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Medien und Gesellschaft

Guerilla-Klimajournalismus: Der Wetterbericht ist politisch

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzDienstag, 12.10.2021

Vergangene Woche zeigte der Meteorologe Karsten Schwanke während des Wetterberichts der Tagesthemen eine eindrückliche Grafik: Das Diagramm verdeutlicht, dass sich Extremwetterereignisse, die Milliardenschäden verursachen, bereits seit den Achtzigern häufen.

In seiner Kolumne hat Christian Stöcker dafür einen schönen Begriff gefunden: "Guerilla-Klimajournalismus". Das Wetter sei längst politisch, was das Fernsehen aber oft immer noch ausblende – also griffen manche zu ungewöhnlichen Mitteln:

Man könnte das, was diverse TV-Meteorologen deshalb mittlerweile machen, Guerilla-Wissenschaftsjournalismus nennen: Der Wetterbericht, in dem es doch eigentlich früher nur um die Frage ging, ob man morgen einen Regenschirm oder Sonnencreme braucht, ist jetzt der Klimabericht. Nicht zuletzt deshalb, weil das wichtigste aller Themen, die Zukunft der Menschheit, anderswo im Programm weiterhin nicht die angemessene Aufmerksamkeit, Zeit und Tiefe bekommt.

Stöcker beschreibt den Hass, den Wetteransager abbekommen, die sich nicht darauf beschränken, die Temperatur von morgen zu verkünden. Wer schlichte wissenschaftliche Tatsachen zum Thema Klimakrise öffentlich kundtue, werde diffamiert und attackiert, darunter ZDF-Journalist Özden Terli und sein ARD-Kollege Sven Plöger.

Die Kolumne beleuchtet auch, wer dahintersteckt. Einerseits aggressive, wissenschaftsfeindliche Glaubenskrieger, die sich im Recht und den Rest der Welt im Unrecht wähnen. Andererseits skrupellose, aber geschäftstüchtige Verschwörungsunternehmer:

Es gibt in Deutschland Blogs wie die "Achse des Guten", wo sich solche auf den alten Lügen Hängengebliebene versammeln, einen eigenen Klimaleugner-Buchmarkt mit Titeln wie "Grün und dumm", Verlage wie den Kopp-Verlag, die den Verschwörungsideologen und Klimawandelleugnern ständig neues Futter liefern, obwohl ihre Beteuerungen mit jedem neuen Extremwetterereignis noch absurder klingen. In Wahrheit hört diesen Leuten kaum noch jemand zu, aber sie sind sehr laut und sehr aggressiv.

Ein größeres Problem als diese wissenschaftsfeindliche Szene sei das Versagen der öffentlich-rechtlichen Sender, wie Stöcker es nennt. Die ARD lehnte es ab, die Sendung "Börse vor acht" durch "Klima vor acht" zu ersetzen. "Klima ist wichtig, aber danach kommt das nächste Thema", sagte ZDF-Intendant Thomas Bellut. "Themen ändern sich ständig."

Dieser letzte Satz reflektiert das Problem, das die Guerilla-Meteorologen anzugehen versuchen: Es ist eben blanker Unsinn, dass das Thema Klima demnächst vom "nächsten Thema" verdrängt wird. Im Gegenteil: Mit jedem Jahr in dieser immer heißer werdenden Welt werden die Extremwetterkatastrophen weiter zunehmen, schnelles Handeln noch dringlicher, die politische Debatte über den richtigen Weg heftiger, die ökonomischen Veränderungen offenkundiger werden. (…) Es ist die Mutter aller Themen. Und das bleibt auch so, bis wir bei echten, globalen Nullemissionen angekommen sind.
Guerilla-Klimajournalismus: Der Wetterbericht ist politisch

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Kommentare 4
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 3 Jahren

    Es wäre aber der Wahrheit angemessen auch zu berichten, das die Zahl der Todesopfer trotz extrem steigender Bevölkerungszahlen dabei stark zurückgegangen ist.
    https://de.wikipedia.o...
    https://de.wikipedia.o...
    Man könnte auch anmerken, dass die höheren Kosten u.a. dadurch entstehen, dass immer mehr Menschen in dichtbesiedelten und teuren Gegenden wohnen, die dazu noch sensibel für Zerstörungen sind (Küsten, Flußtäler). Aber um Wahrheit geht es offensichtlich nicht. Es geht um Angst ….. Ja, Wetterberichte sind politisch.

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor 3 Jahren

      Was hat die Zahl der Todesfälle mit der grundlegenden Aussage meines piqs oder der Kolumne von Christian Stöcker zu tun? Der Einstieg ist nur ein kleiner Teil davon – und Todesopfer sind nur ein kleiner Teil der Folgen von Überflutungen, Orkanen oder anderen extremen Wetterereignissen.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 3 Jahren

      @Simon Hurtz Na ja, für mich ist die Zahl der Opfer schon mit entscheidend und die Versicherungskosten hängen eben nicht nur von der Zahl der Ereignisse ab. Mich macht diese einseitige Berichterstattung skeptisch. Man merkt die Absicht. Umfassende Problembeschreibung und Aufklärung geht anders.

  2. Christoph Zensen
    Christoph Zensen · vor 3 Jahren

    In diesem Interview sprich Karsten Schwanke über die Herausforderungen der Klimaberichterstattung: https://das-klima-them...

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