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Medien und Gesellschaft

Mehr als nur Nachrichten: Acht Best Practice Beispiele für Formate, die tiefer bohren

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
Mag es, gute Geschichten zu lesen.
Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzSamstag, 03.08.2019

Der nette, kluge und überhaupt großartige Christian Fahrenbach hat da etwas geschrieben, das ihr lesen solltet. Die seriöser formulierte Offenlegung: Ich kenne Christian persönlich – aber ich glaube, dass sein Text auch ohne Freundschaftsbrille einen Klick und acht Minuten Lesezeit (sagt mein Bookmarking-Dienst Pocket) wert ist.

Dabei ist die grundlegende These nicht neu:

Zu häufig ist das Neue vorangestellt, zu oft wird Vorwissen vorausgesetzt, viel zu oft sind News und erläuternder Kontext journalistischer Inhalte zu weit voneinander entfernt.

Doch offenbar reicht es nicht, dass diese Erkenntnis seit Jahren auf jedem zweiten Podium zur Zukunft des Nachrichtenjournalismus wiederholt wird. Denn das, was die meisten Redaktionen täglich produzieren, ist immer noch ziemlich weit davon entfernt. Im Zentrum steht die Nachricht, und das Wichtigste wird oft in einem pflichtschuldigen Kontextabsatz versteckt (wenn überhaupt):

Warum beginnen wir nicht mit einer Antwort auf die Frage aller Fragen: Warum ist das für mich, den Leser oder die Leserin, überhaupt wichtig?

Wir Journalistïnnen sind meist gut über aktuelle Themen informiert – das gehört zu unserem Job. Leserïnnen fehlt dieses Vorwissen oft. Sie bräuchten mehr Möglichkeiten, grundlegend in ein Thema einzusteigen, das bereits seit Tagen in den Nachrichten ist. Solche Aufbereitungen gibt es viel zu selten.

Christian stellt acht Formate vor, die Nachrichten neu denken. Dazu zählen bekannte Ansätze wie der "Faktenfinder" der Tagesschau oder die Takeaways, mit denen die New York Times längere Recherchen ergänzt. Er nennt aber auch Projekte wie "News Deeply", von dem ich bislang nichts gehört hatte.

Besonders ermutigend finde ich diesen Erfahrungsbericht:

Bei Krautreporter dauert es geschätzt 40 Minuten, den "Verständlich erklärt"-Artikel zum Nahost-Konflikt zu lesen. In den fünf Jahren des Bestehens hat kein anderer Beitrag mehr Leserinnen dazu gebracht, zu Unterstützern zu werden, beinahe täglich kommen nur durch ihn neue hinzu.
Mehr als nur Nachrichten: Acht Best Practice Beispiele für Formate, die tiefer bohren

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Kommentare 3
  1. Nicola Wessinghage
    Nicola Wessinghage · vor mehr als 5 Jahre

    Lesenswert und schöne Beispiele im Text Von Christian Fahrenbach. Mir ist nur nicht klar geworden, warum man auf die Nachrichtenpyramide als Struktur für den Text verzichten soll. Das macht z. B. tagesschau.de ja auch nicht - die Hintergrundinformationen des Faktenfinders sind ergänzend, der News zugeordnet. Genau das halte ich auch für sinnvoll, es gibt genug Möglichkeiten, darauf gleich zum Einstieg zu verweisen.
    Ich halte das Prinzip der umgekehrten Pyramide immer noch für gut, da es ja durchaus nicht nur Leser*innen gibt, die bei Null anfangen und für die eben die News der "reason why" ist, den Text zu lesen. Am besten wäre es aus meiner Sicht, wenn ein Text verschiedene Einstiegsmöglichkeiten für verschiedene Leser*innen, je nach Wissenstand, bieten könnte - was ja online sehr gut möglich ist.

    1. Christian Fahrenbach
      Christian Fahrenbach · vor mehr als 5 Jahre

      Liebe Nicola,
      ja, das stimmt, das habe ich nicht gut genug herausgearbeitet. Meine Beobachtung ist vor allem, dass wir mit der Standard-Pyramide oft Menschen verlieren. Wer weiß schon, was genau der US-Kongress ist, was die Troika, wo die Straße von Hormus liegt und warum sie wichtig ist, wieso ist Inflation in Maßen erstmal gut, etc.

      Es braucht sicher Nachrichten, die für Leute geschrieben sind, die an den Themen dranbleiben - aber aktuell tun wir mit der überall angewandten Pyramide so, als seien das alle Menschen. Ich sehe kaum Angebote, die sich die Mühe machen, einen solchen "Why should you care?"-Absatz voran- oder beizustellen.

      Verschiedene Einstiegspunkte finde ich auch super. Eine Art: "Wenn Du zwei Minuten hast, dann klick hier, für 20 Minuten Einführung hier". Und auch cool wäre ein Mechanismus, der mir zeigt, was passiert ist, seitdem ich das letzte Mal ein Thema verfolgt habe. (Ich weiß, quasi unlösbar, vermutlich geht das nur über verschiedene Angebote insgesamt...)

      Zusammengefasst: Ich glaube (sorry, ist nur eine gefühlte Wahrheit), dass wir von zu viel Vorwissen ausgehen (weil wir selbst uns als Experten mit den Themen befassen) und dass wir unsere Arbeit dahingehend zu wichtig nehmen, dass die allermeisten Leute eben nicht eine Story dauerhaft verfolgen.
      Zu häufig wird mir in Redaktionen argumentiert, dass "wir das doch schon letzte Woche hatten". Nach einem einmal erzählten Dreh scheidet der komplett für die Zukunft so oft aus, aber wer ist schon so ein Superfan und liest dauernd alles? Mit solchen Wiederholungen oder Ähnlichkeiten könnten wir viel entspannter sein, glaube ich.

      (Nur ein paar Gedanken... Danke für Deinen Kommentar, danke, @Simon fürs Empfehlen...)

    2. Nicola Wessinghage
      Nicola Wessinghage · vor mehr als 5 Jahre

      @Christian Fahrenbach Danke für die weiteren Gedanken. Ich fände es sehr interessant, wenn man mit der Struktur der Nachrichten mehr herumexperimentieren würde. So wie jetzt schon in den Messengern mit dem Novi Bot von ARD - der zeigt mir eine kurze Nachricht und fragt mich, ob ich mehr wissen will. Das ließe sich doch sicher übertragen: "Du brauchst erst mal Hintergrund - dann 'weiter' ". (Muss aber gestehen, dass ich den Bot selbst eher nicht nutze, weil ich Nachrichten nicht über Messenger lese).

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