben nur 77 der 150 Befragten beantwortet – das ist alles andere als repräsentativ.
  • Zum Zeitpunkt der Erhebung hatten der Saarländische Rundfunk und das ZDF keinen Volo-Jahrgang. Dennoch ist die Rede von einer Umfrage unter allen öffentlich-rechtlichen Volontärïnnen.

Allen methodischen Mängeln zum Trotz: Journalistïnnen bilden mit ihrer politischen Einstellung nicht die Gesamtbevölkerung ab. Das gilt auch für Volontärïnnen und Journalistenschülerïnnen. Wichtig finde ich in diesem Zusammenhang, was Henriette Löwisch sagt, die Leiterin der Deutschen Journalistenschule:

Ein Gesinnungstest bei der Aufnahmeprüfung? Das kommt für die DJS nicht in Frage, auf gar keinen Fall.

Und an anderer Stelle:

Ich weiß auch nicht, wen meine Studierenden wählen. Mich treibt mehr um, dass der Journalismus eher Menschen aus sehr gesicherten Verhältnissen anzuziehen scheint. Ganz grundsätzlich finde ich, dass mangelnde Vielfalt der Perspektiven im Journalismus ein Problem ist, denn die Demokratie lebt vom Wettbewerb guter Ideen.

Auf die in vielerlei Hinsicht mangelnde Vielfalt weist auch Boris am Ende seines Textes hin:

Dabei wäre dieses "Datenprojekt", wenn auch nicht repräsentativ, ein guter Anlass, über manche Dinge offen zu diskutieren: über Politik und Parteilichkeit einerseits. Aber auch darüber, dass viele Volos aus Städten kommen, nicht vom Land, und ein Hochschulstudium absolviert haben müssen, weil die Sender das immer noch voraussetzen.

Wie wählen ARD-Volos? Was man über das "Datenprojekt" wissen sollte

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Kommentare 5
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

    Im "Journalist" haben die Volontäre die Ergebnisse ja selbst veröffentlicht. Da muß man nicht über die "Welt" polemisieren. Ich finde es ein teressantes Projekt, nicht perfekt als statistische Befragung aber Stoff zum diskutieren.

    https://www.piqd.de/me...

  2. Christoph Zensen
    Christoph Zensen · vor 4 Jahren

    Was soll der Journalismus jetzt eigentlich?

    Zwischen den Stühlen stehen (Neutralität), über den Stühlen schweben (Objektivität) oder auf allen Stühlen sitzen (Pluralität)?

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      Es geht doch nicht um "den Journalismus", der sicher viele Facetten haben sollte, sondern um die Zusammensetzung/Vielfalt der Journalisten-Zunft.

    2. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor 4 Jahren
  3. Gabriele Feile
    Gabriele Feile · vor 4 Jahren

    Danke für die Aufklärung. Da lernen die Nachwuchsjournalist:innen ganz konkret am eigenen Projekt und Leib, was sorgfältig Arbeiten und stimmig Kommunizieren heißt. Interessant ist dennoch, dass sich so viele "bekannte" Menschen bemüßigt fühlen, das öffentlich zu kommentieren.

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